Kommentar Dienstwagen-Posse: Durchwurschteln klappt nicht
Eine fast verwehte Sommerloch-Debatte kehrt zurück - weil Gesundheitsministerin Schmidt versucht hat, Details über Wochen geheim zu halten.
Nein, die jüngste Volte in der Sommerposse um Ulla Schmidt ist kein Rücktrittsgrund. Auf eine parlamentarische Anfrage musste die Gesundheitsministerin nun antworten, schon in den Jahren 2004 bis 2008 habe sie einen Dienstwagen in ihren Spanien-Urlaub beordert. Anders als in diesem Jahr versteuerte sie die Hin- und Rückreise des leeren Wagens aber nicht privat. Eigentlich eine Petitesse. Hätte die gewiefte Ministerin nicht durch Zögern und Aussitzen versucht, diesen Umstand über Wochen geheim zu halten. Schmidt ist durch ihr Lavieren mitverantwortlich, dass eine fast verwehte Sommerloch-Debatte zurückkehrt.
Ulla Schmidt hatte seit Wiederauftauchen ihres Dienstwagens stets eine Linie verkündet: Ich habe in diesem Urlaub nichts falsch gemacht und die Richtlinien der Bundesverwaltung eingehalten. Auch der Bundesrechnungshof bestätigte ihr, die getrennte Abrechnung von dienstlichen und privaten Fahrten in ihrem Spanien-Urlaub sei in Ordnung. Nur: Wenn Schmidt zu Recht darauf pochte, als gestresste Bundesministerin auch in Alicante ein Anrecht auf ihre Limousine zu besitzen, warum druckste sie dann herum, als es um ihr Verhalten in den Jahren 2004 bis 2008 ging?
Weil die Ministerin glaubte, sie könne sich mit einer Mischung aus Trotz und Durchwurschteln aus der Affäre ziehen. Schmidt hoffte, dass die scheinheilige öffentliche Ereiferung ermattete, bevor die Öffentlichkeit sich ihren früheren Dienstwagen-Abrechnungen zuwendet. Da hat sich die Taktikerin grob verschätzt.
Das zögerliche Zugeben ihr mühsam abgerungener Fakten erzeugt den öffentlichen Eindruck, sie habe doch etwas zu verbergen. So trägt Schmidt dazu bei, dass diese "Affäre" ein Problem für den SPD-Wahlkampf bleibt.
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