Kommentar EU-Freizügigkeit: Schluss mit der Polen-Paranoia!
Deutsche Firmen stehen längst in den Startlöchern, um von der wirtschaftlichen Osterweiterung ab Mai 2011 zu profitieren. Gleichzeitig wird Angst geschürt.
A b Mai kommenden Jahres können Arbeitnehmer aus acht osteuropäischen Ländern zu den gleichen Bedingungen in Deutschland arbeiten wie hiesige Bürger. Zeitarbeitsfirmen mit Sitz in diesen Ländern können Arbeitskräfte beliebig nach Deutschland entsenden - das ist ein guter Anlass, mal darüber nachzudenken, wie falsch sie sind, die Klischees von den "Billiglohnkräften" aus dem Osten, die dann hierzulande die Wirtschaft unterminieren.
Die Zeitarbeit ist dafür ein gutes Beispiel. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) befürwortet die verbindliche Einführung eines Mindestlohns in der Zeitarbeit, der dann auch für Leiharbeiter aus dem EU-Ausland gälte. Selbst die FDP zeigt sich jetzt gesprächsbereit, so dass es wahrscheinlich ist, dass der Mindestlohn bis zum Mai 2011 kommt.
Das ist gut. Aber es ist auch bezeichnend, dass erst dann, wenn wieder der vermeintliche "Billiglöhner" aus Polen vor der Tür steht, selbst liberale Politiker der Einführung einer Lohnuntergrenze in Deutschland doch nicht so abgeneigt sind.
Dabei stehen auch deutsche Firmen in den Startlöchern, von der wirtschaftlichen Osterweiterung ab Mai 2011 zu profitieren. Denn auch mit einem Mindestlohn lohnt es sich, Tochtergesellschaften für Zeitarbeit im Ausland anzumelden, weil etwa in Polen Steuern und Sozialversicherungen für diese Branche niedrig sind. Wer also von dort entleiht, kann hier mit günstigen Verleihpreisen operieren.
Hiesige Entleiher wiederum sparen durch die niedrigen Stundensätze der entsandten Zeitarbeiter viel Geld. In diesem Szenario profitieren deutsche Unternehmen von einem polnischen Staat und dessen günstigem Abgabensystem für Zeitarbeiter - so viel zum Klischee "Billig-Polen". Es lohnt sich, bei diesem Thema mal "um die Ecke" zu denken.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche