piwik no script img

Kommentar Die PiratenWeniger Partei, eher Bewegung

Kommentar von Svenja Bergt

Die Partei muss die zahlreichen Neu-Piraten integrieren und sie zur aktiven Beteiligung ermutigen. Nur so wird die Basisdemokratie nicht zur Macht der Wortführer.

D er Tonfall der Piraten über die Konkurrenz war hörbar abfällig. Zeitgleich mit der SPD hielten sie ihren Parteitag ab und - so tönten die Piraten - bei den Sozialdemokraten gebe es ja nicht einmal 500 Delegierte. Und das bei einer Partei mit knapp einer halben Million Mitglieder. Wohingegen auf dem Piraten-Parteitag mehr als 1.500 Mitglieder diskutierten und abstimmten, von bundesweit insgesamt 18.000.

Die Botschaft: Wir sind basisdemokratisch, ermöglichen jedem, der mitgestalten will, sich zu beteiligen, wir grenzen uns damit von anderen Parteien ab. Ein Argument, das im Berliner Wahlkampf funktioniert hat und das auf dem Parteitag auch bei den Diskussionen um Drogenpolitik und ein bedingungsloses Grundeinkommen anklang: Es sei die Chance auf ein Alleinstellungsmerkmal.

Es ist kein Zufall, dass viele Piraten - bis hinein in den Bundesvorstand - sich eher als Bewegung verstehen denn als als klassische Partei. Gerade die starke Betonung basisdemokratischer Praktiken ermöglicht, dass neue Ideen spontan eine große Gruppe Unterstützer finden können und dass, was vorgestern noch im Kopf eines Mitglieds herumspukte, heute schon im Programm steht.

Die Autorin

SVENJA BERGT ist Piraten-Expertin der taz.

Doch auf dem Parteitag zeigte sich ein Problem, das auch andere Organisationen kennen: klassische Wortführer, die gefühlt zu jedem zweiten Antrag das Mikro ergriffen.

Bei aller Basisdemokratie - hier haben die Piraten noch Nachholbedarf. Denn für die angestrebte thematische Verbreiterung mit Blick auf die Bundestagswahl muss es die Partei schaffen, die zahlreich zuströmenden Neu-Piraten zu integrieren und sie zur aktiven Beteiligung ermutigen. Und sicherstellen, dass die Basisdemokratie nicht zur Macht der Wortführer wird.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!