Kommentar Birma: Sinn für das Mögliche
Eine humanitäre Intervention der UN in Birma kommt nicht in Frage. Die von Ban Ki Moon verkündeten Maßnahmen sind der einzige Weg, die Lage der Bevölkerung zu verbessern.
Andreas Zumach (52) ist Uno-Korrespondent der taz mit Sitz in Genf.
Die Situation in Burma ist weiterhin dramatisch und wird sich in den nächsten Tagen möglicherweise sogar noch verschärfen. Dennoch behindert die Militärregierung in Rangun weiterhin die dringend benötigte Überlebenshilfe aus dem Ausland. Da können die Ergebnisse der UNO-Krisensitzung in New York nur als völlig unzureichend erscheinen. Zumindest auf den ersten Blick.
Tatsächlich aber sind die von Generalsekretär Ban Ki Moon verkündeten Maßnahmen nicht nur die realpolitisch einzig verfügbare Option für die Weltorganisation. Sie sind auch der einzige Weg, der - vielleicht - dazu beitragen kann, die Lage der notleidenden Bevölkerung zu verbessern. Paris hat die Idee ins Spiel gebracht, humanitäre Hilfe für die Birmesen zwangsweise, notfalls gar mit militärischen Mitteln durchzusetzen. Eine Resolution des Sicherheitsrates sollte sich dafür erstmals auf dessen "Verantwortung zum Schutz" bedrohter Bevölkerungen berufen. Doch für so einen Beschluss gäbe es im 15-köpfigen Sicherheitsrat nicht die erforderliche Mehrheit - ganz abgesehen von Chinas eventuellem Veto -, und auch in der Generalversammlung findet sich nur wenig Unterstützung.
Ohnehin sind sich die meisten Praktiker der humanitären Hilfe in der UNO wie bei den Nichtregierungsorganisationen einig, dass der Versuch, humanitäre Hilfe für ein Land gegen den Willen seiner Regierung sowie möglicherweise gar den militärischen Widerstand seiner Streitkräfte durchzusetzen, nur scheitern kann. Mehr Erfolg verspricht der Versuch, Birmas Nachbarstaaten aus der Asean stärker in die humanitären und diplomatischen Bemühungen einzubinden sowie die Hilfsorganisationen, die sich bereits vor Ort in Birma befindlichen Hilfsorganisationen, noch mehr zu unterstützen.
Erste Priorität muss jetzt sein, in den nächsten Wochen möglichst viele Menschen in Birma vor dem drohenden Tod zu retten. Alle Versuche, vor allem aus westlichen Hauptstädten, Birmas ungeliebte Militärregierung durch verstärkten Druck und Sanktionsdrohungen zum Umlenken zu bewegen, sind kontraproduktiv.
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