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Kommentar ArbeitsmarktstudieDie gefühlte Gleichberechtigung

Ines Kappert
Kommentar von Ines Kappert

Alle finden es wichtig, dass Männer und Frauen die gleichen Chancen haben. Auf die Praxis färben diese Überzeugungen nicht ab.

S eit der Jahrtausendwende beschwören die Medien den unaufhaltsamen Aufstieg "der Frauen". Doch die Praxis spricht eine andere Sprache: Nur 5 Prozent der Betriebe bieten weibliche Nachwuchsförderung an, nur 6 Prozent Kinderbetreuung. Zu diesem Ergebnis kam die neueste Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Die vom Mainstream honorierte Emanzipationsabsicht findet also keine Umsetzung und das von der CDU favorisierte Prinzip der Selbstverpflichtung der Betriebe ist weitgehend wirkungslos. 2008 gab es 2,4 Prozent Vorstandsfrauen in DAX-dotierten Unternehmen. Damit erweist sich der Diskurs von "den Männern" als dem neuen schwachen Geschlecht als Unfug. Der aber folgt einem Kalkül.

Die Deutschen benutzen die Figur der Karrierefrau mehr oder weniger bewusst als Emblem für ihre eigene Aufgeklärtheit, als Ausweis ihrer demokratischen Verfasstheit. Gerne wird die Frau im Hosenanzug gegen die Kopftuchfrau in den Ring geschickt. Die Botschaft: Wir sind die Zukunft. Geht es aber darum, Strukturen zu verändern, die dem Anzug das gefüllte Portemonnaie zugesellen würde, greift eine andere Kommunikationsstrategie: das Tabu.

Bild: taz

Ines Kappert ist Redakteurin im Meinungsressort der taz.

Wer den sexistisch organisierten Arbeitsmarkt kritisiert, gilt umgehend als unzeitgemäß. Die Verantwortung für das Demokratiedefizit - und Geschlechterdiskriminierung ist nichts anderes - wird umgehend den Kritikern aufgebürdet. Kritik ist erlaubt, nur die Machtfrage bleibt ein Tabu und damit der Ansatz: Welche strukturellen, also auch gesetzlichen Schritte braucht es, um Frauen zu fördern, ergo männliche Privilegien abzubauen? Der Geschlechtertalk ist nur beliebt, sofern er kein Zahlenmaterial anschleppt, folglich keine Forderungen, gar eine Quote formuliert. Mithin Geplapper bleibt.

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Ines Kappert
Gunda-Werner-Institut
leitet seit August 2015 das Gunda-Werner-Institut für Feminismus und Geschlechterdemokratie der Heinrich-Böll-Stiftung.   Mich interessiert, wer in unserer Gesellschaft ausgeschlossen und wer privilegiert wird - und mit welcher kollektiven Begründung.   Themenschwerpunkte: Feminismus, Männlichkeitsentwürfe, Syrien, Geflüchtete ,TV-Serien.   Promotion in Allgemeiner und Vergleichender Literaturwissenschaft zu: "Der Mann in der Krise - oder: Konservative Kapitalismuskritik im kulturellen Mainstream" (transcript 2008).   Seit 2010 Lehrauftrag an der Universität St. Gallen.
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4 Kommentare

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  • LW
    L.A. WOMAN

    D A N K E @trudchen!!!!

    Ach, wie hat sie mich gerührt mit ihrer Beschreibung,

    ganz genau so ist es, das müssen Millionen Frauen tragen, ertragen, und sich mit ihrer Wut und ihrem Frust durchs Leben schlagen! Ich weiß, wovon ich rede, drei KInder, 29 Jahre voll berufstätig, z.T. alleinerziehend).

    Da ist mit Karriere nicht viel, wenn von zuhause keine dicke Kohle da ist wie bei der Leyen, es ist also kein Wunder, dass nur die falschen Frauen in der Politik das Sagen haben und somit die restlichen ca.30 Millionen nicht zum Zuge kommen lassen! Diese Krücken Merkel, Schavan, der ganze CDUFDP Haufen bedient sich nur selber, die SPD nehme ich dabei nicht aus, die Grünen haben gerade mal die Quote, aber für Familien aka Alleinerziehende, nüscht getan!

    Es geht nun mal nicht ohne Gesetze, mit den vielen 'freiwilligen Verpflichtungen' geht gar nix! Beim Dachverband der Frauenorganisationen, dem 'Frauenrat' habe ich bei einem Kongress fast nur den Typ alte Lehrerin ohne Kinder getroffen, die sonst nix mit ihrer Zeit anzufangen wussten, selbst für Initiativen von aufgeschlossenen jungen Frauen haben sie nichts übrig. Die antworten noch nicht einmal, wenn frau sie auf Inis hinweist! Den einzig konstruktiven Ansatz zu einer Änderung und Verbesserung der Situation habe ich bei Frigga Haug gefunden mit ihrer '4ineinem' Perspektive. Des weiteren fehlen Vorbilder: Es wird in den Schulen viel zu wenig über die Frauen berichtet, die diesen jungen sog. 'Alphamädchen' überhaupt den Weg bereitet haben, nur hatten diese Kämpferinnen wahrhaftig nicht diese affigen ignoranten KleiderständerInnen vor Augen, als sie mal wieder vor der Hörsaaltür den ihnen verbotenen Vorlesungen lauschen durften wie seinerzeit Maria Montessori! Es gibt z.B. einen tollen Film von Katja v. Garnier über Alice Paul, die überhaupt erst den Weg für ein Wahlrecht für Frauen freigeschaufelt hat. 23 % geringere Lohn bei gleichwertiger Arbeit für Frauen darf es durch GESETZ nicht mehr geben!! Nix da, lt. Merkel, 'dann müssssen die Frauen sich eben wehren' -- ekelhaft, diese kalte Kreatur. Die hat noch nie viele Nächte beim kranken Kind gewacht und musste doch zur Arbeit, sonst ist der Job weg!!!!

  • T
    trudchen

    Erschreckenderweise funktioniert die "gefühlte" Gleichberechtigung sogar bei den jungen kinderlosen Frauen noch und führt zu einer krassen Antihaltung nicht nur gegenüber den "Emmas" von gestern, sondern gegenüber jeglicher Gleichstellungsbemühung bzw. sogar gegenüber zweifellos erwiesenen Fakten, die grundsätzlich besserwisserisch und altklug als überflüssig bzw. tendenziös abgetan werden. Keine® will's wissen, aber auch gar keine®!!!

     

    Sobald allerdings ein Kind da ist und sich der Wiedereinstieg nach der Elternzeit plötzlich dornig statt rosig gestaltet und das Gerenne zwischen Job und Krippenplatz - falls vorhanden - beginnt, schlaflose Nächte, Kräche mit dem Partner, Teilzeit ohne Aufstiegschance, krankes Kind, wegen dem frau zuhause bleiben muss (warum nicht öfter auch der Vater?) etc., kommt die Einsicht in die Notwendigkeit gesellschaftlicher Veränderungen ganz schnell.

     

    Leider ist es dann für die meisten erst mal 20 Jahre lang praktisch oder angeblich unmöglich, sich politisch zu engagieren, außer vielleicht in der Elterninitiative für gesünderes Kitaessen (ich weiß, ist auch wichtig...), da mann/frau sich nun erstmal der Aufzucht der künftigen Elite widmen muss! Jetzt sollen dann andere die Kohlen für die Familien aus dem Feuer holen. Sorry, dass ich hier etwas gehässig werden muss. Wann wird die Generation "1975plus" endlich aktiv - als RentnerInnen und PensionärInnen?

     

    Toc, toc, toc - jemand zuhause?

  • K
    KlugscheißerIN

    Warum immer in der dünnen Luft der Vorstandsetagen stochern? Wer als Frau weniger verdient als der männliche Vorstandskollege, kann sich immer noch ein Kindermädchen leisten.

    Mir fehlt der Focus auf den mickrigen Rest der Gesellschaft, Millionen Frauen auf Billiglohnarbeitsplätzen, Teilzeit (dank neuem Ladenschlußgesetz kommt Mami erst nach Hause, wenn Kind im Bett ist). Selbst wenn faktisch Kindergartenplätze da wären, bleibt immer noch die Frage der Qualität und der fehlenden Möglichkeit, bei Mängeln zu wechseln (eigene Erfahrung). Mein Tochter ist seit ihrem 2. Lebenjahr in sog. "Einrichtungen" und ich arbeite Vollzeit.

    Ich würde es nicht wieder tun, zumindest nicht unter den bisherigen Umständen. Im Matriarchat blieben die Frauen auch zu Hause und die Männer zur Jagd. Aber die Frauen genossen das größere Ansehen.

    Jeder solle tun, was er kann und mag, letztlich ist es eine Frage der Wertung. Moralisch und monetär.

  • B
    bigkelle

    na klar...eine Frauenquote braucht das Land!