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Kommentar City-MautAuf zur autofreien Innenstadt

Kommentar von Svenja Bergt

Eine City-Maut ist dann das richtige Mittel, wenn für jede Fahrt einzeln bezahlt werden muss. Und: Die Frage muss geklärt sein, wohin das Geld fließt.

D ie Zahl der Autos auf den Straßen muss dringend sinken. Tote und Verletzte nach Unfällen, Tote und Kranke durch Feinstaub, Kolonnen von Fahrzeugen, die den größten Teil ihrer Lebensdauer am Straßenrand stehen und eine sinnvollere Nutzung der Flächen verhindern – die Gründe zum Handeln sind inzwischen Allgemeingut geworden.

Daher zweifelt in der Debatte um eine City-Maut auch niemand an, dass etwas passieren muss. Die Frage ist nur: Ist eine Maut das richtige Mittel? Ist sie – unter bestimmten Bedingungen. Wichtig ist vor allem, dass es keine Pauschale gibt, sondern für jede Fahrt einzeln bezahlt werden muss.

Damit hätte die Maut einen ganz großen Vorteil im Vergleich zu anderen Instrumenten, etwa der Kfz-Steuer: Bei einer pro Fahrt erhobenen Maut spürt der Autofahrer bei jeder Benutzung des Fahrzeugs, dass es kostet. Wichtig ist außerdem die Frage, wohin das Geld fließt. In mehr Straßen, breitere Autobahnen?

Oder in bessere Wege für Radfahrer und den öffentlichen Nahverkehr? Und schließlich muss der Mautbereich sinnvoll gewählt werden, damit der motorisierte Verkehr nicht den umgekehrten Fluss nimmt – in Richtung grüne Wiese. Dass die Maut nicht missbraucht werden darf, um Daten zu sammeln, sollte sich von selbst verstehen.

SVENJA BERGT

ist Redakteurin im Ressort Ökologie & Wirtschaft der taz.

Natürlich, eine Maut wird nicht alle Probleme auf einen Schlag lösen. Ebenso wenig ersetzt sie andere Instrumente, die das Fahren und Besitzen von Autos möglichst unattraktiv machen sollen: öffentliche Fahrradverleihe etwa, ein gutes Netz von Radspuren, den Ausbau von Mietwagensystemen, die das Ausleihen und Abstellen an unterschiedlichen Orten ermöglichen, Parkraumbewirtschaftung. Die Maut muss ein Schritt auf dem Weg zu weitgehend autofreien Städten sein. Je früher die Betroffenen umsteigen, desto besser.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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19 Kommentare

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  • N
    NoName

    Ganz ohne Ausnahmeregelungen wird es jedoch nicht umsetzbar sein, denn zum einen werden Arbeitgeber und Gewerbetreibende vermutlich wieder Extrawürste durchsetzen, andererseits stellt sich die Frage, welche Infrastrukturen im Regelfall zentral vorgehalten werden und durch eine Maut dann in der Erreichbarkeit erschwert würden. Ich denke hierbei vor allem im Sinne des demographischen Wandels an die nicht mehr ganz mobilen Alten, denen ÖPNV in der jetzigen Qulalität nicht zuzumuten ist (Gehbehinderte vs. nicht-niederflurige Straßenbahnen und barrierefreie Stationsgestaltung). Hier werden sich die Kostenträger sehr wahrscheinlich vor notwendigen Investitionen hinter dem Scheinargument kommunaler Finanzmisere verstecken - da sich der Bund aus der Thematik zurückzieht, werden mächtige Hebel auf säumige Kommunen daher seltener. Ergo muß hier noch sehr viel Detailplanung einfliessen und wird die Policy nicht nur im Interesse betrieblicher Umsätze perforiert, im aufgezeigten Beispiel jedoch perforiert werden müssen, werden z.B. medizinische Infrastrukturen nicht dezentral vorgehalten. Das Mautgelder nicht zweckgebunden in Schienen- und Radweginfrastruktur fliessen, dürfte indes klar sein - mit Blick auf kommunale Haushalte.

  • C
    Christian

    Was zählt denn als "eine Fahrt"? Muss ich dann vor dem Supermarkt den Motor laufen lassen, um nicht doppelt zu zahlen? Wäre es nicht sinnvoller, pro Tag, an dem ich das Auto nutze, zu zahlen?

  • L
    LJW

    Bitte ja, aber wie...das wird wohl noch jahrelang diskutiert werden, wenn es da nicht die lkammen Kommunen gäbe. Da heben viele keine Autofabriken oder Zulieferbetriebe und könnten das Geld gut gebrauchen.

    Daher gibt es gute Chancen für diese längst fällige Maßnahme, die nicht nur ökologosch notwendig ist, sondern auch für die Bewohnbarkeit unserer Städte zwingend notwendig.

    Als Beispiel: Meine Stadt - Köln - ist da trotz grünen in der Stadtspitze, nicht gerade innovativ, denn sie bevorzugt eine Abgaslösung mit vielen Ausnahmen, sodass zukünftig nur noch die Leute, die genug Geld für entsprechende Autoa haben, wieterhin in die City können.

    Eine unsoziale und korruptionsverdächtige Lösung, doch das ist in Köln ja Tradition.

  • T
    THO

    Es ist wirklich schade das man sowas lesen muss... links/grüne Ideologie oder besser Idiotie !

  • LG
    Lothar Gräwe

    Die Maut dürfte nicht erhoben werden von Leuten die in der Stadt wohnen.(es würde eine Vermietung von Wohnraum im Stadtzentrum erschweren)

    Wohnraum in der Stadt ist ein weites Feld,Privathäuser,Genossenschaftshäuser unterschiedlicher

    Standard. Es müssten mehr Menschen in der Stadt gehalten werden, Wohnumfeld verbessern durchaus mit PKW zu gestalten.

    Ohne Auto geht es in vielen kleineren Städten nicht.

  • F
    fragender

    "Tote und Kranke durch Feinstaub"

    Kann mir bitte mal jemand zumindest einen Totenschein mit der Todesursache "Feinstaub" zeigen?

  • C
    chrischan

    Beispiel Singapore

    Strssen werden je nach Belastung mit flexibler Maut belastet. Die Höhe kann sich stündlich ändern.

    Im Zentrum und in den Wohngebieten gibt es reichlich Parkhäuser. Da sind die Strassen nicht zugeparkt.

    Taxenbuchten sind mit Sitzgelegenheiten ausgerüstet.

  • A
    Andreas

    Oh jeh oh jeh, die taz halt.

    Bewegt euch mal raus aus diesem gesättigten Land, wo man über Plastikbecher und Fahrradhelme diskutiert. Ich war gerade in Beirut. Da ist man froh, ein Auto zu fahren, Plakette, Maut, TÜV? Die Menschen dort leben und überleben auch.

    Das gilt für hunderte andere Länder auf diesem Planeten.

    Diese uncoole ewige Spießerei und Besserwisserei der Deutschen ist nur lächerlich wenn man deren Anteil an der Weltbevölkerung bedenkt.

    Hey deutscher Kleingeist! Du wirst die Welt net retten ob durch den großen Führer oder eine City Maut. Hab´mal wieder Spass am Leben, brettere an den nächsten See und vergiss mal kurz Deine Paranoia vor Feinstaub, Krebs aus dem Supermarkt -Apfel, und hähä, Waldsterben.

    Man kann auch links und locker sein.

  • A
    A.H.

    "Wichtig ist außerdem die Frage, wohin das Geld fließt. In mehr Straßen, breitere Autobahnen?"

     

    Warum so platt die alten Klischees bedienen? Wie wärs z. B. mit Straßenerhaltung, Flüsterasphalt, intelligenten Verkehrsleitsystemen? Klar sollten ÖPNV und Radwegenetz einen hohen Stellenwert oder sogar Vorrang haben. Aber der Individual- und Lastverkehr wird sich nun mal nicht so bald abschalten lassen.

  • P
    p3t3r

    2011 gab es ca 4000 verkehrstote

    im selben jahr gab es 74000 alkoholtote!!!!

    ich denke man sollte mal die prioritäten anders setzen

    und mal einen drogenführerschein einführen

  • C
    Camper

    Hallo?

    Und wenn ich mit meinem VW-Bus einen schönen Parkplatz vor dem Innenstädtischen Hallenbad gefunden habe, um da das Partywochenende lang gelegentlich zu pennen, soll ich 3 Tage Citymaut zahlen??!? Was soll das denn?

     

    Es besteht eigentlich kein Handlungsbedarf, einfach das Benzin teuerer machen! Da spürt man auch 'jede Fahrt', Überwachungsysteme rücken nicht näher, und zudem werden alternative Antriebe gefördert, und auch Überlandfahrten werden werden belastet. Die Einnahmen dann für Fahrrad, ÖPNV etc. und gut is.

     

    Immer dieser Aktionismus mit der Maut...

     

    (Wenn man schon was macht, dann Nägel mit Köpfen, z.B. um den An- und Ablieferverkehr aus der Stadt zu kriegen, Stichwort: Last Mile Urban Pipe Delivery)

  • C
    Christian

    Die PKW-Maut dient allein der Überwachung!

    Außerdem fließen 50% der Einnahmen in den Betrieb des Systems.

     

    Würde man die Steuer auf Kraftstoffe anheben, hätte man 100% der Einnahmen und den Lenkungseffekt ohne einen Cent Mehrkosten.

  • R
    R2D2

    "Daher zweifelt in der Debatte um eine City-Maut auch niemand an, dass etwas passieren muss."

    Und wovon träumen Sie nachts? Und die Lösung haben Sie auch schon parat. Toll!

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Man sollte dem deutschen Spießer das Autofahren komplett untersagen.

     

    Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinde gegenüber den Autofahrern nichts als Verachtung.

  • F
    fairMind

    Na prima, dann werden die verstopften Straßen endlich frei von den Armen, von den in prekären Verhältnissen Lebenden, von Pflegehelfer/innen in den Heimen (sollen die doch sehen, wie sie die 20 km und mehr je Fahrt und ohne halbwegs vernünftigen ÖPNV zu ihrer Arbeit hinkommen) usw. usf. - und diejenigen, die das bezahlen können, haben endlich freie Fahrt!

    Danke taz-kommentatorin für soviel soziale Kälte - oder war es nur Anti-Auto-Ideologie, ohne weiteres Nachdenken?

  • FC
    Frank Cordes

    Ich fahre viel mit dem Rad und ärgere mich immer wieder über die, die selbst 200m zum Brötchen-holen oder zum Sport mit dem Auto fahren. City-Maut hier in Datteln wäre mal eine Methode, aber bestimmt nicht durchsetzbar. Hier gibt es kostenlose Parkplätze, aber kaum vernünftige Abstellplätze für Räder. Schade. Aber es scheitert halt wie immer am Geld. Brauchbare Radwege sind auch nicht üblich. Also ist der Radfahrer wieder mal der Dumme. Daher: kampfradler.blogsport.de

  • F
    FaktenStattFiktion

    Für schönere Innenstädte müssen Citymaut und höhere Mieten durchgesetzt werden. Dann verschwinden Autos und billige, graue Mietskasernen.

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Damit hat der Ökologismus über die soziale Gerechtigkeit gesiegt. Wir freuen uns dann über die vielen SUVs und andere teure Protzkarren, deren Fahrer sich noch die Fahrt in die Innenstadt leisten können. Das macht doch eine Innenstadt gleich schöner.

  • MG
    Maut gerne

    aber Einkommens- und Zweckabhängig!

     

    Wenn ein kleiner Handwerker sein Material transportiert, soll er deutlich weniger zahlen müssen, als der Anwalt oder Makler, der die 3km vom Stadtrand mit seinem Landrover zurücklegt.

    Die können nämlich auch Bus oder Fahrrad nehmen.

     

    In der Praxis läuft es ja zur Zeit so, daß der Landrover des Anwalts ein Firmenfahrzeug ist und alle Ausgaben für Betriebskosten und Fahrten steuerlich geltend gemacht werden können. (was sowieso saublöd ist! Angestellte zahlen 99% der Bonzenschlitten, weil diese als Firmenwagen Spitzenverdienern Steuern sparen)

     

    Der Handwerker / Kurier hat ein 8 Jahre altes Auto und kann höchstens die Kilometerpauschale geltend machen, die sich durch die Maut nicht erhöht.

    Das Fahrzeug als Firmenwagen anzumelden, lohnt sich steuerlich nur bei neuen / fast neuen Autos.

     

    Er muß die Maut bei Nachweis der Zweckbindung (Auftragsbindung mit Plausibilität) zurückerhalten können, direkt oder per Steuer, organisiert wie die Abrechnung der Kilometerpauschale in der Steuererklärung, nur nicht so kompliziert wie eine Steuererklärung.

     

    Das Herumkutschieren von Alibipaketen bei generellen Ausnahmeregeln ist auch blöd, also muß es eine direkte Zweckbindung der Erstattung geben.

     

    Die Erstattung muß auch so gestaltet sein, daß keine zu hohen Summen ausgelegt werden müssen.

     

    Das "auf- die- Preise- umlegen" ohne Erstattung klappt nicht bzw. ist das Gegenteil von sozialverträglich!

    Insbesondere wegen der sowieso vorhandenen steuerlichen Benachteiligung von Kleinunternehmen mit geringen Gewinnen, s.o.!

     

     

    Erstattung darf NICHT für den Personentransport gelten, außer für Schwerbehinderte mit Mobilitätsbehinderung, sondern nur für notwendigen Sachtransport- und Lieferverkehr.

     

     

     

    Fromme Wünsche, als systemrelevant gelten hierzulande ja die Casinos....