Kommentar Arcandor: Schuld ist immer das Gremium

Die Beratung und Entscheidung über die Rettungsbürgschaften der Bundesregierung findet hinter verschlossenen Türen statt. Die Intransparenz beschädigt die Demokratie.

Die vorletzte Hoffnung für den Karstadt-Mutterkonzern Arcandor hat sich nicht erfüllt: Das Unternehmen bekommt kein Geld aus dem "Deutschlandfonds", mit dem die Folgen der Weltwirtschaftskrise gemindert werden sollen. Dafür mag es gute Gründe geben. Schließlich deutet vieles darauf hin, dass die reichen Eigentümer zu wenig zur Rettung beitragen und das Unternehmen schon vor der Krise massive Probleme hatte.

Doch ob solche Überlegungen tatsächlich im Mittelpunkt standen, erfährt die Öffentlichkeit nicht. Denn das Verfahren, nach dem die Gelder vergeben werden, ist völlig intransparent. Anträge auf Bürgschaften werden zunächst von der privaten Unternehmensberatung Price Waterhouse Coopers geprüft, bevor Fachbeamte im "Interministeriellen Bürgschaftsausschuss" darüber beraten. Bei größeren Summen gibt der "Lenkungsrat" - eine willkürlich zusammengesetzte Gruppe von Ex-Politikern und -Managern - eine Empfehlung ab. Die letzte Entscheidung trifft dann ein weiterer Ausschuss von Staatssekretären und Spitzenbeamten.

Diese von niemandem gewählten Gremien müssen gegenüber der Öffentlichkeit keine Rechenschaft über die Verwendung der Steuergelder und ihre Urteile über Arbeitsplätze ablegen. Informationen dringen nur stückweise - und dann oft interessengeleitet - an die Medien. Auch die gewählten Abgeordneten im Haushaltsausschuss dürfen die Entscheidungen lediglich zur Kenntnis nehmen.

Auch über Arcandors letzte Hoffnung, die "Rettungsbürgschaft" der Regierung, beraten Beamten-Gremien hinter verschlossenen Türen. Für die Politiker mag das praktisch sein: Wer genau was entschieden hat, bleibt dadurch unklar. Die Demokratie aber wird beschädigt.

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Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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