Kommentar Bundeswehrreform: Ehre, Verantwortung, Ressourcen
Der Plan von Thomas de Maizière, überall im verkrusteten Apparat zu kürzen, ist Vorwärtsverteidigung. Ein wirkliches Konzept ist es deshalb noch lange nicht.
D ie Bundeswehrreform kommt fast zwanzig Jahre zu spät - und mindestens ein Jahr zu früh. Dieses Dilemma prägt alles, was Verteidigungsminister Thomas de Maizière am Mittwoch zum Umbau von Streitkräften und Ministerium verkündete. Sein Plan, überall im verkrusteten Apparat zu kürzen, ist Vorwärtsverteidigung. Ein wirkliches Konzept ist es noch nicht.
Viel zu spät kommt die Reform, weil die Bundeswehr bereits seit den 1990er Jahren Auslandseinsätze bestreitet. Ein militärisch leistungsfähiger Trupp von wenigen tausend Soldaten steht seither seltsam unverbunden neben einer teuren, strategisch nutzlosen Mammutbehörde.
De Maizière will die Armee nun endlich für die veränderte Welt nach dem Ende des Ost-West-Konflikts fit machen. Doch er hat große Hürden vor sich. Denn in gewisser Weise kommt die Reform auch zu früh. De Maizières forscher Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg drückte parteiintern in wenigen Monaten durch, woran selbst FDP, Grüne und Linke nicht mehr glaubten: die De-facto-Abschaffung der Wehrpflicht.
MATTHIAS LOHRE ist Parlamentsredakteur der taz.
Von dieser Überrumpelung hat sich die Union seither nicht erholt. Der charismafreie de Maizière muss nun in mühevoller Detailarbeit umsetzen, was ihm sein Amtsvorgänger an Aufgaben vor die Füße geworfen hat.
Des Ministers Beschwörung von "Ehre" und "Verantwortung" der Beteiligten soll auch verdecken, dass er zentrale Fragen der Reform unbeantwortet lässt: Welche Landkreise verlieren für sie wirtschaftlich wichtige Kasernen? Welche Unternehmen mit besten politischen Verbindungen werden künftig weniger mit Aufträgen bedacht? Werden teure, überholte Rüstungsprojekte eingestellt? Und welche Ministeriumsmitarbeiter müssen nach welchen Kriterien ihre Posten räumen?
Stattdessen begründete de Maizière die Auslandseinsätze mit Deutschlands Verantwortung in Nato, EU und UNO. Sowie mit Deutschlands "Ressourcenabhängigkeit als Hochtechnologiestandort und rohstoffarme Industrienation".
Damit gesteht der Minister ein, dass er bereit ist, Soldaten zu wirtschaftlichen Zwecken in Lebensgefahr zu bringen. Dieses Motiv ist nicht neu - es fand sich bei Guttenberg wie auch bei Exbundespräsident Köhler. Aber de Maizières Appell an "Ehre" und "Verantwortung" erscheint dadurch nicht nur übertrieben, sondern auch heuchlerisch.
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