Kommentar Bewaffnung der Kurden: Was Deutschland tun kann
Die deutsche Debatte über Waffenlieferungen an irakische Kurden speist sich aus opportunistischen Reflexen. Andere Maßnahmen wären wichtiger.
D ass die USA jetzt die Kurden im Nordirak mit Waffenlieferungen den Rücken stärken, ist nur folgerichtig. Schließlich sind sie in dem Bürgerkrieg im Irak schon lange Partei; außerdem hat auch die Zentralregierung in Bagdad darum gebeten. Ebenso richtig ist es aber, dass Deutschland sich nicht an solchen Waffenlieferungen beteiligt, sondern vor allem auf humanitäre Hilfe beschränkt. Denn das hat gute Tradition, und da gibt es wahrlich genug zu tun.
Ein wenig unheimlich ist es deshalb, wie sich deutsche Politiker von CSU bis Linkspartei jetzt in ihrem Einsatz für die Kurden im Nordirak zu übertrumpfen versuchen und dabei auch deutsche Waffenlieferungen nicht ausschließen, obwohl das eindeutig den deutschen Exportrichtlinien widerspricht. Es wirkt wie eine Kompensation.
Denn die meisten, die jetzt so schrill vor einem drohenden Völkermord an Jesiden warnen, waren noch vor ein paar Wochen während des israelischen Bombardements des Gazastreifens auffällig still, und sie haben auch dem jahrelangen Schlachten in Syrien die meiste Zeit tatenlos zugesehen – jedenfalls so lange, bis die Milizen des „Islamische Staats“ mit ihrem Vormarsch das Vakuum gefüllt haben und nun auch im Irak Angst und Schrecken verbreiten.
Eine kohärente Außenpolitik für den Nahen Osten, die dem Anspruch und der Verantwortung Deutschlands gerecht wird, sähe anders aus. Nein, man muss deshalb nicht gleich für eine Bewaffnung der Palästinenser oder der „Freien Syrischen Armee“ eintreten oder für die Androhung von Sanktionen gegen Israel.
Aber ein paar klare Worte zur rechten Zeit, mehr diplomatisches Engagement für politische Lösungen und ein konsequenter Einsatz für die Menschenrechte, egal von wem sie bedroht werden, würde schon helfen. Jedenfalls mehr als opportunistische Reflexe wie jetzt.
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