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Kommentar BundestagszeremonieRitualisiertes Gedenken an Auschwitz

Kommentar von Christian Semler

Die diesjährige Gedenkfeier des Deutschen Bundestags zur Befreiung des KZ Auschwitz hinterließ einen zwiespältigen Eindruck. Das lag an den deutschen Veranstaltern.

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16 Kommentare

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  • TS
    Thomas Sch.

    Lieber Max,

    wo orten Sie denn hier Rechte ? Übrigens gebrauchen Sie "Rechte" im Sinne von Rechtsradikale. Rechts ist auch CDU und CSU. Sind das für Sie Gruppen, die Sie gerne beobachtet wissen wollen ? Erklären Sie sich. Ich weiß wirklich nicht, wie manche überall "Rechtsradikale" wittern. Jedenfalls machen Sie gern das, was in Diktaturen immer beliebt ist: Sie denunzieren. Sie laufen herum um wispern:"Der ist rechts, achtung, und der auch , vorsichtig rechts." Das ist (typisch deutsch) und widerlich. Schauen Sie mal: So schnell ist eine typische deutsche (rechte ?) Eigenschaft bei Ihnen selbst gelandet.

  • M
    max

    es bleibt faszinierend, wie sich die rechten hier in den taz-kommentarspalten ihre zweite heimat suchen. hier können sie sich so richtig rebellisch und widerständig fühlen, aufbegehren, mal "volkes stimme" spielen und den linken zeigen, was geistiges tieffliegertum ... äh, ... eine harke ist.

  • H
    Hannah

    @Thomas Schäfer,

    Semler will sagen, dass es wichtig wäre, (auch) von nicht verfolgten Zeitzeugen zu hören, wie sie sich verhalten oder nicht verhalten haben, will hören, dass sie denunziert, verraten, weggesehen, geschwiegen haben. Dass sie gespuckt, geschlagen, getötet haben. Dass sie missgünstig, neidisch, gierig und hinterhältig waren. Dass sie auf Eigennutz und Besitzvermehrung aus waren, ohne jegliche Skrupel. Will hören, dass sie sehr wohl wussten, was da geschah. Dass sie sahen, wie ihre Nachbarn abgeholt, schwangere Frauen dabei in den Bauch getreten, Kinder auf LKWs geschmissen wurden. Dass sie ihren niederen Instinkten Tür und Tor öffneten, dass sie ihr Gewissen verrieten, dass sie sich schuldig gemacht haben.

    @Franzi:

    Die immer wieder zu hörende, so oder ähnlich formulierte Aussage, dass fast „alle "normalen" Deutschen ohne weitreichende Kontakte glaubten, dass die Juden für die Kriegswirtschaft in Fabriken arbeiten würden und in Kasernenähnlichen Lagern wohnen. Genau wie später Kriegsgefangene“ gehört in den Bereich der Mythen (ein Buchtipp: Opa war kein Nazi von Harald Welzer).

    @ Thomas Sch.:

    Sie haben die Frage, über die es nachzudenken gilt, selbst formuliert: Was soll mir das Gedenken sagen?! Genau darum geht es.

    @Atan:

    Könnte Semler nicht gerade, weil er seine Vergangenheit kritisch reflektiert hat, die formulierten, äußerst wichtigen Fragen stellen und eine deutsche Introspektion fordern? Dies wäre somit Resultat eines Lernprozesses, der Respekt abverlangt.

  • V
    vic

    @ Winfried Kopp

     

    Weil sich "Das Volk" mehrheitlich noch immer oder schon wieder von üblen Blendern verführen lässt. Von Renditeversprechen, von Demagogen wie Koch, die wenigen ein Leben versprechen, eine Stufe über den Anderen auf Kosten dieser Anderen. Weil Deutschland wieder eine militärische Macht ist.

    Und weil ich ein ganz ungutes Gefühl bei all dem habe.

    Kann sein ich täusche mich. Ich würde mich freuen.

  • RH
    Rolf-Henning Hintze

    In der Vorzeile der Überschrift zu Christian Semlers Kommentar heißt es: Wichtige Fragen blieben offen. Dasselbe trifft auf den Kommentar selbst zu. Wenn ein israelischer Staatspräsident vor dem Bundestag spricht, dann erwarte ich ein Jahr nach den Massakern gegen die Zivilbevölkerung in Gaza, daß ein Kommentar der taz diese Verbrechen nicht ausgeblendet, sondern thematisiert. Es ist elementar, daß Deutsche die Erinnerung an die Verbrechen unserer Väter und Großväter mit Auschwitz als Kulminationspunkt nicht verdrängen, aber Israels durch nichts zu rechtfertigende jahrelange Gewalt gegenüber dem palästinensischen Volk zu übergehen, wenn hochrangige Politiker an einem Auschwitz-Jahrestag nach Berlin kommen, ist für ein Blatt wie die taz ein gravierendes Versäumnis. Sollte es nicht eine Lehre aus Auschwitz sein, gegen schwere Menschenrechtsverletzungen überall die Stimme zu erheben, gleichgültig, wo sie sich abspielen?

  • U
    UweRietmöller

    "sind wir heute auf einem moralischen Weg, der Wegsehen angesichts von Unrecht nicht mehr zulässt?"

    Das freut mich aber, dass die taz von jetzt an regelmäßig und vollständig über die Verbrechen der Schlägerkommandos der Antifa berichten wird.

    .

    Zum "offenen Geheimnis":

    Dass das KZ Auschwitz existiert wussten nur die wenigsten. Und was dort passierte noch weniger.

    In Westdeutschland wussten wohl die meisten nicht mehr als was Franzi schon geschrieben hat.

    In Ostdeutschland war das nicht ganz so. Die Deutschen in Lodz wussten sehr wohl vom Ghetto dort. Und die Leuten in Theresienstadt wussten auch vom Ghetto. Usw. usf.

    (das ist keine Wertung, sondern eine Feststellung)

  • A
    Atan

    Über Semler als KPD/AO-AKtivist und Eloge für kommunistische Völkermörder hatte ich bis zum Kommentar von "Klaus" noch nichts gewusst. Vielen Dank.

    Dass macht mir seinen Beitrag um so unverständlicher. Er kann doch versuchen, aus eigener Erfahrung zu erklären, wie ein Mensch dazu kommt, den Genozid zu verdrängen, selbst wenn er in einem demokratischen Rechtsstaat lebte und keinerlei negative Folgen für eine Verurteilung desselben zu befürchten waren.

    Um dieses biographische Detail wissend, erscheint mir seine rhetorische Frage nach der moralischen Schuld x-beliebiger Zeitgenossen des Dritten Reiches überaus heuchlerisch und den Leser irreführend.

  • TS
    Thomas Schäfer

    Auch nach mehrmaligem Lesen ist mir nicht klar, WAS der Autor mit dem Artikel erreichen wollte??

  • TS
    Thomas Sch.

    Ich bin 1961 geboren. Sogar meine 1927 geborenen Eltern waren zu jung, um aktiv am Krieg teilzunehmen. Was soll mir also das Gedenken sagen ? Was pasiert ist, weiß ich aus der Schule, dem Geschichtsbuch und den hitlergeilen Medien (Hitlers Helden, Hitlers Helfer, Hitlers Hunde....Was als nächstes: Hitlers Hämorrhoiden ?). Gefühlt ist das für mich keine andere Veranstaltung, als würde man an den dreißigjährigen Krieg erinnern oder an die napoleonischen Kriege. In spätestens zehn Jahren sind auch die letzten gestorben und dann kann man wahrscheinlich nur den gefühlt bald 120-jährigen Herrn Heesters verurteilen, weil er mal vor falschem Publikum gespielt hat. Früher fanden sich die Deutschen toll, weil sie die Besten sein wollten, heute fühlen sie sich toll, weil sie die Schlechtesten sein können. Ganz schön doof, diese Deutschen.

  • WK
    Winfried Kopp

    Hallo vic,

     

    Und wieder wird es "das Volk" sein, das nach einer starken Hand ruft. Das ist Ihre Aussage vom 28.01.10, 02:43 Uhr.

     

    Welche Hinweise gibt es z. Zt. in Deutschland, dass "das Volk" wieder nach einer starken Hand ruft?

     

    MfG

    Winfried Kopp

  • R
    Ralle

    "sind wir heute auf einem moralischen Weg, der Wegsehen angesichts von Unrecht nicht mehr zulässt?" - haha! ... Ich wünsche mir, diesen Spruch in so manchem Amtsgericht über das Richterpult zu hängen. Das wäre die wahre Verhöhnung, - und den beiden angeblichen Moli-Werfern hätte das bestimmt auch gut getan...

  • F
    Franzi

    """In den jüngsten Arbeiten deutscher Historiker wird vom Mord an den Juden als einem "offenen Geheimnis" gesprochen. Was veranlasste die große Mehrheit der Deutschen, es lieber nicht so genau wissen zu wollen, wegzuschauen oder sich sogar an den Hinterlassenschaften der Juden zu bereichern?"""

     

    Ja,ja, die Historiker...

     

    Mein Grossvater war ein sehr hoher Dienstgrad in der

    Wehrmacht. Er wusste es durch seine Beziehungen. Aber selbst seine Familie, meine Mutter, hatte keine Ahnung. Erst Jahrzehnte später wurde darüber gesprochen. Fast alle "normalen" Deutschen ohne weitreichende Kontakte glaubten, dass die Juden für die Kriegswirtschaft in Fabriken arbeiten würden und in Kasernenähnlichen Lagern wohnen. Genau wie später Kriegsgefangene.

    Das ist typisch BRD: Leuten Vorwürfe machen, die ohne objektive Quellen u. ohne Internet in einem Polizeistaat lebten.

    Selbst ist man heute mit Infos überladen u. ganz toll zivilcouragiert, aber in der S Bahn ein paar Asi-Kids entgegentreten - das ist schon zu viel verlangt.

  • V
    vic

    Ich war nicht bei den Mördern und ich war nicht bei den Helden. Ich war schlicht noch nicht geboren.

    ich kann´s nicht mehr ändern, aber ich dachte immer ich kann dafür sorgen, dass so etwas nie wieder geschieht.

    Mit Schrecken stelle ich jedoch fest, gerade in diesen Zeiten, dass ich gar nichts verhindern kann. Eine Regierung, einmal an der Macht, kann tun und lassen was sie will. Und wieder wird die Bevölkerung wegsehen und weghören.

    Und wieder wird es "das Volk" sein, das nach einer starken Hand ruft.

    Es ist immer wieder möglich, das ist Fakt.

    Gedenken ist nötig, Vorbeugen auch.

  • K
    Klaus

    Auf den den "gesicherten moralischen Weg" kann uns sicher Herr Semler führen. Das hat er vor ca. 30 Jahren schon einmal getan, damals als der die Schlächter von Pol Pot angehimmelt hat. Peinlicher gehts nicht ...

  • F
    Frank

    "Es lieber nicht so genau wissen wollen"

     

    Als Feldstude böte sich an, die Einwohner der einzigen Demokratie im Nahen Osten danach zu fragen, und was sie dagegen tun.

     

    Wie gesagt in einer Demoktratie, in der man selbst nichts zu befürchten hat.

  • WK
    Winfried Kopp

    Hallo Herr Semler,

    machen Sie doch bitte einen Vorschlag, auf welche Weise wir (Deutsche) uns um die Hinterbliebenen der Opfer der Naziherrschaft kümmern können.

    MfG

    Winfried Kopp