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Kommentar Chodorkowski-UrteilPutins Vendetta

Klaus-Helge Donath
Kommentar von Klaus-Helge Donath

Putin ist von Haus aus Jurist. Wo das Recht aber nicht rechtsstaatlichen Verfahren unterliegt, dient es der Macht und dem Stärkeren. Das war in Russland nie anders.

D er Schuldspruch gegen den einstigen Ölmilliardär Michail Chodorkowski in einem zweiten absurden Verfahren kommt nicht wirklich überraschend. Es war abzusehen, dass die politischen Drahtzieher nicht nachgeben werden. Abzuwarten bleibt indes, ob der Richter nicht doch noch so viel Courage aufbringt, zumindest bei der Verhängung des Strafmaßes unter den sechs Jahren zu bleiben, die die Staatsanwaltschaft fordert. Noch einmal sechs Jahre Haft wären für die Angeklagten ein Martyrium.

Schlimmer jedoch sind die Konsequenzen für Russland. Der Fall Chodorkowski hat sich zu einer Chiffre entwickelt, an der sich erkennen lässt, ob Moskau Rechtsstaatlichkeit überhaupt für erstrebenswert hält - und ob es in der Lage ist, dafür auch die Vorarbeiten zu leisten.

Bislang sieht es danach nicht aus. Premier Wladimir Putin hatte im TV-Fragespiel mit dem Volk vor zwei Wochen dem Richter ein klares Signal gesandt. Er nahm den Schuldspruch vorweg: Ein Dieb gehöre hinter Gitter. Premierminister Putin ist von Haus aus Jurist. Wo das Recht aber nicht rechtsstaatlichen Verfahren unterliegt, dient es der Macht und dem Stärkeren. Das war in Russland nie anders. Der Premier bleibt der heimischen Rechtstradition treu.

Die Klage Präsident Medwedjews über den Rechtsnihilismus und die Appelle zur Modernisierung laufen daher ins Leere. Wer geht schon als Westler in ein Land, wo er die Justiz fürchten und als Unternehmer jederzeit mit Enteignung durch die Bürokratie rechnen muss, es sei denn, er verfügte über den persönlichen Segen Putins?

Der Autor

Klaus-Helge Donath ist Russland-Korrespondent der taz.

Den jedoch haben die wenigsten. Der Premier erweist dem Kremlchef einen Bärendienst. Aber auch sich selbst tut er keinen Gefallen. Mit der persönlichen Vendetta gegen Chodorkowski zeigt er seine Schwäche und ist sogar bereit, gegen die Interessen des Staates zu handeln. Denn ohne Modernisierung wird Russland schon bald nicht mal mehr die Rolle einer regionalen Großmacht bekleiden können. Der Patriot entpuppt sich als kleinmütiger Rachegott.

Noch sitzt Putin fest im Sattel und schielt schon wieder nach dem Kreml. Dass ihm das Format fehlt, Russland aus der Krise zu führen, wird er nicht mehr lange verbergen können. Auch nicht, dass er das Land erst in die Krise manövrierte. Staat und Gesellschaft, die Leute wie Chodorkowski hinter Gitter stecken, haben ein gewaltiges Problem: Sie haben keine Zukunft.

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Klaus-Helge Donath
Auslandskorrespondent Russland
Jahrgang 1956, Osteuroparedakteur taz, Korrespondent Moskau und GUS 1990, Studium FU Berlin und Essex/GB Politik, Philosophie, Politische Psychologie.
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7 Kommentare

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  • H
    helsch

    Es ist schon grotesk, wenn für einen Schwerkriminellen verlangt wird, er möge doch mit Samthandschuhen angefasst und mit Strafen verschont werden, schließlich sei er ein liberaler Geschäftsmann und russ. Bürger, der nur sein durch die Verfassung garantiertes Eigentum nach seinem Gutdünken eingesetzt habe.

    Kein Wort davon, wie es in Russland den einfachen Menschen geht, kein Wort über die soziale Katastrophe ... und stattdessen Empörung wegen des Urteils und Tränen für einen Mann, der sich Milliarden unrechtmäßig unter den Nagel gerissen hat...

    diese Heuchelei ist nicht mehr zu überbieten!

  • S
    Sozialpädagoge

    Wenn ich nicht wüßte, dass in der taz auch schon ganz anderes zum Thema Chodorkowski stand, würde ich feststellen müssen das dieser Kommentar Resultat einer gleichgeschalteten Presse ist.

     

    Die Schuld dieses Mannes steht ausser Frage und das die russische Justiz alles andere als unabhängig ist ebenso.

    Doch das jedoch trifft auch auf die Justiz der USA zu, die lediglich schwerer zu durchschauende Abhängigkeiten hat und für die andere manipulative Paradigmen gelten.

     

    Und auch in der EU ist oft eine poltisch gefärbte Gefälligkeitsjustiz nicht ungewöhnlich.

     

    Wozu also die ganze Aufregung?

     

    Haben wir es wirklich nötig in allen Medien einen Wirtschaftsmafiosi zum Freiheitskämpfer zu stilisieren, nur weil nett aussieht und sich zu benehmen weiß?

     

    Hier ist die Frage zu stellen: Wem nützt diese Kampagne?

     

    Den Menschen in Russland wird dies gewiss nicht helfen. Eher wird das Gegenteil passieren und die Solidarität mit Putin und Konsorten wird sich verstärken, was der vorgeblich angestrebten Demokratisierung bestimmt nicht nützen wird.

     

    Das heißt, dass die Kampagne letztlich Putin nützt und von dem Zerfall westlicher Demokratien unter dem Einfluss des monoplisierten Kapitals ablenken soll.

     

    Somit ist nicht das vorhersehbare Urteil von Bedeutung, sondern die mediale Vermarktung in den westlich orientierten sogenannten demokratischen Staaten, wobei mir bei vielen nur einfällt:

     

    Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen

     

    Aber es funktioniert noch immer, dass dreiste Diebe am lautesten rufen: "Haltet en Dieb!", um die eigene Tat vergessen zu machen.

  • MD
    maria daubenbüchel

    ob chodorkowski ein guter,oder ein nicht guter ist,das steht hier nicht zur debatte.die frage ist,ob er einem frei handelnden gericht gegenübersteht,und das ist eben nicht der fall.das gericht urteilt im interesse putins und genau da liegt der hund begraben.wie chodorkowski zu seinem geld gekommen ist, auch das ist zweitrangig,aber daß er putin gefährlich werden könnte,das ist der auslöser für dieses schmierentheater.

  • M
    Mascha

    @P.Haller

    Chodorkowski ist mit Sicherheit kein Guter. Und auch ich bin genervt von seinem weichgespülten Bild in den westlichen Medien. Zudem ist das Märtyrerbild auch bei den russischen Chodorkowski-Verteidigern verbreitet. Und sie müssten es eigentlich besser wissen.

    Aber genau Letzteres zeigt, dass es hier nicht um Chodorkowski geht. Oder gehen sollte. Es geht um die Anklage eines selektiven Strafrechts, das ein willkürliches Exempel statuieren möchte.

    Jeder in Russland, der in den "Räuberjahren" nach der Wende reich geworden ist, hat..ähm ja, geraubt. Viele sind auch, als der Wind mit Putin von woanders her wehte, ins Ausland gegangen. Aber nicht alle. Chodorkowski zum Beispiel ist geblieben und hat da irgendwas mit Putin verbockt. Ob er nun für Demokratie kämpfen wollte oder sie irgendwessen Geld nicht teilen konnten - darum gehts nicht. Es geht darum, dass Putin sich nun rächt. Und das ist peinlich und gruselig.

  • K
    Kati

    @ Vorkommentatoren: die Blättchen und Medien sagen uns dazu alle das Gleiche, keiner die Wahrheit. Pressefreiheit a la Banana Republika.

    Chodorkowski ist Gott sagen sie uns. Wir sollen glauben...

  • G
    guapito

    Typisch einseitiger Kommentar durch die westliche Brille!

    Unrechtstaatliche Gerichtsurteile in Deutschland werden ignoriert, Beispiele aus dem Ausland mit willkommenen Indizien präsentiert.

    Mit Journalismus hat das nix zu tun.

  • P
    P.Haller

    Wieso wird denn auf allen Kanälen hierzulande Chodorkowski als Märtyrer gefeiert ?

    Ist er denn einer? Wie ist dieser Mensch denn von Null auf Milliarden gekommen.

    Irgendwie geht es mir total auf die Nerven, dass ich überall den gleichen gefilterten Mist lesen muss, tiefergehende Infos: Fehlanzeige !

    Mag sein, dass Russlands Justiz nicht unabhängig ist, mag sein dass Putin ein Mafiosi ist, aber ist Chodorkowski wirklich so ein Guter ??