Kommentar Claudia Roth über Bischof MIxa: Kirchenmänner mit Unterhaltungswert

Claudia Roths Beleidigung ist erfrischend. Zwar haben obskure Christen Unterhaltungswert wie Freakshows, doch darf man sich nicht täuschen - und Fundamentalisten unterschätzen.

Claudia Roth geht ja auf manchmal erfrischende Weise das Herz über. Jetzt hat sie beim bayerischen Grünen-Parteitag gesagt, der Augsburger Bischof Walter Mixa sei ein "durchgeknallter, spalterischer Oberfundi". Das ist ja eigentlich eine ziemlich präzise Beschreibung für den schrillen Gottesmann, der im Frühjahr für Aufsehen sorgte, weil er verkündete, die schwarz-rote Familienpolitik degradiere Frauen zu "Gebärmaschinen". Kaum hatte er sich damals mit seiner knalligen Formel in die Niederungen der politischen Polemik hineinbegeben, war er auch schon erschüttert: Bitter hatte er sich über "die Medien" beklagt.

Diesmal scheint Mixa derart aufbrausend beleidigt, dass er selbst in Schweigen verharrt und seinen Sprecher Dirk Hermann Voß vorschickt: Die "faschistoide" Wortwahl Roths erinnere an die "Propagandahetze der Nationalsozialisten". Und er setzte noch eins drauf: Die Grünen seien "für Christen nicht wählbar".

Nur zur Klarstellung: Hitler war ein Tyrann, der Völkermorde beging, Claudia Roth ist eine Oppositionspolitikerin, die Kirchenleuten Kontra gibt, wenn sie sich in die Politik einmengen. Ein kleiner Unterschied, auf den auch die Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, hinwies. Inzwischen fordern die verschiedenen Seiten kreuz und quer Entschuldigungen.

Man neigt dazu, dies als Entertainment zu nehmen. Obskure Christen haben Unterhaltungswert wie Sonderlinge aus der Freakshow. Narren wie Mixa und Voß gelten als Randerscheinungen im längst "gezähmten" (Peter Sloterdijk) Softkatholizismus. Dass man sich da nur nicht täusche. Der Verlust an Sicherheiten und fixen Orientierungen kann in einer paradoxen Volte gerade den Verhärtungen günstig sein. Das ist schließlich das Geheimnis aller Fundamentalismen. Gewiss, den liberaleren Kirchenführern sind die Meisners und Mixas und Voß peinlich. Dann wird es aber Zeit, dass sie die Auseinandersetzung mit den Fundis selbst führen. Mixa ist Bischof, und auch Voß ist nicht irgendwer. Unlängst wurde er von Benedikt XVI. zum Konsultor des päpstlichen Medienrats berufen. Es steht zu fürchten, dass der Papst wusste, was er da tat.

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Geboren 1966, lebt und arbeitet in Wien. Journalist, Sachbuchautor, Ausstellungskurator, Theatermacher, Universaldilettant. taz-Kolumnist am Wochenende ("Der rote Faden"), als loser Autor der taz schon irgendwie ein Urgestein. Schreibt seit 1992 immer wieder für das Blatt. Buchveröffentlichungen wie "Genial dagegen", "Marx für Eilige" usw. Jüngste Veröffentlichungen: "Liebe in Zeiten des Kapitalismus" (2018) und zuletzt "Herrschaft der Niedertracht" (2019). Österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik 2009, Preis der John Maynard Keynes Gesellschaft für Wirtschaftspublizistik 2019.

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