Kommentar Dioxin-Schweine: Schweinereien aus Deutschland
Bei dem Dioxin-Skandal wird vergessen, dass die Bundesregierung beim Verbraucherinformationsgesetz eine umfassende Informationspflicht für Konsumenten verhindert hat.
Hanna Gersmann ist stellvertretende Leiterin des taz-Ressorts Wirtschaft und Umwelt
Kaum wurde in irischen Schweinen das krebserregende Dioxin entdeckt, rät die sonst globalisierungsfreudige FDP: Deutsche! Kauft nur noch Fleisch aus Deutschland! Doch dieser Verbrauchertipp kommt ein wenig zu prompt. Und allzu billig ist dieser Versuch, dem Kunden die Schnitzel und Schinken, die hiesige Bauern produzieren, noch etwas schmackhafter zu machen.
Sicher: Wer regionale Produkte kauft, unterstützt Bauern vor Ort. Er schont auch die Umwelt, weil das Fleisch nicht kilometerweit transportiert werden muss. Das sind alles gute Gründe, auf dem Hof nebenan einzukaufen. Aber die Lebensmittelproduktion in Deutschland ist nicht besser als anderswo, auch hierzulande wird gepanscht und verramscht. Mal etikettieren Händler abgelaufenes Hack um, mal strecken Hersteller Schinken mit Wasser - und immer wieder verfüttern Bauern illegale Medikamente ans Vieh. Denn die Pfuscherei rechnet sich, die Gewinnmargen in der Nahrungsmittelindustrie sind minimal - und die Gefahr, erwischt zu werden, ist verschwindend gering.
Genau das ist das Problem: Die Kontrollen sind zu lax. Viel zu selten funktioniert die Lebensmittelüberwachung so gut wie jetzt in Irland. In einem normalen deutschen Betrieb kommt im Schnitt jedes Jahr ein Kontrolleur vorbei. Bei so miserablen Kontrollen fallen die Schweinereien nur selten auf. Dabei ist das Rezept für gute Qualität einfach. Erstens: Man erhöhe die Strafen für Pfusch und finanziere damit mehr Personal. Zweitens: Man nenne schlampige Betriebe beim Namen. Nur mit "name and shame" werden Bauern, Industrie und Handel ein eigenes Interesse entwickeln, Skandale zu vermeiden. Der Ruf ist zu viel wert.
Nur: Die Bundesregierung deckt die Betrüger sogar noch. Ihr Verbraucherinformationsgesetz, das für mehr Transparenz bei der Lebensmittelqualität sorgen sollte, ist eine Mogelpackung: Wer etwa bei Behörden nach Betrügern fragt, wird mit hohen Gebühren abgeschreckt - oder bekommt gar keine Antwort. Erst wenn sich das ändert, wird sich ein Fleischskandal wie in Irland hierzulande tatsächlich verhindern lassen. HANNA GERSMANN
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