Kommentar Blockupy: Alles fließt
Der Bündnisprozess rund um die Blockupy-Proteste in Frankfurt ist ein Testlabor für eine links orientierte Graswurzelpolitik.
K ennen Sie die Postautonomen? Das sind die, die sich als linksradikal bezeichnen, immer von Prozessen und Interventionen reden – und bei denen das meiste eine Strömung ist und das Herrschende eine Hegemonie.
Die Postautonomen sind oft freundliche Menschen, und das Sympathische an ihnen ist: Sie wollen die Gesellschaft verändern. Ein bisschen radikal, aber nicht aufs Maul. Wenn im März in Frankfurt das Blockupy-Bündnis zu seinen Großprotesten auf die Straßen ruft, schlägt die Stunde der Postautonomen. Vor allem aber schlägt denen dann: die Stunde der Wahrheit.
Der Bündnisprozess rund um die Blockupy-Proteste in Frankfurt ist in erster Linie ein Testlabor für eine entscheidende europäische Zukunftsfrage: Kann es gelingen, eine links orientierte Graswurzelpolitik als grenzüberschreitendes europäisches Basisprojekt zu etablieren?
Daran arbeitet das Bündnis seit nunmehr drei Jahren. Dass gerade das postautonome Spektrum hier eine Rolle spielt, liegt nahe. Erstens sind sie Profis in Sachen verschwimmender Grenzen. Zweitens sind den verhältnismäßig undogmatischen, pragmatisch organisierten Linksradikalen einige Erfolge zuzuschreiben, wenn es um massenhaften zivilen Ungehorsam wie die Naziblockaden von Dresden ging.
Derzeit hat das Spektrum viel mit sich selbst zu tun. Einige Gruppen haben sich aufgelöst, andere sich neu zusammengeschlossen. Bei der Selbstfindung geht es auch um die Frage, wie viel Radikalität, wie viel Anschlussfähigkeit gegeben sein muss.
Die Zahl der Blockupy-Demonstranten in Frankfurt wird deshalb nicht nur Schlüsse über die Unzufriedenheit der Menschen mit der europäischen Sparpolitik zulassen, sondern auch zur Frage: Wie flüssig sind Europas Linke? Und: Was haben die Postautonomen richtig gemacht – oder falsch?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“