Kommentar Benzinpreis: Erhöhte Aktivität

Rekordpreise beim Benzin bedeuten Rekordhöhen bei der Politikeraktivität. In einer modernen Energiegesellschaft wäre diese Abzocke weitgehend beendet.

Rekordpreise beim Benzin bedeuten immer auch Rekordhöhen bei der Politikeraktivität. Dann wird plötzlich gegen die Abzocker von den Ölkonzernen gewettert, wo man sonst Wachstum und Profit unserer Wirtschaft eifrig preist. Und es stimmt ja auch, Autofahrer werden weltweit systematisch abgezockt. Das beweisen schon die mehrere hundert Milliarden Euro Profit, die im Erdölsektor jährlich anfallen. Doch sind die Spritpreise wirklich zu hoch?

Offensichtlich nicht, zumindest wenn man es langfristig betrachtet: Der Verbrauch steigt trotz aller Preissteigerungen. Obwohl wir und der Rest der Welt wissen, dass er sinken müsste, wenn wir die Welt, wie wir sie kennen, erhalten wollen.

Der Energie- und Naturverbrauch wächst und wächst, die Schmerzgrenzen für eine substanzielle Änderung unserer Ideologie des Konsums sind nirgendwo erreicht. Die grüne Partei oder auch die deutsche Wirtschaft haben das erkannt. Man nimmt eine Öko-Produktlinie ins Portfolio auf, und gut ist’s. Ein bisschen erneuerbare Energie hier, ein bisschen Produktrecycling da – wer fundamental mehr von seinen Wählern oder Kunden will, wird abgestraft.

Dass die Diskussion um den Ölpreis erst ab etwa 5 Euro den Liter interessant wird, will keiner hören. Soll man sich als umweltbewusster Mensch deshalb von der Müllklippe stürzen? Besser nicht, es wird bestimmt ein schöner Frühling. Und immerhin gibt es eine positive Rückkopplung: Je mehr Öko, desto mehr spart man bei hohen Energiepreisen.

Ansonsten sollten alle hoffen, dass die Spritpreise nicht in den auch schon erlebten Ölpreisschocks sprunghaft nach oben schießen, sondern langsam steigen. Dann passen sich Wirtschaft und Gesellschaft an, ohne daran zu zerbrechen. Hier müsste die Politik unterstützen, versagt aber auf breiter Front. Schade. Denn in einer modernen Energiegesellschaft wäre auch die Abzocke mit den Ölpreisen weitgehend beendet.

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Reiner Metzger, geboren 1964, leitet taz am Wochenende zusammen mit Felix Zimmermann. In den Bereichen Politik, Gesellschaft und Sachkunde werden die Themen der vergangenen Woche analysiert und die Themen der kommenden Woche für die Leser idealerweise so vorbereitet, dass sie schon mal wissen, was an Wichtigem auf sie zukommt. Oder einfach Liebens-, Hassens- und Bedenkenswertes gedruckt. Von 2004 bis 2014 war er in der taz-Chefredaktion.

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