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Kommentar Anklage gegen ZschäpeTeil eines Tötungskommandos

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Die Anklage gegen Zschäpe wurde in vollem Umfang zugelassen. Das ist ein Erfolg für die Bundesanwaltschaft, eine Ohrfeige für Skeptiker in Politik und Polizei.

Bürgerliche Fassade oder doch Teil des Terrors? Das Gericht geht vom letzteren aus. Bild: dpa

D as Oberlandesgericht (OLG) München hat die Anklage gegen Beate Zschäpe und vier NSU-Unterstützer in vollem Umfang zugelassen. Das ist ein erster eindrucksvoller Erfolg für Generalbundesanwalt Harald Range und eine peinliche Schlappe für die Unkenrufer in Berliner Sicherheitskreisen.

Immer wieder wurden Journalisten, wohl aus den Reihen des Innenministeriums und des BKA, mit der Einschätzung gefüttert, man habe gegen Beate Zschäpe kaum etwas in der Hand. Möglicherweise könne sie nur wegen der Brandstiftung ihrer eigenen Zwickauer Wohnung im November 2011 angeklagt werden.

Die Bundesanwaltschaft ließ sich dagegen nicht irre machen, sondern überraschte Ende letzten Jahres mit einer besonders mutigen Anklage. Zschäpe wurde nicht nur Beihilfe zu den NSU-Morden vorgeworfen, sondern sogar Mittäterschaft. Die drei seien ein „einheitliches Tötungskommando“ gewesen. Die Morde seien als „gemeinsame Taten“ zu werten, die in einer „abgestimmten Arbeitsteilung“ verübt wurden, wobei Zschäpe vor allem vorgeworfen wurde, dass sie für die Gruppe eine „unauffällige Fassade“ schaffte.

Bild: taz
Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.

Gesamtbild spricht gegen Zschäpe

Mit gewisser Berechtigung haben Zschäpes Anwälte darauf hingewiesen, dass ein gemeinsamer Tatplan bisher nicht sicher bewiesen werden konnte. Auch sei es „rein spekulativ“, dass Zschäpe von den Morden wusste und sie auch wollte. Ihr Tarnverhalten könnte genausogut der Aufrechterhaltung des Lebens im Untergrund und der Verdeckung gelegentlicher Banküberfälle gedient haben. Und selbst wenn Zschäpe von den Morden wusste, dann seien ihre Tatbeiträge „nicht wesentlich“ gewesen, sondern allenfalls als Beihilfe zu werten. Die Anwälte, die keine Nazis sind, sondern bürgerliche Profis, machten ihre Pflicht und klopften die Anklage auf Schwachpunkte ab.

Es ist aber nachvollziehbar, dass das OLG die Anklage nun trotzdem zugelassen hat. Das Gesamtbild spricht nun mal gegen Zschäpe. Diese war schon zur Zeit in Jena ganz in Nazi-Kreise integriert und teilte die menschenverachtende Ideologie ihrer Kumpane Böhnhardt und Mundlos. In Diskussionen der Kameradschaft Jena plädierte sie wie die beiden dafür, sich zu bewaffnen und „mehr“ zu machen. Unterstützer nahmen die drei auch später immer als Einheit war. Kaum vorstellbar, dass die zwei Männer jahrelang ohne Zschäpes Wissen und Zutun Terror verbreitet haben.

Indem das OLG die Anklage zugelassen hat, haben die Münchener Richter implizit erklärt, dass sie eine Verurteilung wegen Mordes für wahrscheinlich halten. Zschäpes Schweigen darf zwar juristisch nicht gegen sie ausgelegt werden, denn es ist ihr Recht. Allerdings ist es prozesstaktisch wohl nicht mehr so klug, einfach nichts zu sagen und die Anklage pauschal in Zweifel zu ziehen. Moralisch wäre es ohnehin das Mindeste, was Zschäpe noch tun kann, endlich auszupacken und alles offen zu legen - vor allem wer dem NSU wann und wie geholfen hat.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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6 Kommentare

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  • N
    Nichtjurist

    Interessant fände ich zu erfahren wer denn die drei Anwälte bezahlt. Frau Zschäpe aus der Beute von den Überfällen? Pflichtverteidiger (3!) scheinen es ja nicht zu sein. Vielleicht könnte darüber berichtet werden.

  • C
    Cometh

    ... in den 70er Jahren nannte man dies die sog. Unterstützerszene und bei gerade bei der Taz hätte man Zeter und Mordio geschrieben, wenn die alle verfolgt worden wären...

     

    Ich kann nicht erinnern, dass Leute, die Passpapiere, Wohnungen, Waffen, Lebensmittel, Munition usw. besorgt haben oder mit den RAF-Gestalten zugesammengelebt oder mit Weltweisen, wie Inge Viet, ehrfürchtig-zustimmend diskutiert haben, wegen Mittäterschaft zum Mord angeklagt wurden (was, um dies klarzustellen, sicherlich bisweilen angezeigt gewesen wäre).

     

    Aber für die Leute aus eigenem Lager gelten halt eh andere Maßstäbe, war ja alles "Widerstand" und, wenn etwas richtig ist, dann, dass solche Prozesse leider politische Prozesse sind ...

     

    Gut aber, dass das verjährt ist, da können einige Leser gut schlafen, können sie aber an sich sowieso, denn sie haben ein reines Gewissen...

  • F
    FaktenStattFiktion

    Ach, die Staatsanwaltschaft als Freund der taz? Kaum zu glauben...

    Nur hat der Redakteur den Unterschied zwischen Anklage udn Richter nicht gänzlich verstanden.

     

    Sollte das Gericht Frau Zschäpe freisprechen - was wird dann gefordert? Gesinnungsjustiz hatten wir 39 bis 45 bzw. 89 doch eigentlich genug in diesem Land, oder?

     

    Aber da der Autor die Akten vermutlich ebensowenig gelesen hat wie ich, hoffe ich die Taten werden vollständig aufgeklärt und danach das Strafmaß bestimmt.

  • B
    BRD-Kritiker

    "Gesamtbild spricht gegen Zschäpe"

     

    Herr Rath,

     

    sind Sie Jurist?

    Ansonsten halten Sie Ihre dumme Klappe!

  • T
    tommy

    "Moralisch wäre es ohnehin das Mindeste, was Zschäpe noch tun kann, endlich auszupacken und alles offen zu legen - vor allem wer dem NSU wann und wie geholfen hat."

     

    So einen Rest von Moral bei Zschäpe vorauszusetzen ist aber wohl naiv. In einem Rechtsstaat zwar wohl leider nicht möglich, aber es ist bedauerlich, dass man sie nicht anderweitig zum Reden bringen kann. Wenn die Angelegenheit nicht restlos aufgeklärt wird und am Ende die meisten Unterstützer straflos davonkommen (und evtl. sogar weitere terroristische Taten begehen), werden die NSU-Morde Deutschland noch jahrzehntelang belasten und das politische Klima vergiften, schon allein wegen des verbreiteten Verdachts, dass staatliche Stellen aktiv an ihnen beteiligt waren (was ich nicht glaube, ich gehe eher von extremer Inkompetenz aus).

  • S
    sinner71

    ...... ich habe zu dem Artikel eigentlich nichts weiter zu sagen, ausser das ich mich ein wenig freue und nun hoffe das sie ihre gerechte und hoffnetlich harte Strafe bekommt.

     

    Aber ich habe eine Bitte: kann man mal aufhören überall ihr Gesicht auch noch zu den Nachrichten zu packen. Jeder kennt es doch nun.

    ICH kann es nicht mehr sehen und wahrscheinlich sieht sie heute so und so anders aus.

    DANKE sag ich schonmal.