Kommentar Dieter Althaus: Rational nicht erklärbar
Dieter Althaus hat sich in der Politik zurückgemeldet: Er will sein Amt noch bis zur Wahl eines neuen Ministerpräsidenten ausüben. Dass verwirrt die CDU und stärkt die SPD.
W as derzeit in Thüringen und speziell in der Landes-CDU geschieht, ist tragisch-komisch. Da tritt Althaus vier Tage nach seiner Wahlschlappe zurück und überträgt die Amtsgeschäfte seiner Stellvertreterin. Wiederum vier Tage später meldet er sich in einer überraschenden Trotzreaktion zurück und erklärt, er werde die Amtsgeschäfte vorerst doch weiterführen - ganz so, als wäre nichts gewesen.
Althaus hält sich für unersetzbar und agiert wie ein Politiker, der nicht bemerkt hat, dass seine Zeit längst abgelaufen ist. Das sorgt nicht nur in der CDU für große Verwirrung, hatten die meisten doch mit der "Ära Althaus" abgeschlossen.
Mit Christine Lieberknecht hat die CDU der SPD eine akzeptable Ministerpräsidentin vorgeschlagen. Das jetzige Verhalten von Althaus schadet der CDU und wirkt wie ein Bremsklotz für weiteren Gespräche auf dem Weg zu einer möglichen großen Koalition. Die allerdings ist auch ohne Althaus nur schwer vorstellbar.
Programmatische Gemeinsamkeiten muss man - bis auf ähnliche Ansätze in der Finanz- und Haushaltspolitik - lange suchen. Die CDU muss also inhaltlich weit auf die SPD zugehen und dabei für sie bittere Kröten wie längeres gemeinsames Lernen oder eine Verwaltungsreform schlucken, will sie die Chance auf eine gemeinsame Regierung wahren.
SPD-Chef Christoph Matschie hat sich dagegen in eine hervorragende Position manövriert. Er wird den Preis jetzt hochtreiben. Gelingt es ihm, in einem Bündnis mit der CDU inhaltliche Akzente zu setzen, dann kann sich die SPD dem ihr prognostizierten Abrutschen in die Bedeutungslosigkeit vielleicht noch entziehen. Und gegenüber der Linkspartei hält er die Zügel jetzt erst recht in der Hand. Für Bodo Ramelow jedenfalls ist die einzige Möglichkeit, Rot-Rot(-Grün) in Thüringen zu retten, auf das Amt des Ministerpräsidenten zu verzichten.
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