Kommentar CDU-Programmstreit: Riskante Wahlhilfe für die FDP
Der CDU-Wirtschaftsflügel leistet mit seiner Kritik am Kurs der Kanzlerin Wahlhilfe für die FDP - und zwar in voller Absicht.
Ralph Bollmann ist Leiter des Parlamentsbüros der taz.
Hat Angela Merkel zu viele Kompromisse mit der SPD gemacht? Die Frage, die der CDU-Wirtschaftsflügel mit schöner Regelmäßigkeit aufwirft, ist schon im Ansatz falsch gestellt. Indem Merkel ihrer Partei den Anschein sozialer Härte zu nehmen suchte, zog sie die Konsequenz aus dem verpatzten Wahlkampf 2005. Die Koalition mit der SPD half ihr dabei, den Kursschwenk unter dem angeblichen Kompromisszwang zu bemänteln - und eine innerparteiliche Feldschlacht zu vermeiden.
Ihre Gegner vom CDU-Wirtschaftsrat drehen den Spieß jetzt herum. Sie argumentieren inhaltlich, aber mit koalitionspolitischer Absicht. Indem sie Merkels Wahlprogramm von 2005 hervorziehen und als eigene Blaupause für die aktuelle Kampagne präsentieren, leisten sie Wahlhilfe für die FDP. Und zwar in voller Absicht, auch wenn sie das treuherzig bestreiten. Enttäuschte CDU-Wähler aus dem Unternehmerlager, die sich auf dem Sprung zur FDP befinden, können sich durch die parteiinterne Kritik in ihrer Abkehr nur bestätigt fühlen.
Das Kalkül ist klar: Es gilt, Merkel aus dem kommoden Bündnis mit den Sozialdemokraten in eine wirtschaftsfreundliche Koalition mit der FDP zu zwingen. Dazu kann ein starkes FDP-Ergebnis nur nützlich sein, zumal für Parteichef Guido Westerwelle ein Lagerwechsel zu Rot-Grün mit jeder CDU-Leihstimme schwieriger wird.
Für die CDU als Partei ist die Strategie allerdings mit großen Risiken behaftet. Das Getöse des Wirtschaftsflügels könnte ebenso wie eine allzu reale Aussicht auf schwarz-gelbes Durchregieren Merkels Mitte-Wähler so sehr abschrecken, dass es am Ende genau deshalb für Schwarz-Gelb nicht reicht. Und die lagerpolitische Standfestigkeit eines gestärkten Westerwelle sollte der CDU-Wirtschaftsflügel nicht überschätzen.
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