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Kommentar BenzinpreisErhöhte Aktivität

Reiner Metzger
Kommentar von Reiner Metzger

Rekordpreise beim Benzin bedeuten Rekordhöhen bei der Politikeraktivität. In einer modernen Energiegesellschaft wäre diese Abzocke weitgehend beendet.

R ekordpreise beim Benzin bedeuten immer auch Rekordhöhen bei der Politikeraktivität. Dann wird plötzlich gegen die Abzocker von den Ölkonzernen gewettert, wo man sonst Wachstum und Profit unserer Wirtschaft eifrig preist. Und es stimmt ja auch, Autofahrer werden weltweit systematisch abgezockt. Das beweisen schon die mehrere hundert Milliarden Euro Profit, die im Erdölsektor jährlich anfallen. Doch sind die Spritpreise wirklich zu hoch?

Offensichtlich nicht, zumindest wenn man es langfristig betrachtet: Der Verbrauch steigt trotz aller Preissteigerungen. Obwohl wir und der Rest der Welt wissen, dass er sinken müsste, wenn wir die Welt, wie wir sie kennen, erhalten wollen.

Der Energie- und Naturverbrauch wächst und wächst, die Schmerzgrenzen für eine substanzielle Änderung unserer Ideologie des Konsums sind nirgendwo erreicht. Die grüne Partei oder auch die deutsche Wirtschaft haben das erkannt. Man nimmt eine Öko-Produktlinie ins Portfolio auf, und gut ist’s. Ein bisschen erneuerbare Energie hier, ein bisschen Produktrecycling da – wer fundamental mehr von seinen Wählern oder Kunden will, wird abgestraft.

Bild: taz
Reiner Metzger

ist stellvertretender Chefredakteur der taz.

Dass die Diskussion um den Ölpreis erst ab etwa 5 Euro den Liter interessant wird, will keiner hören. Soll man sich als umweltbewusster Mensch deshalb von der Müllklippe stürzen? Besser nicht, es wird bestimmt ein schöner Frühling. Und immerhin gibt es eine positive Rückkopplung: Je mehr Öko, desto mehr spart man bei hohen Energiepreisen.

Ansonsten sollten alle hoffen, dass die Spritpreise nicht in den auch schon erlebten Ölpreisschocks sprunghaft nach oben schießen, sondern langsam steigen. Dann passen sich Wirtschaft und Gesellschaft an, ohne daran zu zerbrechen. Hier müsste die Politik unterstützen, versagt aber auf breiter Front. Schade. Denn in einer modernen Energiegesellschaft wäre auch die Abzocke mit den Ölpreisen weitgehend beendet.

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Reiner Metzger
Leiter Wochenendtaz
Reiner Metzger, geboren 1964, leitet taz am Wochenende zusammen mit Felix Zimmermann. In den Bereichen Politik, Gesellschaft und Sachkunde werden die Themen der vergangenen Woche analysiert und die Themen der kommenden Woche für die Leser idealerweise so vorbereitet, dass sie schon mal wissen, was an Wichtigem auf sie zukommt. Oder einfach Liebens-, Hassens- und Bedenkenswertes gedruckt. Von 2004 bis 2014 war er in der taz-Chefredaktion.
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4 Kommentare

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  • W
    Wolf

    Die gesamte Verstaatlichung aller Schlüsselindustrieen ist längst überfällig.

     

    Alles andere ist doch eh nur kalter Kaffee.

     

    Mein nächstes Auto wird ein Elektrofahrzeug sein, damit ich mich von den dreckigen Abzockern i.d. Mineralölindustrie weitgehend unabhängig mache !

  • W
    Wolf

    Um spätere Kriege gegen geldgeile Ölmullas zu vermeiden muss weltweit ein Export von Technologie, etc. gegen die OPEC-Länder sofort kommen.

     

    Und hier muss die Mineralölindustrie, wie alle weiteren Schlüsselindustrieen, sofort verstaatlicht werden.

    Da der Staat keine Gewinne machen darf, kämen höchste Gewinne dem Verbraucher zugute und tanken u.a. würde nicht nach den Nebenkosten zur Miete zum größten Kostenfaktor u.a. für Berufstätige mehr sein.

     

    Das was Politschwätzer, Kartellamt, ADAC, etc. machen ist doch eh nur kalter Kaffee und bringt weitere Gewinne für die dreckigen Abzocker an und um die Zapfsäule.

  • S
    Schnurzel

    Ein Ölpreisschock wäre besser für die Welt. Denn dann würden Hersteller und Konsumenten über Energieverbräuche nachdenken - ein allmählicher Anstieg velagert die Geldausgaben schleichend von Bildung beispielsweise in den Spritschlucker - egal ob Auto oder Heizung oder oder.

    Der letzte Ölpreisschock war doch auch eher positiv.

  • H
    Helga

    Das sehe ich ähnlich - wenn unsere Gesellschaft endlich einsehen würde, dass die Energiewende nicht nur ein Gebot der ökologischen, sondern auch der ökonomischen Vernunft ist, ginge es uns allen besser. Aber stattdessen setzten wir mit Öl und Kohle auf Technologien aus dem 19. Jahrhundert, tun mit der sinnfreien Solar- und Windenergie so, als wollten wir ernsthaft was ändern, und fahren dann doch brav weiter Auto - und da Autos nun mal Öl/Benzin brauchen und die Nachfrage so hoch ist, steigt nun mal der Preis, da kann der Staat anordnen, was er will, das kratzt völlig zu recht keine Sau. Hätte man hier schon frühzeitig einzig und allein auf die Atomkraft gesetzt, hätte man diese Probleme jetzt nicht - da man das aber nicht getan hat und im Gegensatz zu bspw. Polen und Tschechien die Energiewende im deutsch-nationalen Muff völlig verpennt hat, zahlen wir jetzt eben. Und es soll bitte keiner von den Linken sagen, daran sei er unschuldig, denn gerade die Linken sind ja aus ideologische, faschistischen Gründen gegen die Atomkraft - dann sollen die auch die hohen Spritpreise zahlen.