Kommentar Dresdner Handygate: Die Aufarbeitung steht aus

In Dresden versagten alle Kontrollinstanzen. Jahrelang trieb die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Nazigegner voran – obwohl sie falschlag.

Neonazis marschieren in Dresden auf (Archivbild von 2011) Bild: dpa

War das Ermittlungsverfahren gegen die sogenannte kriminelle Vereinigung in Dresden nur ein Vorwand, um die Strukturen linker, mithin unliebsamer AktivistInnen auszuleuchten? Die Antwort scheint naheliegend: Wer einmal auf Grundlage des Gummiparagrafen 129 ermitteln darf – also um eine „kriminelle Vereinigung“ zu finden –, dem stehen plötzlich sehr umfangreiche Ermittlungsansätze offen.

Und weil sich öffentliche Repräsentanten in Dresden von jeher mit den Anti-Nazi-Demonstranten aus dem gesamten Bundesgebiet schwertaten, schlussfolgerten viele: Was die Behörden dort abzogen, konnte nur politische Gründe haben. Doch so einfach ist es nicht.

Tatsächlich ging den Ermittlungen ja eines voraus: Neonazis in Sachsen wurden wiederholt übel zugerichtet. Das war massive Gewalt, Gewalt gegen Menschen, und nicht nur eine Fantasie des LKA. Natürlich muss eine Staatsanwaltschaft ermitteln, wenn sich Hinz und Kunz die Köpfe einschlagen. So weit, so gut.

In Dresden aber entstand ein strukturelles Problem: Die Kontrollinstanzen versagten. Obwohl die LKA-Ermittler jahrelang auf dem Holzweg waren, trieb die Staatsanwaltschaft das Verfahren immer weiter.

Dresdner Amtsrichter gaben auch dann noch leichtfertig ihr Okay, als Polizisten Partei- und Anwaltsräume stürmen wollten. Selbst als eine bundesweite Debatte über die Maßlosigkeit der Ermittlungen tobte, verstand sich Dresden, einschließlich der Landesregierung, vor allem auf Rechtfertigung.

Es ist dieses Kollektivversagen, das – auch politisch – aufgearbeitet werden muss. Doch auch seit bekannt ist, dass all die Rechtfertigungen falsch waren, ist von Aufarbeitung nichts zu spüren. Wenn Behörden aus groben Fehlern keine Schlüsse ziehen, ist es Versagen. Wenn sie keine Schlüsse ziehen wollen, ist es Vorsatz.

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