Kommentar Deutsche Entwicklungshilfe in Afrika: Auftrumpfen ist kein Konzept
Entwicklungsminister Niebel erhöht die Hilfen für Malawi und Ruanda - obwohl sie Homosexuelle verfolgen. Uganda wurden deshalb gekürzte Finanzen angedroht. Kohärenz sieht anders aus.
W as macht ein ehemaliger Berufssoldat, der unter einem schwulen Außenminister für die deutsche Entwicklungshilfe zuständig wird, wenn ein Hilfsempfänger drakonische Schritte gegen Homosexuelle erwägt? Richtig: Er bestellt den Botschafter ein und droht, ganz als ginge es um iranische Atomwaffen, mit einem "abgestuften Plan".
Dieses zu Jahresbeginn gemeldete Auftrumpfen des neuen Bundesentwicklungsministers Dirk Niebel (FDP) gegenüber Uganda bezog sich zwar nur auf die mögliche Kürzung von Hilfsgeldern, lässt aber doch aufhorchen. Denn erst vor einem Monat beschloss Deutschland die Verdoppelung der Entwicklungshilfe für Malawi, das zwar für seine erfolgreiche Agrarpolitik gepriesen wird, jetzt aber wegen seiner Verfolgung von Schwulen Schlagzeilen macht.
Und gestern kam Niebel zum Antrittsbesuch nach Ruanda, ein weiterer enger Partner Deutschlands. Dort wird ebenfalls über eine Gesetzesverschärfung gegen Homosexualität diskutiert. Dazu hat Niebel bislang nichts gesagt. Kohärenz sieht anders aus.
Natürlich geht es bei Niebels laufender Afrikareise um mehr. Es ist löblich, wenn ein neuer Entwicklungsminister aus dem Täterland des Holocausts als Erstes Ruanda besucht, Schauplatz des jüngsten Genozids der Weltgeschichte. Auch in den weiteren Besuchszielen Kongo und Mosambik - Modelle des stockenden und des gelungenen Wiederaufbaus nach einem Krieg - lässt sich viel lernen.
Und die neuen Töne aus dem Ministerium, wonach Entwicklungshilfe vor allem mit wirtschaftlichem Aufbau zu tun haben sollte, sind überfällig im Kontext einer rasanten und widersprüchlichen ökonomischen Entwicklung in Afrika. Nur sollten daraus dann auch überzeugende Konzepte entstehen, in einem Dialog auf der Basis gegenseitigen Respekts.
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