Kommentar EU-Reformpläne: Riskante Kapitulation
EU-Ratspräsident plant verbindliche Verträge, in denen sich die Mitgliedsstaaten zu Reformen verpflichten. Eine Lösung der Krise wird damit verhindert.
D as Interessanteste am neuen Fahrplan für die Zukunft der Eurozone, den EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Donnerstag vorgelegt hat, ist, was darin plötzlich fehlt. Noch im Oktober hatte Van Rompuy einen weitreichenden Entwurf präsentiert, der neben schärferer Bankenaufsicht langfristig auf eine gemeinsame Verantwortung für einen Teil der europäischen Schulden gesetzt hatte.
Das war vor allem in Deutschland auf so scharfen Widerstand gestoßen, dass Van Rompuy nun nachgab: Im neuen Papier, das als Grundlage für den EU-Gipfel in der nächsten Woche dient, tauchen Eurobonds und Schuldentilgungsfonds nicht mehr auf. Stattdessen ist viel die Rede von verbindlichen Verträgen, in denen sich die Mitgliedstaaten zu Strukturreformen verpflichten sollen.
Merkel mag diese Umkehr als Triumph empfinden – für Europa ist es eine schlimme Nachricht. Eine dauerhafte Lösung der Eurokrise wird damit verhindert. Die Spaltung der Eurozone in jene, die unter der Krise leiden, und jene, die davon profitieren, geht weiter. Dabei ist es eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass Mitglieder einer auf Dauer angelegten Währungsunion die gleichen Zinsen bezahlen.
ist Leiter des taz-Ressorts Wirtschaft und Umwelt.
Innerhalb von Deutschland stellt niemand infrage, dass für Bremen und Bayern der gleiche Satz gilt, doch innerhalb von Europa werden einheitliche Zinsen, die auf gemeinsamer Haftung beruhen, als „Zinssozialismus“ geschmäht.
Dieses Einknicken bei einem entscheidenden Ziel lässt auch bei anderen Fragen nichts Gutes erwarten. Dass Van Rompuy einen finanziellen Ausgleich zwischen Staaten oder deren Sozialversicherungen vorschlägt, ist eine gute Idee. Dass sie gegen den auch hier zu erwartenden Widerstand aus Berlin viel Erfolg hat, scheint hingegen wenig wahrscheinlich.
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