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Kommentar Annette SchavanTitel und Autorität verloren

Bernd Kramer
Bernd Kramer
Kommentar von Bernd Kramer und Bernd Kramer

Kein Politiker muss promovieren. Eine Bildungsministerin aber, die ihren akademischen Grad verliert, ist nicht mehr glaubhaft. Sie muss gehen.

Der Platz ist leer. Bald für immer? Bild: ap

E ine Wissenschaftsministerin muss keinen Doktor haben. Sie muss auch nicht studiert haben. Ein akademischer Abschluss ist gottlob keine Zugangsvoraussetzung für ein politisches Amt. Statuspromotionen gibt es schon jetzt bei Politikern von Union und FDP mehr als genug. Weniger Doktoren an führender Stelle wären keine Schande.

Allerdings: Eine Ministerin, die einen einmal erlangten akademischen Titel verliert, kann unmöglich weitermachen wie bisher – vor allem nicht als Chefin des Wissenschaftsressorts. Mit welcher Autorität soll eine gefallene Doktorin jungen Promovierenden nun gegenübertreten? Wie will sie glaubhaft für die wissenschaftliche Redlichkeit streiten, wenn ihre eigene ehemalige Alma Mater ein derart vernichtendes Urteil über ihre akademischen Meriten fällt? Schavan muss zurücktreten – auch um sich selbst solch unangenehme Situationen zu ersparen. Es ist diese politisch verfahrene Lage, die ihren Abschied nötig macht.

Es hilft daher nichts, dass ihre Dissertation nach wie vor ein Grenzfall ist. Schavan zählt nicht wie Karl-Theodor zu Guttenberg zu den notorischen Blendern. Ihre Zitierweise ist nicht ideal. Man kann ihr dafür den Titel aberkennen. Man muss nicht. Aber man sollte die Entscheidung akzeptieren.

Der Autor

Bernd Kramer ist Bildungsredakteur der taz.

Das Uni-Bashing, das die Union nun startet, ist daher schlicht widerlich. Dass sich die Uni Düsseldorf für wissenschaftliche Strenge entschieden hat, ist ihr gutes Recht und mitnichten eine politische Kampagne – auch wenn CDU-Fraktionsvize Michael Kretschmer gerade solcher Verschwörungstheorien zu ventilieren versucht. Dass ein Gutachten vorab durchsickert, ist unschön für Schavan, keine Frage – aber ein Skandal, der an den Fakten auch nur irgendetwas geändert hatte, ist es nicht.

Auch der Ruf der Schavan-Verteidiger nach einem zweiten Gutachten ist ein Ablenkungsmänover: Die Zitierfehler liegen auf der Hand. Die Schwere ihrer Fehler bleibt in letzter Konsequenz eine Auslegungsfrage, über die letztlich nur das zuständige Uni-Gremium zu entscheiden hat. Eine Gutachtenlawine hätte hier niemanden klüger gemacht.

Schavan kann der Wissenschaft den Gefallen tun und das perfide Spiel ihrer Parteifreunde beenden – indem sie zurücktritt.

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Bernd Kramer
Inlandsredakteur
Jahrgang 1984, hat VWL, Politik und Soziologie studiert und die Kölner Journalistenschule besucht. Seit 2012 bei der taz im Inlandsressort und dort zuständig für Schul- und Hochschulthemen.
Bernd Kramer
Inlandsredakteur
Jahrgang 1984, hat VWL, Politik und Soziologie studiert und die Kölner Journalistenschule besucht. Seit 2012 bei der taz im Inlandsressort und dort zuständig für Schul- und Hochschulthemen.
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37 Kommentare

 / 
  • A
    Abhi

    Zunächst finden Leute auf VroniPlag bzw. SchavanPlag nach langer Recherche in der Dissertation von Frau Schavan Plagiate. Die Presse greift das auf. Daraufhin beschliesst die zuständige Uni Düsseldorf die Vorwürfe zu überprüfen. Frau Schavan selbst bittet die Uni Düsseldorf genau das zu tun. Die Uni Düsseldorf hat gar keine andere Wahl: Wenn sie die Dissertation jetzt nicht überprüft dann bleiben die Plagiatvorwürfe im Raum. D.h. die Uni macht das auch zum Schutze der Betroffenen. Wenn sich nach der Überprüfung herausstellt, dass die Dissertation keine Plagiate aufweist dann ist Frau Schavan fein raus und nur dann. Jetzt haben sich halt nach der Überprüfung die Vorwürfe bestätigt. Aber nur weil Frau Schavan und ein paar Anderen das Ergebnis der Überprüfung nicht behagt, ist nicht das Verfahren per se zu kritisieren. Und bei genauem Hinsehen sind alle vorgebrachten Kritikpunkte gegen das von der Uni Düsseldorf gewählte Verfahren unsachlich. Und wer sich ein wenig mit der Materie auskennt (ich bin von Beruf Anwalt) wird tatsächlich feststellen, dass die Vorwürfe gegen Frau Schavan tatsächlich schwerer wiegen als zBsp beim gerne verglichenen Herrn Guttenberg. Das wird manche juristischen 'Laien' vielleicht erstmal überraschen. Dadurch dass sich Frau Schavan in ihrer Dissertation mehr Mühe gemacht hat als nur copy & paste ist ihre Täuschungsabsicht viel evidenter. Vor allem auch wenn sich dies an vielen Stellen der Dissertation feststellen lässt.

    Ich hätte Frau Schavan folgendes empfohlen zu sagen: Ich war jung und brauchte das Geld. Nein im Ernst: "Ich habe jetzt eingesehen dass ich vor über 30 Jahren Mist gebaut habe und wünschte mir, damals von meinem Doktovater und Anderen an der Uni Düsseldorf und der Fakultät besser betreut worden zu sein. Ich entschuldige mich bei Allen dafür und verzichte von nun an auf die Führung des Doktortitels." In etwa so, vielleicht noch etwas detaillierter.

  • G
    geBILDet

    Merkwürdig die Relativiererei. Niemand scheint zu leugnen, dass schon allein gegen die formalen Kriterien verstossen worden ist. Ob ein Mehr-oder-Weniger an KTvG ist vollkommen irrelevant.

     

    Inhaltlich wird dagegen gar nicht erst diskutiert. Ob die Doktorarbeiten auch materiell ein Bienchen verdient haben, scheint niemanden zu interessieren. Dabei wäre eine solche Diskussion gerade bei Schavan besonders pikant: als wolle sie nachträglich ihrer Arbeit "Person und Gewissen – Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung." noch ein Kapitel hinzufügen wollen.

  • R
    Ärgerlich

    @Bernd Kramer: erst schlechte Arbeit abliefern, und dann die Kritik wegzensieren! Ein Taz-Leser weniger!!! Bravo!

  • JF
    Johannes Feest

    Mir hat der Kommentar sehr eingeleuchtet. Allerdings frage ich mich, wie mit den erwiesenen Mängel des Verfahrens (sowohl bei der Verleihung als auch beim Entzug der Promotion)umzugehen ist. Man sollte erwägen, der Düsseldorfer Fakultät bis auf weiteres das Promotionsrecht zu entziehen.

  • M
    muxx

    @Wolfram:

     

    Vergessen Sie nicht die unchristliche FDP, die bislang die meisten Plagiatiker zu bieten hatte ("Moralische Verkommenheit").

  • G
    @gute

    Sie meinen sich?

     

    Oder meinen Sie mit "die Leute" einfach den gemeinen Pöbel, das dumme Stimmvieh?

     

    Wollen Sie so ganz allgemein in den Raum stellen, daß die meisten einfach zu dumm und ungebildet sind, um die Kriterien, um deren Missachtung es geht, erfassen zu können? Das wohl eher.

    Das ist genau dieser Arrogant- elitäre Dünkel, mit dem die ertappten Betrüger dann noch versuchen zu kontern, obwohl der Sachverhalt offensichtlich ist.

    Widerlich.

  • H
    Harro

    @Politropolis

    Ja!

     

    Jedes Kind in der Schule muss Regeln für die Abfertigung von Arbeiten und Klausuren lernen, beachten und wird bestraft, wenn diese verletzt werden.

    Es ist schon sonderbar, dass ein Teil der Eliten in Deutschland für Annette Schavan eine Ausnahme von der Regel wollte, wobei sie sogar als Wissenschaftsministerin genau für diese eintreten und stehen sollte. Wahrscheinlich haben wir noch ein paar Tausend Aufschneider und Betrügertypen in Ämtern und Organisationen, die jetzt Angst bekommen, dass ihr wahres Kompetenzniveau bloß gelegt wird.

  • BP
    Bernd Possehl

    Wer um alles in der Welt braucht einen fünfseitigen (!!!)zusammenhängenden Text über Eierkuchenbacken...???

  • G
    gute

    Das Interessante an dieser Diskussion ist, dass die Leute, die dazu ´ne Meinung haben, schon mit einem fünfseitigen zusammenhängenden Text über Eierkuchenbacken so ihre Schwierigkeiten hätten...

  • BP
    Bernd Possehl

    Eilmeldung...

     

    ...soeben wurde bekannt, daß Dr. Best, aus der Zahnbürstenwerbung, sowie Dr. Sommer aus der Aufklärungs-Redaktion der BRAVO, ihre jeweiligen Doktortitel aberkannt worden sind. Dies bestätigte vor wenigen Minuten eine unabhängige Kontrollkommission der Dr.Gunter-Gabriel-Gesamtschule.

     

    Nach ersten Stellungnahmen wollen Union und FDP morgen einen gemeinsamen Gesetzesentwurf vorlegen, in dem es allen Trägern von öffentlichen Ämtern, sowie allen in der Öffentlichkeit stehenden Personen möglich sein soll, einen "bedingungslosen" Doktortitel zu beantragen. Die Beantragung wird von jedem Einwohnermeldeamt entgegengenommen. Damit sollen peinliche und unwürdige Doktortitelentzüge in Zukunft verhindert werden.

  • D
    DaW

    @ Bachsau:

     

    Ich verstehe Ihren Kommentar nicht. Natürlich sollen Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeit Grundlage für die weitere Forschung sein und der Gesellschaft zur Verfügung stehen. Das bestreitet ja niemand.

     

    Es geht ausschließlich darum, dass man Zitate auch als solche kennzeichnet und auf den Urheber verweist. Das ist auch ein Kern wissenschaftlicher Arbeit und Redligkeit - die Ideen anderer nicht als die eigenen auszugeben.

  • P
    Politropolis

    Die jetzt als brandaktuelle Nachricht verkauften Erkenntnisse, Frau Schavan habe in Ihrer Dissertation auf zig Seiten abgeschrieben, sind seit Monaten bekannt. (56Seiten waren damals bereits als "abgeschreiben ohne Quellenangaben dokumentiert" - zuletzt waren es 97!) Bereits im Mai 2012 wurden Vorwürfe im Internet diskutiert. Damals wurde nicht recht klar, warum die von Netzaktivisten bereits informierten Medien wie Spiegel und FAZ sich der Sache nicht annahmen. Es bleibt der fade Nachgeschmack der Instrumentalisierung der Medien durch den Parteienwahlkampf. Zum anderen sind 97 abgeschriebene und als eigene Denkleistung "verkaufte" Stellen in einer Dissertation nicht eben mal ein Kavaliersdelikt, über das man hinwegsehen sollte, nur weil andere noch dreister waren und die Kontrollen (?) lasch! Gegenüber kompetenten Studierenden, denen eine Promotion und wissenschaftliche Karriere mangels finanziellem Background versagt ist, erscheint die lachse Vergabe akademischer Titel an politischer Karrieristen und High-Society-Figuren als arrogant und ungerecht. Es ist gut, dass die Universitäten selbstkritischer werden und samt der wissenschaftlichen Arbeiten unter Beobachtung sind.

  • PV
    Paul von Emden

    Die Diss der Schavan ist kein "Grenzfall". Die abgeschriebenen Textpassagen sind eindeutig. Dass der Fall Guttenberg anders liegt, entlastet Schavan nicht. Im Gegenteil: Von beiden Fälschern ist sie die raffiniertere. Guttenberg war einfach ein durchgeknallter Geisterfahrer auf der akademischen Autobahn. Der hätte auch 300 Seiten aus Wikipedia als "Arbeit" abgegeben. Schavan ist schon umsichtiger vorgegangen.

  • A
    Arne

    Irgendwie hat das ganze etwas von einer Posse. Die CDU basht gegen Universitäten, für die wer noch mal in der Regierung verantwortlich ist? Die Bildungsministerin!

    Die regt sich über die Uni Düsseldorf auf, das aber wohl 30 Jahre zu spät, denn damals hätte sie schon bemerken können, dass der Laden wohl nicht ganz seriös mit Doktorentiteln umgeht, so wie sie es jetzt behauptet.

    Auch wer vor 30 Jahren ein wissenschaftliches Interesse an Pädagogik hatte, ging, wenn er vom Niederrhein kam, nicht nach Düsseldorf, sondern nach Nijmegen. Das ist die Uni für Pädagogik in der Nähe. Da gibt es aber leider keine sudetendeutschen Doktorväter, die selber schon bei den Pädagogen, die selber schon mit Unterstützung des nationalsozialistischen Reichserziehungsministeriums ihre wissenschaftlichen Pfründe verdienten. (Wer sich genauer dafür interessiert, sollte mal nach Schavans Doktorvater Wehle und dessen Doktorvater Weniger googeln. Weniger war auch jemand, der der reformpädagogischen Bewegung in Deutschland vorstand, die durch die Odenwaldschule und den Reformpädagogen Gernot Becker entsprechende Berühmtheit erlangten.)

     

    Schavan hat nichts bedeutendes zur pädagogischen Debatte beigetragen. Praxisarbeit hat sie in diesem Sinne nie leisten müssen, sie wurde direkt in Leitungsfunktionen bei der katholischen Kirche eingestellt. (Deren pädagogische Fähigkeiten dürften durchaus mit dem Reformpädagogen Becker kompatibel sein.)

    Ergebnis:

    Die Schulen in Deutschland verkommen seit Schavans Amtsantritt, die Studienabschlüsse in Deutschland sind insbesondere im Bereich der für die Produktivität wichtigen naturwissenschaftlichen Fächern nix mehr wert, weil man dort lt. Wissenschaftsrat die Noten nachgeschmissen bekommt.

     

    Schade.

    Schavan wäre jetzt in der Lage, mal zu zeigen, was für eine tolle Bildungsministerin sie war. Sie könnte jetzt ihren verlorengegangenen Hochschulabschluß an einer der Universitäten nachholen, die sie so dolle reformiert hat.

     

    Die wird schon wissen, warum sie lieber auf kleinkarierte juristische Spitzfindigkeiten setzt anstatt sich mal eine der Unis, für die sie auch Verantwortung trägt, noch mal als Studentin anzutun.

  • 5
    58drifter

    @Vera Gehlkiel: vielmals danke! Genau so.

  • B
    Bald

    Ich hätte mich gewundert, wenn eine Einsicht bzw Entschuldigung von Shavan gekommen wäre....

     

    Margarita Mathiopoulos FDP verlor Klage weil sie an 320 Stellen abschrieb.....

    Jorgo Chatzimarkakis FDP - wurde der Doktortitel aberkannt weil mehr als die Hälfte abgeschrieben...

    Bijan Djir-Sarai FDP wurde Doktortitel entzogen...

    Silvana Koch-Mehrin FDP mußte Doktortitel abgeben weil 120 Plagiate nachgewiesen wurden......

    Das ist jetzt der 5. (fünfte) Titel der FDP Politikern aberkannt wurde.

    Für mich FDP T Y P I S C H !

    Aber:Leutheusser -Schnarrenberger wollte den Ankauf von so genannten Steuer-CDs per Gesetz stoppen.

    Das ist die FDP: Rücksichtslos zum Schaden der Gesellschaft

  • B
    Bachsau

    Die Frage ist eher, wann dieser Unsinn mit der Aberkennerei endlich aufhört. Die ganze Legende von der Wissenschaft auf den Schultern von Riesen ist doch für'n Arsch, wenn man deren Wissen nicht mehr nutzen darf. Das ist bald genau so krank, wie die Copyright-Geschichten der Musikindustrie, wenn nicht noch kranker.

     

    Die Frage ist vielmehr, wofür soll man sich als Student noch anstrengen, wenn man weiß, dass einem der Titel jederzeit aberkannt werden kann, für irgendeinen Scheiß? Diese Frage sollten Sie sich mal stellen.

  • RB
    Rainer B.

    @Der Bär

     

    Sie bringen es auf den Punkt!

     

    Man wird sich aus meiner Sicht auch mal ernsthaft über eine Rückzahlung der Vorteile, die sich aus einem falschen Doktortitel ergeben haben, unterhalten müssen.

     

    Auch die Frage, warum diese Titel überhaupt seinerzeit verliehen wurden, ist noch zu klären. Mir scheint, dass an einigen Universitäten ein Parteibuch bzw. die Mitgliedschaft in einer Verbindung automatisch den Doktorgrad nach sich zieht.

  • V
    vic

    Natürlich muss sie gehen.

    Und es bleibt festzustellen:

    Die Christenunion besteht aus fragwürdigem Personal.

  • RM
    Ralf Mund

    Noch zwei Aspekte:

     

    Mehr als 30 Jahre. Mir gefällt das rumstochern nicht. Wir tun uns da als gesellschaft keinen Gefallen.

     

    Brüderle, Steinbrück, Schavan: Ist es richtig, dass wir alle vorführen ? Stehen Ursache und Wirkung in einem angemessenen Verhältnis? Empfinde nur ich das auch als heuchlerisch ?

  • VG
    Vera Gehlkiel

    Schavan ist seit 2005 Ressortchefin. Wie bei ihrem Boss, der Mutti, verbindet sich der Eindruck von physiognomischer und habitueller Bodenständigkeit irgendwie nicht mit dem, wofür sie im Amt steht, sobald man vom Persönlichen abgeht. Turboabitur und die hingeklatschte Hochschulreform, welche die Beziehung Student/Universität faktisch entwertet hat, aber ohne was Neues zu bringen, ausser die stromlinienförmige Anpassung an den kurzfristigen Bedarf der immer gierigen Unternehmen.

     

    Vergammelnde Schulen, orientierungslose Eltern, abgehängte Studenten, Endlospraktikant/Innen. Der wohl endständige Verlust eines humanistischen Bildungsideals zugunsten des Hineindirigierens von Wirtschaftskapitänen, welche die Standards von Drückerkolonnen schon auf der Sekundarstufe eins als Lebens - und Leistungsideal im Nachwuchs für den Menschenpark implementieren dürfen.

     

    Alles, was in die Breite geht, wie zweiter Bildungsweg, die Kombination von Berufs- und Schulausbildung: Inexistent im gesellschaftlichen Diskurs. Höhepunkt der Entsolidarisierung ist die subventionierte Seuche mit den Privatschulen, das Äquivalent zu Papas vier-Liter-Dienstwagen für dünkelhafte Filiusse.

     

    Kein Verlust wäre es, verschwände Schavan einfach geräuschlos. Zum Glück gibt es ja keinen peinlichen Zapfenstreich in diesem Ressort. Bis zur Wahl wäre Christina Schröder eine kongeniale Vertreterin. Die Übernahme des Ressorts in ihren Bereich würde wohl vollkommen unbemerkt bleiben.

     

    Auf eine Hängepartie hoffen kann man nicht, auch wenn Schavan als Vertraute der Kanzlerin gilt. Dafür ist die Wahl ja schon ein bisschen zu nah gerückt. KTG winkt jetzt vom Rücken des Moby Dick der Annette zu. Man weiss nicht, ob er noch lebt, oder ob es eine optische Täuschung darstellt.

     

    Vom Deck des Seelenverkäufers aus sieht man das mit klammheimlicher Schadenfreude. Im September wissen wir erst, ob ein befreites Auflachen möglich ist.

  • WR
    Weiße Rose

    Was soll's?

    Bis zur Bundestagswahl ist das längst vergessen und uns Angela wird weiterregieren, mindestens solange wie Helmut Kohl! Wetten?

  • S
    shafik

    Hmm,

     

    eigentlich sollte es doch darum gehen, ob die Arbeit von Frau Schavan einen eigenständigen Beitrag in ihrem Wissenschaftsgebiet geleistet hat. Also: liegt das falsch Zitierte an der Peripherie oder im Kern ihrer Arbeit. Bleibt, wenn man die Falschzitate wegnimmt, etwas Substantielles übrig?

     

    Wenn ja, soll sie bleiben und um Ihren Titel kämpfen; wenn nein, soll sie gehen.

  • G
    golm

    Was gilt nun?

    Hat Frau Schavan lediglich fehlerhaft zitiert oder hat sie betrogen? Diese Frage beantwortet der Artikel nicht. Wenn Frau Schavan lediglich fehlerhaft zitiert hat, dann verstehe ich nicht, wieso das der Uni erst nach 30 Jahren auffällt, schließlich muss Frau Schavan ja einen Doktorvater bzw - mutter gehabt haben, der sie auf ihre fehlerhafte Zitierweise hätte aufmerksam machen müssen. Hat Frau Schavan aber betrogen, dann sollte sie gehen.

  • A
    antares56

    Der Überschrift kann man nur zustimmen!

  • C
    Cometh

    Sehr guter und richtiger Kommentar.

     

    Das Einzige ist: Wie ist es denn bei SPD/Grüne/Linke? Erinnern wir uns doch an die Zeit der Stasi-Vorwürfe. Da wird auch nicht zurückgetreten und das Mandat zurückgegeben, wenn man als Betrüger und Kriminelle auffliegt.

     

    Wie war denn das bei Rau? Gysi? Scharping, J. Fischer, unserem Steinwerfer? Cohn-Bendit?, Ponader?

     

    Das waren dann immer böse Kampagnen der Gegenseite.

     

    Die politische Kultur des Rücktritts und der Verantwortung ist seit langem vor die Hunde gegangen; und daran sind auch die Parteien Schuld, die Frau S jetzt zu Recht das am Sesselkleben vorhalten.

  • A
    A.J.F.

    Genau so ist es.

  • E
    EuroTanic

    Ich stimme dem Artikel zu. Vielleicht brauchen wir auch keine Dr. Titel als Eingangsvoraussetzung für ein politisches Amt. Aber wie wäre es mit Anstand und Moral als Zugangsqualifikation für PolitikerInnen? Dann hätten wir vielleicht eine andere Politik?

  • N
    neubau

    Der CDU wird's nicht schaden, weil immer noch genug Leute solche Fehler nicht mit Merkel in Verbindung bringen und denken, sie würden nicht die Mitglieder des Bundestags wählen, sondern die Kanzlerin.

     

    Keine Sorge, Springer, Bertelsmann und Burda bekommen das schon noch hin mit dem Absolutismus, äh, der absoluten Mehrheit!

  • HA
    Hut ab

    Das ganze ist an Widerlichkeit nicht zu überbieten.

     

    Das staatliche Bildungsmartyrium für unsere Kinder.

    Weg damit und mit deren verkommenen Bütteln. Freie Bildung für alle.

     

    Flüchtigkeitsfehler! Widerlich!

     

    Hut ab vor der Uni Düsseldorf.

  • DK
    Detlev Kleinmayr

    Ja, sie muss gehen.

     

    M U S S

     

    Das ist keine Option oder mal eben delete pressen, hier geht es um Substanz und wenn die vorgeqaukelt ist, dann ist Schluss.

     

    S C H L U S S

     

    Aber genau das, wil die Ministerin ja nicht einsehen, sie kandidiert für den Bundestag und dürfte alleine damit für viel frischen Wind bei der Opposition sorgen.

  • DB
    Der Bär

    Schavan hat sich im Falle Guttenberg fremdgeschämt.Zurecht.Ihr künftiges Handeln ergibt sich aus dem Titel ihrer Doktorarbeit :Person und Gewissen.

  • E
    emil

    schavans aussagen werden doch nicht falsch, nur weil ihre promotion aberkannt wurde.

     

    was bringt denn diese glaubwürdigkeit, nach der hier gelechzt wird?

     

     

    mal angenommen eine starke raucherin berichtet ausführlich darüber, wie sie aufhören können zu rauchen.

    ein ehemaliger raucher berichtet ebenfalls darüber.

    nun, wem schenken sie glauben? vielleicht der zweiten person?

     

    dumm nur, dass es keinen logischen zusammenhang gibt. die raucherin hat vielleicht eine deutlich

    größere expertise als der ehemalige raucher, der gerade erst aufgehört hat und selbst noch nicht

    weiß, wie ihm das überhaupt gelungen ist.

     

    glaubwürdigkeit kann uns vielleicht anhaltspunkte geben, mehr aber auch nicht. es ist keine

    abzufragende größe, mit der sich dinge sinnvoll messen lassen können.

     

    eine derartig moralische debatte ist bezeichnend dafür, dass es zu keinem zeitpunkt um inhalte geht

    und das ist beschämend. aber nur zu, winken sie die nächste person ins amt. die fähigkeiten sind

    egal, hauptsache die weste ist strahlend weiß.

  • M
    Migrantino

    Es ist sicher nicht nötig, dass ein Minister promoviert wird! Es ist viel besser, wenn ein Abgeordnete, oder bloss ein einfacher Parteigenosse einen ehrwürdigen IM-Titel besitzt... Damit kann er oder sie als Christen/Amis/Israeli-Basher glänzen...

  • B
    bempo

    Diese Merkel-Marionette scheitert gerade so GRANDIOS, daß es eine Freude ist!!! Hoffentlich zögert sie das noch ein bisschen heruas...

  • W
    Wolfram

    H. Kohl, W. Schäuble, R. Koch, KT. Guttenberg, C. Wulff, A. Schavan, usw. Die moralische Verkommenheit hat einen gemeinsamen Nenner: die Mitgliedschaft in einer "christlichen" Partei.

  • E
    Eberhard

    Ein hervorragender Kommentar!

    Der beste, den ich seither zum Thema gelesen habe.

     

    Ausgewogen - genau meine Meinung.

    Vor allem das Uni-Bashing ist wirklich widerlich!

    Und: ein Richter wird sicher nicht mehr Kompetenz haben, das zu entscheiden. Der Ruf ist außerdem so oder so dahin! Dass die CDU das in einem Wahljahr nicht kapiert? Hat sie noch nichts aus Wulff gelernt?