piwik no script img

Kommentar BiodiscounterRaus aus der Nische!

Kommentar von Hanna Gersmann

Zwar ist der Deal von Basic mit Lidl geplatzt. Das heißt aber nicht, dass die Biobranche nicht weiter expandieren müsste.

Bild: taz

HANNA GERSMANN ist Umweltexpertin der taz.

Wie schön, nun ist alles wieder öko: Der Discounter Lidl ist bei der Biosupermarktkette Basic ausgestiegen. Die Ökobranche bleibt unter sich. Freunde des Biogemüses sollen sich aber nicht zu früh freuen. Der Fall verdeutlicht zu sehr das Dilemma der Branche: Sie bleibt fein, aber klein.

Natürlich war es falsch, sich ausgerechnet Lidl als Partner auszusuchen. Der Name steht für belastetes Gemüse, Knebelverträge für Produzenten und miserable Bezahlung der Mitarbeiter. Das hat mit der Ökoidee, fair, sozial und hochwertig zu sein, nichts zu tun. Und natürlich ist der Rückzug ein beeindruckender Erfolg der Verbraucher. Sie haben dafür gesorgt, dass die Umsätze in etlichen Basic-Geschäften eingebrochen sind. Seit dem Tankstellenboykott, der die geplante Versenkung der Shell-Ölplattform Brent Spar verhindert hat, haben Kunden ihre Macht nicht mehr so bewusst wahrgenommen.

Aber es ist naiv zu glauben, Ökos dürften nur mit Eingeweihten paktieren und würden keine fremden Geldgeber brauchen. Wer das will, nimmt in Kauf, dass Bio weiter vor sich hin dümpelt, Ökoäcker allenfalls 5 Prozent der Landwirtschaft ausmachen und der Lebensmittelmarkt zu 97 Prozent eines bleibt: konventionell.

Es ist bedauerlich, dass Basic nun höchstens 10 Filialen im Jahr eröffnen kann - statt 50, wie es mit Lidl geplant war. Da Kapital fehlt, boomt Bio weiterhin nur in der Nische. Für mehr Werbung, für bessere Logistik, neue Ladenkonzepte fehlt frisches Geld. Banker haben zwar längst umweltfreundliche Solarfirmen und Windkraftmüller als Rendite-Objekt entdeckt. Den Bioläden geben bislang aber nur wenige einen Kredit.

Das wäre nur halb so schlimm, wenn die Regierung es vermochte, die konventionellen Landwirte zumindest zu "Ökos light" zu machen. Etwas weniger Chemie auf dem Acker, etwas mehr Platz für Sauen im Stall, etwas mehr Natur auf allen Höfen, das würde schon einiges bringen. Es muss nicht gleich Öko pur sein. Doch der CSU-Agrarminister Horst Seehofer legt sich nicht an mit der konventionellen Agrarlobby. Er verharrt in freundschaftlicher Ruhe. Und seine grüne Vorgängerin hat sich zu sehr nur auf "Öko ohne Kompromisse" konzentriert. Sie versäumte es, das Gros der Bauern zu verpflichten, etwa mit weniger Ackergiften zu hantieren - wenn sie schon nicht ohne auskommen wollen.

Wer die Ökologisierung der gesamten Landwirtschaft möchte, muss vorerst Kompromisse machen. Im Klartext: Für mehr Masse darf es derzeit auch mal etwas weniger Klasse sein. Seriöse Geldgeber sind ab sofort gesucht. Mit Öko müssen sie noch nichts zu tun haben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

taz-Autorin
War von 2002 bis 2013 in der taz, leitete dort zuletzt das Inlandsressort. Jetzt gehört sie zum Büro die-korrespondenten.de im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin. Sie schreibt vor allem über Umwelt-, Verbraucher- und Wirtschaftspolitik.
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • A
    Anonymus

    Auch ich muss mich in der inhaltlichen Bewertung des Kommentars den beiden Vorrednern anschließen. Ich habe selbst einige Zeit bei einem dieser Biodiscounter gearbeitet. In jener Zeit habe ich gelernt (was ich vorher schon ahnte), dass der Ökologiegedanke, wie er in den achtzigern und siebziger Jahren (und auch schon davor, Bruker z.B.) entwickelt wurde und Ausbreitung fand, mit der Idee des Discounts absolut unvereinbar ist. Irgendwie tut es mir leid für die Leute, die scharenweise in die "Bio"discounter rennen und die Verkäufer treuherzig duzen oder ihnen für ihr Tun danken. Die Verkäufer da haben mit Bio nichts am Hut - wo die wohl einkaufen? Das "Bio" stellt in diesen Discountern nur den Mummenschanz für eine eiskalte, lediglich gewinnorientierte Kalkulation dar. Das ganze Drumherum ist nur Gewäsch. Darauf könnte man jetzt sagen, so gehört es sich doch auch, kaufmännische Prinzipien müssen auch im Biosektor Anwendung finden. Aber stimmt das denn? Wenn es dazu führt, dass die Kartoffeln aus Ägypten kommen, die Milchprodukte samt und sonders aus Bayern nach Norddeutschland gekarrt werden, ganz zu schweigen von Äpfeln, die eine komplette Weltreise hinter sich haben!? Wenn es dazu führt, dass Mitarbeiter am Samstag für gerade mal 6 Euro brutto die Stunde arbeiten? Wenn nicht verkaufte Lebensmittel, vor Allem Obst, schlicht und ergreifend weggeworfen werden (und das in rauen Mengen!), statt sie an Armenküchen zu verschenken? Ich meine mich erinnern zu können, dass Ökologie als ganzheitlicher Ansatz gedacht war und nicht nur als verkaufsfördernde Masche. Je mehr Discount im Biosektor, desto weniger Ökologie darin. Man muss sich ganz entschieden dagegen aussprechen, das Angebot an Bioprodukten auf Teufel komm raus zu vergrößern. Man braucht nicht wenige große Bio-Superstores, sondern viele kleine Läden, auch wenn sich das wirtschaftlich naiv anhört. Aber so war es einmal: die sogenannte Öko-Bewegung hatte auch einen politischen Aspekt. Gegen Ausbeutung, gegen Kapitalisierung, für Selbstbeschränkung und für Umweltschutz. Wer denkt denn schon noch an Selbstbeschränkung? Sakrileg! Hirnriss! Umweltschutz um ihrer selbst Willen? Heutzutage kann die Umwelt nur geschützt werden, wenn es sich wirtschaftlich rentiert. Bio muss billig sein! Das ist durch und durch krank: das Leben muss billig sein - wer billig will, kriegt billig.

  • M
    matthias..

    Trugschluss! Woher das Wissen, dass, wenn Bio-Supermärkte expandieren, mehr umgestellt wird?

    Im Gegenteil ist es heute so, dass die einheimischen Bäuerinnen und Bauern enorme Probleme durch den Boom kriegen, da die Hypers nur einheitliche Ware von wenigen Anbietern wollen.

    Da ist kein Interesse, die "klein"mengen von hießigen Höfen einzusammeln, sich mit unterschiedlichem Charakter der Produkte anzufreunden geschweige denn Preise zu zahlen, die über dem hießigen konventionellen Standard liegen.

    Billiger kommen Großmengen aus Osteuropa, Asien, Lateinamerika oder bei Gemüse noch dem Mediterran-Raum. Gerade Basic und manch andere Kette hat gezeigt, wie ignorant man mit dem einheimischen Markt umzugehen weiß. Daher ist es nicht schade, wenn nur ein fünftel der Filialen eröffnet werden - schließlich bleiben dann auch etliche "echte" Biomärkte lebensfähig. Man möge es ihnen gönnen.

    In der inhaltlichen Bewertung schließe ich mich meinem Vorredner an. Man schreibe, über was man was verstehe, yuppies.

  • WN
    w. Nißing

    Guten Morgen,

    selten so einen dummen Kommentar gelesen, der hinter allen erfahrungen der letzten jahre zurück fällt.

    "BIOlight" finde ich an jeder ecke . auf jedem wochenmarkt, (was ja nicht zwangsläufig heißen muß das die ware schlecht ist) werden diese waren angeboten.

    apropos geld: Davon ist genug da, es fehlen allenfalls modelle der umsetzung, bzw der wille in solchen Firmen zu investieren( siehe Taz-Genosenschaft)

    Hochverärgert