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Kommentar Bahn-PrivatisierungspläneLang lebe die Krise!

Kommentar von Richard Rother

Die Koalitionäre von Union und FDP müssen den Verkauf der Bahn auf die lange Bank schieben - wegen der Krise. Doch auch ohne Teilverkauf können sie die Weichen falsch stellen.

Wer gerade Angst um Arbeitsplatz und Einkommen hat - für den ist es sicher nur ein schwacher Trost: Die Krise hat auch ihr Gutes. Vor genau einem Jahr musste die große Koalition den Börsengang der bundeseigenen Deutschen Bahn AG im allerletzten Moment absagen - wegen des heraufziehenden Konjunktureinbruchs. Und jetzt müssen die künftigen Koalitionäre von Union und FDP, beide ausgewiesene Privatisierungsbefürworter, den Verkauf der Bahn auf die lange Bank schieben - wegen der anhaltenden Krise. Zu gering wären die erwarteten Einnahmen, so dass eine Veräußerung kaum vermittelt werden könnte; selbst Bahnchef Rüdiger Grube spricht von "Wertvernichtung". Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben, und das gibt Anlass zur Sorge.

Denn auch ohne einen Teilverkauf kann Schwarz-Gelb die Weichen falsch stellen. Im Gespräch ist eine Trennung von Netz und Betrieb. Diese fordert die FDP, während die Union zögert. Eine Trennung käme einer Zerschlagung des Unternehmens Bahn gleich, und sie würde den bahninternen Arbeitsmarkt gefährden. Und sie wäre die Sollbruchstelle hin zu einer Privatisierung, weil die Bahn sich anschließend leichter verkaufen ließe.

Für manche Bahnkritiker hat die Trennung von Netz und Betrieb allerdings auch Charme - wäre doch der renditeorientierten DB AG der Zugriff auf das Schienennetz entzogen und könnte der Staat endlich bahnpolitisch eigene Fakten schaffen. Fraglich aber ist, ob Union und FDP dafür die richtigen Akteure sind. Denn denen geht es um Wettbewerb an sich; nicht darum, ob er am Ende den Kunden dient. Mit der Trennung von Netz und Betrieb wäre der Zug hin zu einer Bürgerbahn in öffentlicher Hand, wie es sie in der Schweiz mit großem Erfolg gibt, abgefahren.

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Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.

3 Kommentare

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  • PK
    Peter Kasel

    Trennen von Netz und Betrieb ist die Lösung des Bahn-Dilemmas, sogar mehrere Bahnunternehmen auf einer Strecke, dann gibt es Wettbewerb und der Bahnnutzer kann sich sein Transportunternehmen aussuchen. In Schweden z.B. haat die SJ nicht mehr das grosse Sagen. Infrastruktur wird durch das staatliche "Banverket" gemanagt, dann kann jeder fahren, wenn er die Voraussetzungen des "Banverket" erfüllt. "Banverket"In Dänemark gibts ähnliches. steht für Fahrpläne, auch Verspätungen nebst deren Bekanntmachungen, und das Gute daran ist : Es funktioniert ! In Dänemark wurde Ähnliches installiert, auch das funktioniert.

    Nur in Deutschland kann das nicht funktionieren, nein hier will man Geld verdienen zwecks Schaffung eines Welt-Logistik-konzerns, da heisst es sparen, sparen, auch an der Sicherheit, siehe Berlin !

    Mitfahrer

  • ZW
    Zum Wohl

    Demnächst müssen Kanzlerin und die MinisterInnen des neuen Kabinetts einen Amtseid leisten. Und darin heißt es:

    ZUM WOHLE DES DEUTSCHEN VOLKS

  • B
    Beifahrer

    Genau umgekehrt: Nur mit einer Trennung von Netz & Betrieb hat eine Bürgerbahn wirklich eine Chance. Denn die Erfahrungen seit dem Beginn der Bahnreform haben gezeigt, dass die die DB im realen Leben jedes denkbare Mittel nutzt, um die Konkurrenz auf *ihren* Gleisen auszubremsen. Ist doch logisch: Stellt euch vor das deutsche Straßennetz gehört VW (und alle irgendwie relevanten Verkehrsbehörden bis hin zum TÜV) - ratet mal welche Autos dann am meisten zugelassen würden?

    In der Schweiz mag die gemeinsame Lösung funktionieren, doch dass deswegen die Trennung nicht funktionieren kann ist keineswegs erwiesen. Fragt mal den Fahrgastverband Pro Bahn, die haben sich eingehend mit dem Thema beschäftigt.