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Kommentar EU-MilchsubventionenDie Zeche zahlt Afrika

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Die EU subventioniert den Milchexport in Entwicklungsländer. Das macht sie aber nicht aus Nächstenliebe, sondern nur für die Molkereilobby.

J etzt also doch: Die neuen Exportsubventionen der Europäischen Union gibt es auch für Milchausfuhren in Entwicklungsländer. Obwohl das wichtige EU-Mitglied Deutschland vorher versprochen hatte, dass die armen Staaten verschont würden. Das ist mindestens eine Blamage für die deutsche Agrarministerin Ilse Aigner (CSU), aber vor allem eine schlechte Nachricht für die Milchbauern in den Entwicklungsländern.

Die Landwirte etwa in Afrika werden eh schon darunter leiden, dass die EU wegen der Subventionen mehr Milch auf den Markt kippt. Denn so setzen die Europäer die ohnehin schon drastisch gefallenen Preise weltweit noch stärker unter Druck. Das ist allgemein bekannt und wurde nach der Ankündigung der Beihilfen hinreichend verurteilt. Zu den wenigen Befürwortern der Subventionen gehört vor allem die traditionelle Agrar- und Molkereilobby - ihre Mitglieder profitieren ja auch von den Zahlungen aus Brüssel.

Überzeugende Gegenargumente hat die Agrarministerin Aigner bisher nicht vorgebracht. Entwicklungsorganisationen und andere Kritiker versuchte sie aber zumindest mit der Ankündigung zu besänftigen, die Subventionen nur für Lieferungen in Länder wie Russland und China zu vergeben. Das hätte den Schaden für die lokalen Märkte in den armen Staaten wenigstens etwas begrenzt. Schließlich hätten die Europäer so mit ihren künstlich niedrigen Preisen den einheimischen Produzenten zumindest nicht direkt Konkurrenz gemacht. Das wäre ein schwacher Trost gewesen, aber immerhin.

Zwar legt die EU fest, welche Länder von den Exportsubventionen ausgenommen werden. Doch Deutschland als größtes Mitgliedsland hat bei diesen Entscheidungen ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Entweder hat Aigner sich nur öffentlich, aber nicht offiziell für ein Verbot von Subventionen für Exporte in Entwicklungsländer eingesetzt. Dann hätte sie die Öffentlichkeit irregeführt. Oder sie hat in Brüssel gekämpft, aber sich nicht durchsetzen können. Das wäre peinlich für sie.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik und die Lebensmittelindustrie. Journalistenpreis "Faire Milch" 2024 des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter. 2018, 2017 und 2014 gewann er den Preis "Grüne Reportage" des Verbands Deutscher Agrarjournalisten. 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis (Essay "Mein Krieg mit der Waffe"), 2013 für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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1 Kommentar

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  • K
    Kreuzberg-Jakob

    Mich würde gerade brennend interessieren, woher diese Fakten kommen!?

    Vorher hieß es, die Milch werde teurer, weil die Chinesen sie uns wegtrinken. - Da habe ich mir sofort die kilometerlangen Tankwagenkonvois durch Sibirien vorgestellt - so'n Stoff kann man ja nicht ewig aufheben, und die Rede war nicht von Milchpulver.

    In aller Regel wurde die Milch doch immer subventioniert und in die Nordsee gegossen. Das macht doch viel weniger Mühe und spart Diesel - oder wird der Schiffsdiesel auch subventioniert? Darüberhinaus macht Milch in Afrika durchaus Sinn. Soviel mir bekannt ist, sind die mit EUsubventionierten Lebensmitteln belieferten Staaten in aller Regel in der Sahararandzone zu finden (Senegal, Äthiopien, Elfenbeinküste - um die großen zu nennen). Und jede Kuh, die dort nicht gehalten wird, bringt uns in 30 Jahren weniger Klimaflüchtlinge.

    Insgesamt kanneich aber nicht mehr glauben, daß die EU-Subventionen irgendwas Positives bewirken könnten - also muß ich daran zweifeln, daß Milch in Afrika ankommt. Gibt es da Zeugen?