Kommentar Angst der Deutschen: German Zuversicht
Eine neue Studie zur Angst der Deutschen kommt zu dem Schluss, dass die Stimmung immer besser wird. Das muss auch etwas mit der Lage zu tun haben.
P assieren eigentlich immer mehr schlimme Dinge - Bankencrash, Schuldenkrise, Fukushima? Kommen die Einschläge näher - und zwar schneller? Das fragte ich kürzlich meinen Kollegen. Wir kamen zu dem Schluss, dass sich gewisse Ereignisse, die zu Sorgen Anlass geben, durchaus häufen.
Aber das scheint eine Minderheitenmeinung zu sein. Wer nun die neue Studie über die Ängste der Deutschen liest, muss eine andere Schlussfolgerung ziehen: Die Stimmung der Bundesbürger wird seit zehn Jahren besser. Die These sei erlaubt: Das muss auch etwas mit der Lage zu tun haben.
Zurzeit sinkt die Arbeitslosigkeit, manche Leute verdienen mehr Geld. Das ist bekannt. Aber langfristig? Was war es noch, das den Deutschen neben den Finanzkrisen angeblich das Leben schwermacht? Hartz IV, die Schere zwischen Arm und Reich, Ungerechtigkeit, Krieg, Klimakollaps, Erdbeben, die Erwärmung der Pole und die Abkühlung der menschlichen Beziehungen.
ist taz-Autor und freier Wirtschaftsjournalist.
All das scheint den Bundesbürgern nicht so viel auszumachen. Anscheinend sehen viele dieses Land auf einem ganz guten Weg, wozu vielleicht auch die eine oder andere Regierung etwas beigetragen hat.
Eine solche Gelassenheit ist der Lebenshaltung von Politikern und Journalisten oft fremd. Beide Branchen leben von Erregung. Die einen müssen etwas ändern, um sich zu beweisen, die anderen brauchen Veränderung, um davon zu leben. Hiobsbotschaften sind die besseren Neuigkeiten.
Denn die Menschen konsumieren schlechte Nachrichten lieber als gute. Sie wollen gewarnt sein. Konflikte versprechen Spannung. Wahrscheinlich ist der moderne Medienmensch schizophren. Er inhaliert schlechte Nachrichten, um sie zu vergessen und sich im nächsten Moment seinem Gemüsebeet zu widmen - ein angenehmer Zug.
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