piwik no script img

Kommentar Arktis-ÖlförderungDer russische Bär ist nervös

Klaus-Helge Donath
Kommentar von Klaus-Helge Donath

Norwegens Vorhaben, in der Barentsee Öl zu fördern, wird in Russland Hysterie verursachen. Zu groß ist die Angst, bei der Verteilung der Schätze des Nordens leer auszugehen.

Norwegen will in der Barentssee rund um Spitzbergen und die Jan-Mayen-Insel die Erlaubnis zur Suche und Förderung von Öl erteilen. Nicht nur Umweltschützern missfällt das Vorhaben. Auch Norwegens Nachbar Russland wird sich darüber empören. Zusätzlich wecken die Energie- und Rohstoffschätze der Arktisregion nicht nur bei den Anrainern unverhüllte Begehrlichkeiten. Selbst die EU verlangt, bei der Ressourcenausbeutung beteiligt zu werden.

Für das vom Energie- und Rohstoffexport lebende Russland besitzt der Streit um ungehobene Schätze des Nordens eine weitere, brisante Dimension. Der Pariser Vertrag (1920) regelt die Nutzung der Offshore-Gebiete Spitzbergens nämlich nicht explizit. Trotzdem geht Norwegen von der 200-Seemeilen-Zone souveräner Staaten vor ihrer Küste aus. Norwegen legt die Uneindeutigkeit also großzügig zu seinen Gunsten aus. Insofern ist Moskaus Einspruch gegen die Übergriffe verständlich; die stets aufkommende Hysterie kann er aber nicht rechtfertigen. Sobald die Arktis aufs Tapet kommt, gebärdet sich der Kreml, als ginge es um Sein oder Nichtsein.

Gleichzeitig schickt aber auch Moskau Schiffe auf offene See, um Bestände auszuloten. Unlängst beschloss der Kreml-Sicherheitsrat, bis 2020 dieser Zone den Status der wichtigsten Schatzkammer zuzuerkennen und eigens eine Arktis-Truppe aufzubauen. 2015 hofft er auf die internationale Anerkennung der arktischen Grenzen. Das ist eher unwahrscheinlich.

Als Moskau 2007 mit Getöse und Titanflagge am Meeresgrund arktischen Besitzanspruch markierte, geschah dies in sowjetischen U-Booten aus finnischer Produktion, finanziert von einem schwedischen Millionär. Es zeigte die Nervosität der Russen. Das Wissen um die eigene technologische Rückständigkeit bedrückt ebenso wie die Angst, leer auszugehen.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Klaus-Helge Donath
Auslandskorrespondent Russland
Jahrgang 1956, Osteuroparedakteur taz, Korrespondent Moskau und GUS 1990, Studium FU Berlin und Essex/GB Politik, Philosophie, Politische Psychologie.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • G
    Gregor

    Ach ja, die "technologische Rückständigkeit" der Russen. Doch die Russen HABEN diese Tiefseetauchboote (keine U-Boote)und außer den Russen Amerikaner, Franzosen und Japaner. Aber die Deutschen haben diese nicht.

    Ist diese Tatsache der Grund für eine kompensatorische Etikettierung von Russen als rückständig?

  • SS
    s s

    Mann muss das Ganze in einem grösseren Rahmen sehen.

    Mit der Laufenburg Elektrogesellschaft(Nähe Zürich)

    und der StateOilHydro(Oslo) z.B. im EFTA-Raum einer

    freien Aussenpolitik und einer iranischen Pipeline!

    HAHA haha HAHA!