Kommentar Börsen-Fusion: Fusion der Machtlosen
In Ludwigsburg findet die weltgrößte Kürbisausstellung statt. Trotzdem ist Deutschland nicht der weltgrößte Kürbismarkt. Ähnlich geht es bei den Finanzprodukten zu.
M ega-Fusion: Das klingt nach Marktbeherrschung und allgewaltiger Kontrolle. Doch auf den Finanzmärkten ereignet sich das Gegenteil. Die permanenten Börsen-Fusionen sind ein Zeichen der Schwäche – obwohl es zunächst eindrucksvoll klingt, dass durch den Zusammenschluss der New Yorker NYSE und der Deutschen Börse die weltweit größte Handelsplattform für Aktien und Derivate entstehen würde. Aber Superlative können täuschen.
Zum Beispiel findet im schwäbischen Ludwigsburg die weltgrößte Kürbisausstellung statt. Trotzdem ist Deutschland nicht der weltgrößte Kürbismarkt. Ähnlich geht es bei den Finanzprodukten zu: Selbst weltgrößte Börsen haben nur noch beschränkten Zugang zum Handelsgeschehen.
Der Grund: Die Banken, Fonds und Versicherungen handeln lieber direkt miteinander, statt noch eine Börse dazwischenzuschalten. Das spart erstens Gebühren – und ist zweitens erfreulich intransparent. Abseits der Börsen lassen sich selbst große Aktienpakete verschieben, ohne dass dies die Kurse beeinflusst. Das Schauerwort für diese Handelsformen heißt "Dark Trading".
ULRIKE HERRMANN ist wirtschaftspolitusche Korrespondentin der taz.
Dieses Dark Trading expandiert, obwohl es eigentlich schrumpfen sollte. Denn zu den wichtigsten Lehren der Finanzkrise gehörte, dass jedes Geschäft transparent über eine Börse abzuwickeln ist. Doch stattdessen nimmt der bilaterale Handel zwischen großen Instituten sogar zu.
Die Regulierung hat also versagt – was wiederum eine Folge der Finanzkrise ist. Denn sie hat die Konzentration bei den Banken und Fonds weiter befördert. Manche Institute mussten ganz schließen, andere wurden übernommen. Jetzt beherrschen wenige "Global Player" die Finanzmärkte. Transparenz stört da nur.
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