Kommentar Bioputen-Skandal: Die Fehler der Biobranche

Es ist unklug, den Öko-Betrug des Bioputenbarons Franzsander als Einzelfall herunterzuspielen - denn darunter leidet die Glaubwürdigkeit der Ökobewegung.

Im Fall des Bioputenbarons Franzsander, der sein Geflügel fälschlich zu "Öko-Fleisch" etikettiert hat, reagiert die Branche wie andere Wirtschaftszweige in vergleichbaren Krisen auch. Nur ein Einzelfall! Es wurde doch niemand vergiftet! Doch klug ist es nicht, den Betrug beim Bioessen kleinzukochen. Denn darunter leidet die Glaubwürdigkeit der Ökobewegung.

Je größer das Biogeschäft wird, desto verführerischer scheint es, den Bioaufschlag einzustecken, ohne Tiere und Umwelt zu schonen. So wird der eigene Erfolg für die Biobranche zum Problem. Noch nie war sie ihrem Ziel - Bioessen für alle - so nahe wie heute. Kein Supermarkt und kein Discounter mehr ohne Ökoregal. Nur: Die Firmen, die in den vergangenen Jahren eingestiegen sind, kennen alle Kniffe der Marktwirtschaft - undurchschaubare Firmengeflechte und Profitgier inklusive. Das lukrative Biogeschäft wird so unübersichtlich konventionell.

Sicher, das Öko-Prüfsystem ist noch immer strikter als das konventionelle. Aber wer den Biobetrug ernsthaft verhindern will, muss jetzt handeln. Erstens: Auf alle Biohöfe mehr Kontrolleure schicken - ohne Anmeldung. Bisher sagen die Öko-Wächter ihren meist jährlichen Besuch an. Zweitens: Kumpanei ausschließen. Bioland hält zum Beispiel die Aktien an der Öko-Kontrollfirma Abcert - und die prüft die meisten Biolandbetriebe. Das mag seine Richtigkeit haben, hört sich für Verbraucher aber komisch an. Zumal: Biobauern, denen ein Prüfergebnis nicht passt, können einfach zu einer anderen Kontrollstelle wechseln. Warum sollte es ein Tester darauf anlegen, seinen Auftrag zu verlieren? Drittens: Namen von Betrügern müssen sofort öffentlich gemacht werden. Und nicht erst, wenn jemand nachfragt. Das schreckt ab, denn jedes Unternehmen fürchtet um sein Image.

Mehr Kontrollen kosten mehr Geld? Das stimmt. Aber das Kapital der Ökobranche ist das Vertrauen ihrer Kunden. Deren Bioappetit könnte schnell vergehen, wenn sich die Sauereien häufen. Notorische Nörgler dagegen sehen sich bestätigt: Bio ist doch nur Schwindel, haben wir immer gewusst.

Noch halten sich die Branchenskandale in Grenzen. Das aber muss so bleiben. Nach dem Motto: Bio? Aber sicher!

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War von 2002 bis 2013 in der taz, leitete dort zuletzt das Inlandsressort. Jetzt gehört sie zum Büro die-korrespondenten.de im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin. Sie schreibt vor allem über Umwelt-, Verbraucher- und Wirtschaftspolitik.

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