Kommentar Brummiproteste: Der Dieselpreis steigt - na und?
Wenn Lasterfahrer demonstrieren, behindert das mal kurz den Verkehr. Politischen Druck entfaltet es nicht, denn es gibt keine Drohkulissse. Der Markt funktioniert auch so.
500 Trucker demonstrieren gegen die hohen Spritpreise - zu Verkehrsbehinderungen kam es dabei aber kaum. Die Bundesregierung muss die Wut der Lkw-Fahrer also nicht fürchten: Zu gering ist ihr Organisationsgrad, zu gering ist auch der politische Druck, den sie durch Proteste ausüben können. Den Druck verspüren die kleinen Transportunternehmer vielmehr selbst - vor allem die vielen sogenannten Owner-Driver, deren ganzes Kapital im eigenen Laster steckt. Sie haben nur eine einzige Möglichkeit, um auf den steigenden Spritpreis zu reagieren: Sie beuten sich immer stärker selbst aus, und wenn es wirklich nicht mehr geht, werfen sie das Handtuch. Folgen hat das nicht für den bundesweiten Logistikmarkt, denn schon stehen die nächsten Kleinunternehmer bereit, die begierig darauf warten, sich eine Miniexistenz als Lkw-Fahrer aufzubauen.
Selbst steigende Spritpreise werden also den Brummiwahnsinn auf den deutschen Autobahnen nicht bremsen. Die Industrie kann problemlos an ihrer Just-in-time-Produktion festhalten, mit der sie ihre privaten Warendepots auf die öffentlichen Straßen verlagert hat. Zwar mag mancher Lkw fast leer durch die Republik fahren, um ein dringend benötigtes Produktionsteil anzuliefern, aber selbst das ist für die Firmen noch immer billiger, als sich aufwendig ein Vorratslager zu halten. Daher wird auch die Bahn kaum vom Anstieg der Dieselpreise profitieren: Sie bietet den Unternehmen nicht genug Flexibilität.
Was aber, wenn der Sprit noch teurer wird? Umweltschützer sollten sich keine Hoffnung machen: Die höheren Preise werden einfach auf die Verbraucher umgelegt, sobald die Grenzen der Selbstausbeutung bei den Lkw-Fahrern erreicht sind. Denn die Transportkosten machen sowieso nur einen winzigen Teil der Warenpreise aus - da lässt sich ein Preisanstieg verkraften. So dürften auch die Verbraucher denken, von denen daher ebenfalls nicht zu erwarten ist, dass sie eine verkehrspolitische Wende herbeiführen. Wer mehr Ökologie will, braucht auf den Markt nicht zu hoffen.
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