Kommentar Betreuungsgeld: Vorsätzlich unmoderne Herdprämie
In Schweden ist niemand mehr für ein Betreuungsgeld. Da wirkt es seltsam, dass die Bayern diesen Fehler so unbedingt wiederholen wollen.
W ie seltsam, dass die CSU das Betreuungsgeld einführen will. Denn in Schweden wird die „Herdprämie“ seit vier Jahren gewährt – und hat sich als Flop erwiesen.
Genau wie in Deutschland waren es auch in Schweden die Christdemokraten (KD), die das Betreuungsgeld vorangetrieben haben. Doch von den Wählern wurden sie dafür nicht belohnt: In den Umfragen verlieren die Christdemokraten, die eine der vier Regierungsparteien sind, deutlich.
Es war sowieso ein Rätsel, warum die schwedischen Christdemokraten so sehr darauf bestanden haben, die Leistung einzuführen. Denn die Kinderbetreuung ist in Schweden sehr gut ausgebaut, und das Elterngeld wird für 16 Monate gewährt.
nimmt am Internationalen Journalistenprogramm teil. Bis Anfang Juni arbeitet die Schwedin in der taz.
Wie die CSU wurden auch die schwedischen Christdemokraten von ihrer Parteiideologie getrieben. Man wollte sich als „Familienpartei“ profilieren, die den Müttern endlich die Möglichkeit eröffnete, zwischen ihrer Arbeit und einer heimischen Kinderbetreuung zu wählen. Faktisch jedoch bestand diese „Wahlfreiheit“ nie, weil das Betreuungsgeld zu niedrig angesetzt war.
Bei den Wählern blieb nur der Eindruck zurück, dass die Partei vorsätzlich unmodern sein will. Die katastrophalen Umfragewerte dürften erklären, warum die schwedischen Christdemokraten neuerdings einen Kursschwenk vollziehen. Als die KD im Februar ihr neues Familienprogramm vorstellte, wurde das Betreuungsgeld nicht mehr erwähnt. Stattdessen soll es unter anderem Steuererleichterungen für Eltern geben, die ihre Kinder zu Hause betreuen.
In Schweden ist also niemand mehr für ein Betreuungsgeld. Da wirkt es seltsam, dass die Bayern diesen Fehler so unbedingt wiederholen wollen. Aber die Geschichte dürfte sich wiederholen: Auch die CSU wird in den Umfragen verlieren – und sich bald nicht mehr erinnern können, dass sie das Betreuungsgeld wollte.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator