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Kommentar EU-GipfelSo wird Europa unglaubwürdig

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Stillstand bei der Steuergerechtigkeit, Rolle rückwärts in der Energiepolitik: Diesen Gipfel hätte sich die EU ruhig sparen können.

N ein, Uli Hoeneß muss nicht zittern. Auch Apple-Boss Tim Cook muss sich keine Sorgen machen. Denn was die EU-Granden auf ihrem Gipfel in Brüssel zur Steuerpolitik vorgelegt haben, ändert erst einmal gar nichts.

Weder die klammheimliche Steuerflucht à la Hoeneß noch die aggressive Steuervermeidung à la Cook wird in absehbarer Zeit beendet. Kanzlerin Merkel und ihre Mitstreiter haben nämlich gar keine Beschlüsse gefasst. Sie haben nur so getan, als ob - und Entscheidungen auf Dezember vertagt.

Ein „schlechter Tag für Steuerbetrüger“ ist es also nicht gewesen, auch wenn dies Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann behauptet. Ein „Durchbruch“ schon gar nicht, selbst wenn dies Kanzlerin Angela Merkel proklamiert. In Wahrheit sind die EU-Chefs keinen Millimeter weiter gekommen als ihre Finanzminister eine Woche zuvor. Luxemburg verweigert sich immer noch einer Ausweitung der Zinsbesteuerung, Irland sträubt sich weiter gegen eine Änderung seiner Dumping-Steuersätze für Unternehmen.

Bild: taz
Eric Bonse

ist Korrespondent der taz in Brüssel.

Immerhin haben sich die EU-Chefs ein paar Ziele gesetzt. Bis zum Jahresende soll das Bankgeheimnis in der EU fallen. Danach will man über die ganz legalen Steuer-tricks der Konzerne reden. Doch eine schwarze Liste der Steueroasen, wie sie das Europaparlament fordert, steht nicht auf dem Programm. Auch ein Ende des ruinösen Steuerwettbewerbs - ein wichtiger Grund für die Finanznot vieler EU-Staaten - ist nicht in Sicht. Merkel ist dagegen, genau wie ihr britischer Freund David Cameron.

Es bleibt bei der neoliberalen Grundausrichtung der EU, auch in der Energiepolitik. Dort vollzogen die Staatenlenker sogar eine Rolle rückwärts. Im Namen der „Wettbewerbsfähigkeit“ soll billiger Strom künftig wichtiger sein als Klimaschutz. Und billiges Gas - Stichwort Fracking - erscheint verlockender als Umweltschutz. Zukunftsweisend ist das nicht. Im Gegenteil: diesen Gipfel hätte man sich besser gespart.

Dabei hätte es durchaus wichtige Themen gegeben. Der massive Vertrauensverlust der Bürger, die verheerende Arbeitslosigkeit, die Folgen der brutalen Zypern-Rettung - all das wäre einen Gipfel wert gewesen. Doch mit Krise wollten Merkel & Co. nichts zu tun haben. Schließlich wird im Herbst in Deutschland gewählt. Bis dahin sollen nur noch gute Nachrichten aus Brüssel kommen, selbst wenn sie unverbindlich und unglaubwürdig sind.

Wie es wirklich um Europa steht, werden wir wohl erst nach der Bundestagswahl erfahren. Vielleicht fällt dann ja auch endlich das Bankgeheimnis? Es wäre höchste Zeit.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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10 Kommentare

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  • KU
  • S
    Simone

    Niedersachsen: Lagerstättenwasser ausgetreten!

     

    27.05.2013

     

    "...RWE Dea gab in einer Pressemitteilung vom 24.05.2013 bekannt, dass es an der Anlage Wittorf Z1 zum Austritt von „geringen Mengen“ Lagerstättenwassers kam. Es seien „maximal 200 Liter“ davon auf einer Schotterfläche – die mit 25 qm angegeben wird – ausgeflossen. Nach Angaben wurde bereits mit dem Auskoffern der betroffenen Fläche begonnen und aktuell würden die Ergebnisse der Bodenproben abgewartet, ein unabhängiger Gutachter sei vor Ort...".

     

    Mehr lesen auf:

    http://ak-fracking.de/wiki/Meldungen/2013-05-27_Lagerst%C3%A4ttenwasser_ausgetreten#Niedersachsen:_Lagerst.C3.A4ttenwasser_ausgetreten

  • T
    Trabi

    Was für BILLIGES Gas? Bislang sind keine heute wirtschaftlich förderbaren Vorkommen in Europa nachgewiesen... => Kein Spielraum für Preisdumping. Man sucht hier vorrangig um die RRR (Reserve Replacement Ratio) hoch zu halten, denn die schlägt brutal gehebelt auf die Börsenbewertung durch. Da ist's unter'm Strich günstiger mit Verlust zu Bohren als dass diese Kennziffer abnehmende Bestände ausweist.

     

    Für unsere Energieversorgung ist deutsches Schiefergas ohnehin irrelevant. Lediglich 2% des Gesamtenergieverbrauchs sind daraus zu decken - Erneuerbare liefern heute schon mehr als fünf Mal so viel Energie, als was unsere Schiefergasvorkommen je beitragen werden.

  • KU
    Kai Uwe

    Sehr interessant dazu:

    23.05.2013:

    Fossile Energiepolitik ist so 80er –

    PIRATEN gegen Fracking- über den Umweg der EU!

     

    (PM der Bundesdeutschen Piratenpartei)

     

    "...Anlässlich des EU-Gipfels und der aktuellen Debatte über die Energieversorgung der Zukunft fordern die PIRATEN ein EU-weites Verbot von Fracking zur Erschließung unkonventionell gelagerter Gasvorkommen. Die Gewinnung fossiler Energie mithilfe voraussichtlich umweltgefährdender Technologien widerspricht nach Ansicht der PIRATEN dem Ziel einer autonomen, sicheren und umweltfreundlichen Energieversorgung. Die Pläne von EU-Energiekommissar Günther Oettinger, eine Rechtsgrundlage für »Demonstrationsprojekte und für die praktische Erprobung« zu schaffen, lehnen die PIRATEN deshalb ab...".

    aus: www.piratenpartei.de/2013/05/23/fossile-energiepolitik-ist-so-80er-piraten-gegen-fracking-uber-den-umweg-eu/

  • S
    Simone

    Die EU und die Deutsche Bundesregierung CDU/CSU und FDP verspielt gerade Ihre Glaubwürdigkeit aufs deutlichste, wie die Diskussion um den Thema Fracking zeigt!

     

    Nachdem die Bundesregierung an den Wiederstand in den eigenen Reihen, mehrfach gescheitert ist.

    Hat die BAWÜ CDU eine Sperrzone um den Bodensee bekommen, wobei Trinkwassersperren nicht ausgenommen worden sind(!) will jetzt Fracking geschlossen erlauben!

     

    Egal was die Mineralwasser,- Bierwirtschaft und Bürger wollen.

    Es herrscht gekaufte Politiker Meinung!

     

    Das stinkt zum Himmel!

     

    "....Fracking „Ich halte das im Augenblick nicht für vertretbar“ – so äußerte sich Bundesumweltminister Altmaier am Mittwoch, 22.05.2013, zum Fracking in Deutschland.

     

    Und doch: Die schwarz-gelbe Koalition hat sich auf einen Gesetzesentwurf geeinigt, der die Fördertechnik fast überall in Deutschland ermöglichen soll.

     

    Nach erheblichem Widerstand in den eigenen Reihen haben sich Union und FDP zwar dazu durchringen können, das Einzugsgebiet großer Trinkwasserseen besser zu schützen, aber ein „faktisches Moratorium", wie von Herrn Altmaier behauptet, ist nicht in Sicht.

     

    Im Gegenteil: Eine Studie des Bergbau- und Umweltjuristen Dirk Teßmer kommt zu dem Schluss, dass der Entwurf in seiner bisherigen Fassung gegenüber der bestehenden Rechtslage kaum eine Erschwerung für solche Bohr-Vorhaben bringt. Dies entspricht auch dem Willen der EU-Kommission, deren Energiekommissar Günther Oettinger erklärter Fracking-Befürworter ist.

     

    Unterstützen Sie unsere Aktion Fracking verbieten:

    http://umweltinstitut.org/energie--klima/allgemeines-energie--klima/fracking-verbieten-1092.html

     

    Und fordern Sie ein generelles Verbot für die unkonventionelle Erdgasförderung in Deutschland...." aus: Newletter, des Umweltinistitut München

     

    Eine andere wichtige Petition gegen Fracking und für eine Energiewende, gestartet von den Bundesdeutschen Anti- Fracking Initiativen ist:

    www.openpetition.de/petition/online/korbacher-erklaerung-der-buergerinitiativen-gegen-fracking-deutschland

     

    Auch diese von campact ist wichtig: www.campact.de/fracking/stoppen/teilnehmen/

  • A
    aurorua

    Fazit,"GELD REGIERT DIE WELT", gestern, heute, morgen.

     

    Politiker sind und bleiben Handlanger der Reichen und Superreichen.

    Während die Ausbeuter und selbst ernannten Leistungsträger ihre Gewinne maximieren, halten Politiker unter dem Deckmäntelchen der Demokratie Ihr Wahlvieh, zumeist Miet-und Lohnsklaven in Schach.

  • B
    bempo

    @Mentalist: Sie sind aber fein dressiert? Machen Sie eigentlich auch "Männchen", wenn Mutti das will?

  • M
    Mentalist

    Wie versteuert denn ein Herr Eric Bonse sein sicher sehr auskömmliches Korrespondenten-Gehalt? Doch sicher schön in Belgien, nicht wahr, Herr Doppelmoral?

  • UM
    Ullrich Mies

    "Wie es wirklich um Europa steht, werden wir wohl erst nach der Bundestagswahl erfahren."

     

    Das werden wir von den Regierungen nie erfahren. Da muss man sich wohl schon selbst auf die Erkenntnissuche machen.

     

    Und wer nicht nur die Mainstreampresse ließt, weiss es schon heute: Die EU ist ein neoliberales Projekt der so genannten Eliten, in dem der Wettbewerb und die Profiterwirtschaftung über allem stehen: über Menschenrechten, Natur und Völkerverständigung.

  • 4
    41%

    Merkel reicht es eben-,sich so zu geben, als ob sie alles im Griff habe.