Kommentar Atomlaufzeiten: Vorletzter Akt im Atomputsch
Der Bundesrat hat die Verlängerung der AKW-Laufzeiten gebilligt. Gestoppt werden kann der Atomputsch erst vor dem Bundesverfassungsgericht.
W enigstens ist es konsequent: Wie zuvor schon der Bundestag hat der Bundesrat die längeren Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke ohne Rücksicht auf politische und juristische Zweifel passieren lassen. Die Selbstentmündigung der Bundesrats kannte dabei keine Grenzen: Obwohl selbst die Justizminister der Länder mehrheitlich der Meinung waren, dass das Gesetz zustimmungspflichtig ist, verzichtete die Länderkammer auf einen offiziellen Einspruch. Und ohne Zustimmungspflicht spielt es keine Rolle, dass Union und FDP selbst keine Mehrheit im Bundesrat haben.
Selbst ihren Widerstand gegen die Brennelementesteuer des Bundes, die ein Loch in die Länderkassen reißt, gaben die Länder im letzten Moment auf. Sie beugten sich dem Machtwort der Kanzlerin - und gaben sich mit leeren Versprechen und einem neuen Arbeitskreis zufrieden.
Dass Bundespräsident Christian Wulff die Umgehung des Bundesrats als verfassungswidrig wertet und dem Atomgesetz konsequenterweise die Unterschrift verweigert, ist nicht zu erwarten. Dafür hat die Union schon im bisherigen Verfahren zu deutlich gemacht, dass Sachargumente gegen die Klientelpolitik zugunsten der Energiekonzerne wenig ausrichten können.
Gestoppt werden kann der Atomputsch also erst vorm Bundesverfassungsgericht. Dessen Richter müssen sich keinem politischen Druck beugen, sondern können die formalen und inhaltlichen Vorbehalte ernsthaft prüfen. Eine Niederlage wäre ein schwerer Schlag für Merkels Regierung.
Malte Kreutzfeldt leitet das taz-Ressort Wirtschaft und Umwelt.
Zwar wird das Urteil wohl frühestens in einem Jahr fallen, und so lange gilt das Gesetz, das auch die ältesten AKWs am Netz lässt. Doch im nächsten Jahr gibt es auch noch sechs Landtagswahlen, in denen die Wähler deutlich machen können, wie sie die Trickserei von Union und FDP bewerten.
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