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Kommentar CDU und MindestlohnDie Zeichen der Zeit

Eva Völpel
Kommentar von Eva Völpel

Seit Jahren spricht sich eine übergroße Mehrheit der Bundesbürger für einen Mindestlohn aus. Doch für den Wirtschaftsflügel der CDU ist er immer noch undenkbar.

D ie CDU steht vor einer bedeutenden Kehrtwende. Nach dem Atomausstieg will die Partei ein weiteres lang gehegtes Tabu über Bord werfen und einen allgemeinen Mindestlohn einführen. Zumindest nähert sie sich dieser Idee mit großen Schritten an.

Die Union hat begriffen, dass es höchste Zeit ist umzudenken, will sie gesellschaftspolitisch nicht im Abseits landen. Es ist nicht nur die Sorge, dass der ausufernde Niedriglohnsektor die finanzielle Stabilität der Sozialsysteme untergräbt, der die Partei zur Kehrtwende zwingt.

Es sind vor allem die Alltagserfahrungen auch an der CDU-Basis, die das Teufelswerkzeug Mindestlohn plötzlich annehmbar erscheinen lassen. Denn bis hinein in den eigenen Familien- oder Freundeskreis sind die Erfahrungen mit Dumpinglöhnen, Leiharbeit oder befristeten Arbeitsverhältnissen gesickert.

Bild: R. Blidar

ist taz-Redakteurin für Soziales und Arbeitsmarkt im Ressort Inland.

Wer damit konfrontiert wird, dass die eigenen Kinder oder die Kinder von Freunden trotz guter Ausbildung noch lange nach dem 30. Lebensjahr von den Eltern immer wieder subventioniert werden müssen, unter anderem weil der Vollzeitlohn zum Leben nicht reicht, der beginnt die Welt mit anderen Augen zu sehen.

Seit Jahren schon spricht sich eine übergroße Mehrheit der Bundesbürger, wohlgemerkt auch Besserverdiener, für eine allgemeine Lohnuntergrenze aus.

Die große Frage ist nun: Was macht die CDU daraus? Ringt sie sich zu einem Konzept durch, das Dumpinglöhne wirklich flächendeckend verhindert? Oder doktert sie nur ein bisschen an den Symptomen herum und gibt dem starken Wirtschaftsflügel der Partei klein bei? Denn für den ist ein einziger, flächendeckender Mindestlohn, den die Politik festlegt, immer noch Teufelszeug.

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Eva Völpel
Inlandsredakteurin
Jahrgang 1976. Ist seit 2009 bei der taz und schreibt über Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie die Gewerkschaften
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11 Kommentare

 / 
  • TF
    Thomas Fluhr

    7,50 € Mindestlohn? Wozu um das rechnerische Existenzminimum eines Hartz 4-Vegetieren zu erreichen? Diese Existenzminimum hat nichts mit der Realität zu tun, es hilft weder den Hartz 4er, noch als Mindestlohn-Bezugsgrösse. Wenn schon, denn schon 10 €. Nebenbei, warum erhalten die "neuen Bundesländer" immer noch weniger, allenthalben wird von Globalisierung und Europäischen Zusammenschlüssen geredet, aber vor der eigenen Haustür? Der Balken wird nicht gesehen.

  • H
    Hasso

    Wie wäre es mal, mit einer Einkommensgrenze für Politiker?

  • K
    Katharina

    Auch wenn es In ist so zu tun, sind Niedrigstlöhne kein Ergebnis der CDU/CSU/FDP-Regierung. Da schicken SPD und Grüne während ihrer Regierungszeit 1998 bis 2005 Millionen Arbeitnehmer in Niedrigstlöhne, stimmen einige Jahre später im Bundestag gegen!! einen Mindestlohn (weil der Antrag von der bösen Linken kam), um dann nochmals Jahre später in einer großen Koalition gemeinsam mit CDU/CSU, FDP und Gewerkschaften diese Niedrigstlöhne als sogenannten Mindestlohn zementieren zu wollen. Da rechne sich jeder mal einen Mindestlohn von, egal, 7,50 oder 8,50 Brutto mal 40 Stunden aus um zu sehen wie gigantisch der Nettolohn dann ausfällt. Armut durch Mindestlohn bei 40 Arbeitsstunden/Woche!

  • K
    Kai

    Verarmung durch Mindestlohn.Häufig führt dieser Mindestlohn erst zur LohnABSENKUNG auf eben dieses Niveau. Das verschweigen uns alle Fans, von der Politik über die Medien bis zur Gewerkschaft. Mindestlohn ist Volksverdummung.

  • BF
    Brigitte Flachmann

    I

     

    Alles nur Taktik. Es wird vorgezogene Neuwahlen geben, und die CDU tastet sich schon mal an die große Koalition heran, denn der derzeitige Koalitionspartner ist nicht mehr zu gebrauchen. Bei Merkel u. Co tritt man nicht für Überzeugungen ein, sondern richtet sein Fähnlein nach dem Wind. Heißt so viel wie: Jegliches Handeln wird ausschließlich machtpolitischem Kalkül untergeordnet.

  • M
    Malte

    "Denn bis hinein in den eigenen Familien- oder Freundeskreis sind die Erfahrungen [...] gesickert."

     

    Das trifft das Wesen der CDU ziemlich gut, schöner Artikel.

  • V
    vic

    Wenn sich die CDU für Mindestlöhne stark macht, möchte ich bitte das Kleingedruckte lesen bevor mich das freut.

    Atomausstieg (?)

    Finanzcasino regulieren(?)

    Mindestlohn(?)

    Am Ende wollen die noch das Klima retten...

  • B
    bobinbrooks

    Hoffen wir, dass die Lohnsubventionsblase genauso platzt wie alle anderen auch.

     

    Dabei wäre es doch so einfach: 400€ Jobs nur als Zusatzeinkommen zulässig wenn eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt wird (so war das mal gedacht), Zeitarbeitsverträge max. für ein Jahr und ein Mindestlohn und schon wird alles gut.

     

    Na vielleicht nicht gut - aber besser.

  • RS
    Ralf Schmidt

    Es wird langsam teuer für das Bundessozialamt (Bundesagentur für Arbeit)und den Bundesfinanzminister, wenn auch Vollzeitarbeitnehmer als sogenannte Aufstocker auf Sozialhilfe u.ä. angewiesen sind und weite Teile der Wirtschaft nur noch gering bezahlte Jobs anbieten.

    Man kann für die Sozialversicherung und die arbeitenden Armen nur hoffen, dass die 400€-Grenze bei Mini-Jobs auf 100€ gesenkt wird, und so neue sozialversicherungspflichtige Jobs entstehen.

    Eine Anhebung der 400€-Grenze bei Mini-Jobs auf 800€ (4,61€/h) oder gar 1200€ (6,92€/h), wie von Wirtschaftsvertreter in den letzten Jahren propagiert, bedeutet den Kollaps des Sozialversicherungssystems.

    Von solchen Arbeitseinkommen kann niemand ohne Subvention des Staates leben. Und diese Subvention ist dann eine des Steuerzahlers an die Wirtschaft

  • MH
    Mario H.

    @Marina: das gleiche kann man zu deinem Kommentar schreiben - außer halbgarer Propaganda enthält auch dieser nichts...

  • M
    Marina

    Diese Kommentare der "Autorin" Eva Völpel sind ja wirklich immer zu und zu köstlich - frei erfundene Behauptungen, Fakten entweder komplett falsch, nur halb präsentiert oder spaßfrei zurechtgebogen. Mir ein Rätsel, wie man als eine so junge Frau schon so verbohrt, rückständig und propagandistisch sein. Und auch wenn wir im Internet-Zeitalter sind: Gewisse journalistische Mindestanforderungen sollte so ein Artikel schon einhalten. Das tut dieser Artikel einfach nicht - er ist einfach nur dumm und provinziell.

     

    Witzigerweise werden zu den Artikeln dieser Verfasserin ja auch nie Kommentare veröffentlich - Kritikfähigkeit offenbar null. Sehr peinlich.