Kommentar Berliner Flughafen: Die Heimwerker von Berlin
Die Berliner Flughafenpleite zeigt, wie schwierig die pünktliche Fertigstellung von Großprojekten ist. Von angemessener Bürgerbeteiligung ganz zu schweigen.
G ut Ding will Weile haben, weiß der Volksmund. Gutmütige Menschen könnten sagen: Egal, ob der Berliner Großflughafen ein Jahr früher oder später in Betrieb geht, Hauptsache ist, er funktioniert dann die nächsten Jahrzehnte hervorragend.
Das Problem: Für Gelassenheit gibt es keinen Grund; dafür haben die Verantwortlichen die Betroffenen – Passagiere, Fluggesellschaften, Einzelhändler, Nahverkehrsunternehmen – viel zu lange in gutem Glauben an eine pünktliche Eröffnung im Juni gelassen. Nun ist sogar der Eröffnungstermin im Herbst passé; es soll, so wenigstens der Plan, erst etwas im nächsten Frühling werden – eine weitere Pointe in einem schlechten Witz.
Denn natürlich blamieren sich die Eigentümer des Flughafens, also Berlin, Brandenburg und der Bund. Und Deutschland, das so viel Wert auf Zuverlässigkeit und Präzision legt, lädt weltweit ein zu Spott. Aber die Terminpleite zeigt auch, wie schwierig die pünktliche Fertigstellung von Großprojekten ist, von angemessener Bürgerbeteiligung ganz zu schweigen.
ist Reakteur im Ressort Ökologie und Wirtschaft der taz.
Jeder Heimwerker kennt das: Das Wochenende, das zur Renovierung des Zimmers geplant war, reicht nicht, weil immer etwas schiefgeht. Warum soll das bei Großprojekten anders sein? Weil Profis am Werk sind? Nun, gerade Profis stehen unter riesigem Druck: Sie haben Zeitvorgaben, die oft kaum einzuhalten sind. Aber warum gibt es solche Vorgaben?
Ganz einfach: Zeit ist Geld. Je länger an einem Bauwerk herumgefrickelt wird, umso teurer wird es – und umso später kann der Eigentümer damit Geld verdienen. Deswegen waren die öffentlichen Auftraggeber gezwungen, den Baufirmen ambitionierte Vorgaben zu machen. Aber ambitioniert darf nicht unrealistisch sein – denn auch die Terminpleite ist teuer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist