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Kommentar Doppelte StaatsbürgerschaftZeit für zwei Pässe

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Es ist richtig, dass die SPD die Debatte über den Doppelpass neu eröffnet. Der faule Kompromiss namens "Optionspflicht" war für Nicht-EU-Bürger von Anfang an ungerecht.

A uf dem ersten Blick wirkt es wie ein alter Hut, den die SPD da hervorzaubert. Doppelte Staatsbürgerschaft – das war doch mal eines der großen Versprechen, mit dem die rot-grüne Regierung 1998 angetreten war? Doch dann machte die hessische Union unter Roland Koch mit einer Unterschriftenkampagne dagegen mobil, gewann die Landtagswahl, kippte die Mehrheit im Bundesrat und torpedierte so die rot-grüne Reform des Staatsbürgerschaftsrechts.

Heraus kam jener faule Kompromiss namens "Optionspflicht", nachdem sich Einwandererkinder mit 18 zwischen dem deutschen Pass und jenem ihrer Eltern entscheiden müssen. Das war von Anfang an ungerecht, denn für Angehörige von EU-Staaten gilt diese Regel nicht.

Sie richtet sich vor allem gegen Türken, was dazu geführt hat, dass deren Einbürgerungszahlen stagnieren. Rund drei Millionen Menschen türkischer Herkunft leben in Deutschland, meist seit Jahrzehnten. Aber fast zwei Drittel von ihnen besitzen keinen deutschen Pass.

taz
DANIEL BAX

ist Parlamentskorrespondent der taz.

Es ist absurd, ihnen zum Vorwurf zu machen, sich nicht zu integrieren, wenn man es ihnen unnötig schwer macht, Deutsche zu werden. Und die Staatsbürgerschaft ihrer Eltern aufzugeben fällt nun mal vielen schwer – teils aus emotionalen, teils aus erbrechtlichen Gründen.

Natürlich hat die SPD derzeit keine Chance, im Bundestag eine Mehrheit für ihren Vorschlag zu bekommen. Doch es ist richtig, dass sie die Debatte über den Doppelpass neu eröffnet. Und sieht man das Tempo, in dem Angela Merkel derzeit alte Glaubenssätze und Gewissheiten der Union über Bord wirft, stehen die Aussichten gut, dass die nächste Regierung – ob mit oder ohne Merkel – ein Einsehen hat und die unsinnige Optionspflicht wieder abschafft. Die Zeit dafür ist reif.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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8 Kommentare

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  • L
    Light

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    @MIA: Sie haben absolut recht, aber nur wenn alle ausländer

    gleich behandelt werden

  • MH
    Martin Hendrich

    Die jetzige Rechtslage ist hoffnungslos verkorkst. Sie ist dem ausländerfeindlichen Wahlkampf von Koch in Hessen geschuldet, und in der Diskussion nach der Blockade durch den erfolgreichen Koch wurde so getan, als wären zwei Pässen besser als einer. Das Gegenteil ist der Fall: Ein Deutschtürke mit beiden Pässen kann in der Türkei keinen konsularischen Schutz seitens der deutschen Botschaft bekommen, da ist das internationale Recht vor.

    Bezeichnend ist, wie die jetzige Rechtlage entstanden ist. Ein junger Mitarbeiter im Angeordnetenbüro von Burkhard Hirsch (FDP) hatte ein paar Jahre vorher ohne jede Fachkenntnis ein kleines Papier mit einem Vorschlag für eine Optionsregelung zusammengestöpselt, das danach in einer FDP-Schublade verstaubte. Im Patt nach der Hessenwahl wurde das Papier wieder ausgegraben und als Kompromissvorschlag der FDP gross präsentiert. Na, und dann wurde es trotz grösster verfassungsrechtlicher Probleme und offensichtlicher Sinnwidrigkeit Gesetz.

  • W
    Willy

    Die USA, Kanada, Australien und Großbritannien sind nicht schwächer geworden, weil sie mehrfache Staasangehörigkeiten neben der eigenen zulassen.

     

    Deutschland ist keineswegs stärker als diese Staaten, weil es seine Bürger geiselhaft an sich binden will.

     

    Mehrfache Staatsneghörigkeit entspricht schlicht dem Gebot der Mobilität im Zeitalter der globalisierten Wirtschaft.

  • TL
    taz Leser

    Ich möchte auch zwei Identitäten, ein als Steuerzahler und eine als Nichtsteuerzahler. Beide natürlich mit gleichen Rechten.

  • K
    Kati

    AN Bruno: "...dass Migranten sich entscheiden müssen und dann natürlich das Land wählen, wo ihre Familie größtenteils wohnt und nicht das, wo sie bereits auf dem Schulhof beschimpft und ausgegrenzt werden." Hm, Deutschland können Sie nicht meinen, da ist es mittlerweile umgekehrt.Nichtsdestotrotz: 1 Pass, 1 Staatsbürgerschaft, oder aber gleiche Rechte für alle und für jeden Deutschen mehrere Staatsbürgerschaften. Aber eigentlich kann man die dann gleich verschenken und an alle Botschaften zu diesem Zweck Millionen Pässe mit der Staatsbürgerschaft schicken. Zum verteilen beim Spazierengehen...

  • AB
    An Bruno:

    Ich schreibe Ihr Kauderwelsch mal so, dass man es lesen kann:

     

    "Zudem führt das nicht nur in der Politik zu fruchtlosen Diskussionen, sondern auch bei euch auf der Kommentarseite eurer LeserInnen." Die Lehre: Setze Kommata nicht einfach irgendwo!

     

    Natürlich ist das Thema längst klar und auch, welche Entscheidung richtig wäre. Aber ich halte den Artikel dennoch für sinnvoll, da ich oft den Eindruck habe, viele Deutsche wissen gar nicht, dass Migranten sich entscheiden müssen und dann natürlich das Land wählen, wo ihre Familie größtenteils wohnt und nicht das, wo sie bereits auf dem Schulhof beschimpft und ausgegrenzt werden.

  • M
    MiA

    Wieso ist es unsinnig, wenn eine Gemeinschaft (hier der deutsche Staat) eine Entscheidung verlangt, ob eine Person Mitglied von ihr sein will (mit allen Rechten und Pflichten, die sich daraus ergeben) oder eben nicht?

    Wenn sich daraus dann erbrechtliche Probleme ergeben, dann ist dass das Problem des Staates, aus dessen Mitgliedschaft die entsprechende Person sich verabschiedet und ist dann auch innerhalb dieses Staates zu lösen.

  • BP
    BRUNO (NICHT PROBLEM BÄR)

    DoppelPass macht DoppelSpass :O),

     

    mal ehrlich, diese Doppelpass Artikel nimmt doch so langsam keiner mehr ernst.

     

    Zu dem führt, dass nicht nur in der Politik,

    zu fruchtlosen Diskussionen,

    sondern auch bei euch, auf der KommentatorInnen-Seite eurer LeserInnen. :O(