Kommentar Demografie und Rente: Nach den Gesetzen des Marktes
Das Renteneinstiegsalter wird weiter steigen. Die einen wird es freuen, andere werden fluchen. Doch Fakt ist: eine Frührente wird heute nicht mehr bezahlt.
N achrichten wie diese polarisieren: Erstmals seit 1974 gibt es mehr erwerbstätige SeniorInnen als RentnerInnen. Die einen dürfte das freuen, weil sie sich gesund genug fühlen, länger zu arbeiten. Andere werden fluchen: Sie haben auf dem Bau, bei Nachtschichten oder in der Gastronomie ihren Körper ruiniert und würden sich lieber früher als später auf die Couch zurückziehen.
Gefühl hin, Gefühl her, Fakt bleibt: Das Renteneinstiegsalter wird weiter steigen. Schon jetzt reden manche PolitikerInnen und ExpertInnen von 70.
Das hat einerseits tatsächlich damit zu tun, dass die Menschen länger leben und länger gesund bleiben. Das hat auch damit zu tun, dass viele noch lange arbeiten wollen – sei es, weil sie sich nützlich machen wollen. Oder weil sie angesichts ihres schmalen Altersbudgets das Geld brauchen.
Fakt ist nämlich auch: Eine Frührente wird heute nicht mehr bezahlt. Dahinter steckt eine Rentenpolitik, die sich nach den Gesetzen des Marktes richtet: Sind nicht mehr genug Junge da, die die Rentenkasse füllen, müssen die Alten ran, damit diese die Rentenkasse nicht schröpfen.
Nach dem Prinzip „Wo die herkömmliche Klientel fehlt, muss eine neue her“ ruft die Wirtschaft inzwischen nach mehr weiblichen und ausländischen Arbeitskräften. Geschlechter- und migrationspolitisch ist das korrekt. Ökonomisch ist das sinnvoll. Aber ist es auch nachhaltig?
1974, das Jahr, in dem es zum letzten Mal in den vergangenen vierzig Jahren mehr berufstätige Alte gab als Pensionäre, markierte nämlich eine Trendwende in der Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik: Damals gab es infolge der Ölkrise so viele Arbeitslose wie lange nicht. Der Staat musste mit ihnen umgehen, ihnen irgendein Angebot machen, um den sozialen Frieden zu erhalten – und hat das System der Frührente eingeführt.
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