Kommentar EADS: Krieg hat immer Konjunktur
Beim europäischen Luftfahrtkonzern EADS dominiert zunehmend die militärische Produktion. Denn im Gegensatz zum zivilen Flugzeugbau ist da die Rendite sicher.
D ie Dauerfehde um Marktanteile zwischen dem europäischen Luftfahrtkonzern EADS und dem Branchenprimus Boeing hat Tradition. Doch der Coup, den EADS am Wochenende verkündete, dürfte eine besondere Demütigung für Boeing darstellen. Ausgerechnet die Europäer werden der US-Luftwaffe die nächste Generation der Tankflugzeuge liefern. Bemerkenswert ist dieses Ereignis aber nicht nur, weil es EADS damit nach fünf Jahren beharrlicher Lobbyarbeit gelungen ist, sich potenzielle Aufträge im dreistelligen Milliardenbereich zu sichern. Zugleich markiert es auch, wie die militärische Komponente des Unternehmens zunehmend dominiert.
Tarik Ahmia ist Redakteur im taz-Ressort Ökologie und Wirtschaft.
Bislang dümpelte das militärische US-Geschäft der Europäer mit 1 Milliarde Euro Jahresumsatz vor sich hin. Wenn EADS nun versucht, seine militärischen Geschäfte rasant auszubauen, dann hat dies vor allem kommerzielle Gründe: Es winken langfristig sichere Renditen. Der zivile Flugzeugbau ist hingegen konjunkturabhängig und damit deutlich riskanter. Tausende zivile EADS-Jobs in Europa werden nun ausgerechnet durch die Rüstungsproduktion gesichert.
Noch immer gilt EADS als ein europäisches Unternehmen, obwohl die Aktionärsstruktur längst bunt gemischt ist und Anleger etwa aus Russland oder Dubai aufweist. Diese Internationalisierung setzt sich nun auch bei der Fertigung fort: Die Endmontage der Militärflugzeuge soll in den USA stattfinden. Für EADS verringern sich damit die Währungsrisiken, denn weltweit werden Großflugzeuge in US-Dollar abgerechnet. In Zeiten des schwachen US-Dollars hat die Produktion in der Eurozone bislang die Gewinne von EADS belastet. An seinen Airbus-Sparplänen in Europa hält der Konzern denn auch weiter fest.
Nicht weniger bedeutsam ist das Geschäft für die transatlantische Allianz. Bislang neigten die USA dazu, die Macht des Stärkeren auszuspielen, aber jetzt, wo George Bush schon fast Geschichte ist, erinnern sich die Vereinigten Staaten offenbar wieder an ihre europäischen Freunde - und wie gut es ist, zuverlässige Verbündete zu haben. Selbst wenn es bisweilen in den politischen Beziehungen rumpelt, so wird mit dem EADS-Deal doch die wirtschaftliche Achse zwischen Europa und den USA für Jahrzehnte gestählt.
EADS wurde einst von den Europäern gegründet, damit sie nicht mehr von Boeing abhängig sind. Offenbar haben jetzt auch die USA den Charme dieser Idee entdeckt. Für EADS ist dies ein Durchbruch, denn so zynisch es ist: Krieg hat immer Konjunktur.
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