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Kommentar BayernwahlSieg durch Anpassung

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Bayerische Politfolklore: Es darf auch ein bisschen schräger und ruppiger sein. Horst Seehofer ist bei den bayerischen Wählern sehr gut angekommen.

Da bin ich aber immer noch. Bild: dpa

D er Mann wirkt seltsam, jedenfalls auf Leute, die nicht aus Bayern kommen. Horst Seehofer hat sich als eine Art Wiedergänger von Franz Josef Strauß inszeniert, trickreich und prinzipienlos, unzuverlässig und egomanisch. Er erfüllt die bayerische Politfolklore, dass man als CSU-Politiker etwas mehr darf als andere, dass man schräger, ruppiger, auch ein bisschen mafiotischer sein darf als der Durchschnitt.

Im Wahlkampf bekundete Seehofer, dass Bayern die Pforte zum Paradies sei. In Düsseldorf, Erfurt oder Berlin würde sich jeder Politiker mit solchen Scherzen der Lächerlichkeit preisgeben. In Bayern wird er mit absoluter Mehrheit gewählt.

Ist das der Grund für die furchterregende Rückkehr der CSU zu ihrer angestammten Rolle als Staatspartei? Eher nicht. Habituell ist Seehofer der joviale Macho, der natürlich auch ganz schnell ungemütlich wird, falls ihm jemand widerspricht.

Aber im Kern ist das Erfolgsrezept der CSU ein anderes. Es ist gerade nicht die Rückkehr zu der ideologisch hochgerüsteten Lagerpartei der 80er Jahre. Die Parole „Pkw-Maut für Ausländer“ sollte zwar das bekannte „Wir gegen die“ Gefühl bedienen. Aber das war eher ein Zitat, um zu verhüllen, auf was Seehofer & Co in Wirklichkeit gesetzt haben.

Im Kern hat die CSU nach dem gefühlten Wahldesaster 2008 auf Sieg durch Anpassung gesetzt. Ob beim Donau-Ausbau oder den Studiengebühren, dem Abschied von der Atomkraft oder der Wehrpflicht - Seehofer stand politisch immer in der Nähe jeder Meinungsumfrage. Die einst grimmig gegen die grüne Spinner verteidigte Modernisierungsstrategie oder zum die Grundwert veredelte Wehrpflicht wurde stillschweigend fallen gelassen.

Kantig und herrisch

Diese an Beliebigkeit grenzende Geschmeidigkeit war die Botschaft, dass der König, anders als vor 2008, auf seine Untertanen hört. Das kantige, herrische Image von Seehofer ist insofern Maskerade: Die CSU ist eine rundgeschliffene Partei geworden. Seehofer imitiert im Grunde die Meisterin des Konsens, Angela Merkel.

Weil die CSU fast alle kontroversen Themen abräumte, war die Opposition entwaffnet. Das Ergebnis ist für die SPD nicht die befürchtete Katastrophe, aber auch kein Adrenalinschub für die Bundestagswahl. Die FDP ist der lucky loser. Denn es wird nun noch mehr Unionswähler geben, die im Bund nun taktisch für die Liberalen votieren werden. Aber das ist nur eine Verschiebung im konservativen Lager.

Die Auswirkung der Bayern-Wahl für den 22. September ist insofern überschaubar. Zur Wahl steht noch immer das Gleiche: Schwarz-Gelb oder die Große Koalition. Es wird knapp.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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20 Kommentare

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  • D
    D.J.

    @Fabianmus,

     

    aber die meisten Bayern kommen halt auch etwas rum in Deutschland, sehen sich Musterländer wie z.B. NRW an (Bildungspolitik, Wirtschaftspolitik, Innenpolitik - Stichwort Schalke, Finanzpolitik) und fragen sich, warum um Himmels Willen sie RotGrün wählen sollten.

    Übrigens sind - Sie werden es nicht glauben - in Bayern auch Hauptschüler getestet worden.

     

    @Wolfgang,

     

    ich liebe Ihre Kommentare. Stets kleine Zeitreise. Wie ich doch Herrn von Schnitzler vermisse! Ich war der einzige, der seinen Schwarzen Kanal gern sah. Herrlich bizarr.

    • A
      Amigo
      @D.J.:

      Was mich an vielen Bayern stört, ist ihre einnehmende Art. Und die erweist sich auch in deinem Beitrag: Was heisst, die meisten Bayern? Bei der letzten Wahl hattet ihr eine Wahlbeteiligung von unter 60%, also von zwei Dritteln der Wahlberechtigten. Du sprichst als CSU-Wähler für weniger als ein Drittel Wahlberechtigte.

       

      Und die Beurteilung anderer Länder bei ner Reise wirkt doch ein wenig sehr bräsig. Hoffe, du warst nicht noch mit der Seppelhose und vorgehängter Kamera im Kölner Dom!

  • Alles vergessen: die käufliche Gerichtsbarkeit (z.B. bei Gustl Mollath u.a.), das faktische Versagen bei EEG-umlagengesetz, bei der Bankenkontrolle...

    Wenn Gedanken und Gedächtnis der Bayern so offensichtlich gar nicht funktionieren (ausgenommen die Münchner), dann kann es doch mit dem "bewährten" und effizienten Schul- und Bildungssystem nicht weit her sein. Ich bin selbst Bayerin und kann mich sehr gut erinnern und sehe es noch heute, wie einerseits Elitenförderung der Schüler zu Bestergebnissen in Deutschland

    führ-t-en, auf den Straßen aber der Kleinstädte die Hauptschüler und die Arbeitslosen auf den Straßen herumstromerten.

    • @fabianmus:

      Tja, Demokratie war wohl nicht für Wähler mit Kurzzeitgedächtnis konzipiert, aber nun muss man damit auskommen :-/

  • S
    Snoopy

    Ich finde das Ergebnis gut in Bayern. Wenn jetzt noch bei der Bundestagswahl die AfD punktet, habe ich Hoffnung für unser Land.

    • @Snoopy:

      Sie meinen sicher gut für mich und die, die schon genug haben. Das mit der Schere, arm und reich wird leider immer Gegenwärtiger. Mir san mir. Ich verstehe schon.

  • GO
    guns of brixton

    Ich sehe es genauso. Rotzgruen haette Deutschland ohne Gegenwehr bereits zum FaschistoIslamstaat gemacht.

    • @guns of brixton:

      Genau. Da hätte es wieder Kopftuchpflicht für Alle und Schweinefleischverbot für Jeden gegeben. Genau wie damals von 98-05!

  • S
    sim

    Ich haette mir "die Freiheit" als absoluten Sieger gewünscht. Aber auch das wird bald kommen.

  • D
    dauermecker

    dauermecker sagt:

    Die bajuwarische Wirtschaft brummt und protzt, da juckt es die breite Masse der Wähler dort überhaupt nicht, dass sich einige über Korruption, Steuerhinterziehung und sonstige Petitessen der Landesgranden aufregen. Außerdem lebt man in den ländlichen Landkreisen sehr nach dem herkömmlichen Modus: solange ich Butter und Wurst auf der Stulle habe, geht's uns gut... Und man darf sich jetzt nicht wundern, wenn in Bayern demnächst Jubelstürme ausbrechen, wenn Herr Uli Hoeness mit einem halbweißen Freispruch aus seinem Steuerhinterziehungsprozess hervorgeht.

  • G
    Gast

    Das Impressum Ihrer Web-Präsenz (ansässig in Berlin, der deutschen Pleite-Hauptstadt) bestätigt doch zusammen mit dem Kommentar hier doch alles:

    Neid auf uns Bayern, die mit ihrer Arbeit einen Lebensstandart erreicht haben, daß z.B. die Berliner, die am Tropf des Länderfinanzausgleichs hängen, sauer sind, weil sie selbst nichts hinbekommen.

    Nachhilfe aus Bayern - notfalls ein Statthalter anstatt eines Bürgermeisters würde in Berlin schnell für Ordnung sorgen!

    • S
      Schimanski
      @Gast:

      Warum geht es Bayern denn so gut? Weil es für Firmen dort fast so einfach ist wie in einer Bananenrepublik, sich anzusiedeln.

       

      Die Korruptheit der Bayrischen Politik ist nicht nur gut für einen Lacher, sondern Realität.

       

      Vom Länderfinanzausgleich kann man schlecht sprechen, wenn man die Körperschaftssteuer aussen vor lässt, die bekanntlich eine Firma nicht da entrichtet, wo sie ihre Produktion ansiedelt, sondern da, wo ihr Firmensitz sich befindet.

       

      Und ein Laden wie BMW wäre ohne die massive Subvention durch den Steuerzahler sowieso längst ein Kinderfahrradhersteller.

  • W
    Wolfgang

    Die große Mehrheit der Bevölkerung steht unter geistiger Manipulation und Kontrolle des herrschenden Finanz- und Monopolkapitals in Deutschland!

     

    Es regiert der planmäßige, mit wissenschaftlichen Methoden geführte Krieg gegen das Denken, die Vernunft und die Gefühle, gegen jegliche auf den gesellschaftlichen Fortschritt gerichtete Entwicklung der Bevölkerung mit dem Ziel, ihr Denken in das staatsmonopolistische Herrschaftssystem zu integrieren und sie im Sinne der aggressiven Politik des bundesdeutschen Imperialismus ideologisch auszurichten.

     

    Dabei werden alle ideologischen Beeinflussungsmöglichkeiten (Massenkommunikationsmittel, Verbildungseinrichtungen u. a.) genutzt.

     

    Unter dem Deckmantel einer angeblich unbeschränkten Medien- und Meinungsfreiheit wird versucht, das Denk- und Urteilsvermögen von Millionen Menschen systematisch zu zerstören, sie zur geistigen Unmündigkeit zu verurteilen und zu willfähigen Untertanen zu erziehen, die keiner Kritik am bestehenden kapitalistischen Herrschaftssystem mehr fähig sind. Bayern ist nur ein Beispiel in Deutschland und EU-Europa hierfür!

    • G
      gast5435
      @Wolfgang:

      Ich halte mein Urteilsvermögen für einigermaßen intakt. Aber vielleicht sollten Sie das Ihre mal hinterfragen.

      Mir geht es in diesem "kapitalistischen System" sehr gut. Ich konnte studieren obwohl meine Eltern das Geld nicht hatten, ich wurde erfolgreich, dann stürzte ich ab weil ich krank wurde, das ging bis Hartz 4. Heute verdiene ich wieder gutes Geld, zahle Steuern, liebe meine Kinder, engagiere mich für die Hospizbewegung, bereise andere Länder. Sie sehen D viel zu negativ. Nicht alles ist perfekt, aber unzufrieden bin ich nicht.

    • K
      Kartoffelkäfer
      @Wolfgang:

      Beim Lesen Ihres Kommentares frage ich mich ob Sie sich nicht vielleicht im Land geirrt haben... Bei Nordkorea, China oder Russland würden Sie wohl eher Recht haben...

  • M
    Makke1979

    Bayernhass und bayernneid, darum geht es in dem Artikel. Langweilig und so looser-trotzig. Und zum Thema Prinzipien: entfernt mal diesen werbe Pop-up der über dem Artikel hängt man (zumindest auf dem ipad) nicht wegklicken an, furchtbar kommerziell

  • Auf so einen Ministerpräsidenten kann Bayern ja wahrlich "stolz" sein:

     

    http://www.youtube.com/watch?v=x18vfsuGnm8

  • D
    DJ_rainbow

    Kann es sein, tass die taz*Innen ein Problem haben mit Leuten, die nicht dem Veggie-Agitprop auf den Leim gehen, sondern doch t6atsächlich ihren Kopf bestimmungsgemäß benutzen?

     

    Ich als offen lebender Schwuler bin ganz gewiss kein Freund der CSU - aber: Die CSU hat Bayern zu dem gemacht, was es ist: dem Land, dass den rotzgrün "regierten" Ländern den Tropf füllt.

    • @DJ_rainbow:

      Freunde reden aber so wie Sie. Irgendwas müssen sie ja doch gegen die CSU haben, was Ihnen fundamental zu schaffen macht. Etwas paradox, Ihre Positionierung. Den Wohlstand nehmen wir mit, aber den CSU-Lifestyle können diese für sich behalten, oder was.

  • "Seehofer imitiert im Grunde die Meisterin des Konsens, Angela Merkel."

     

    Gutes Fazit. Wir gucken mal, was die Opposition neues einwirft und dann wird es modifiziert als Konsens verkauft. Das ist sehr schlau, vorallem wenn man es im Wahlkampf für sich verbuchen kann.