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Kommentar Altersarmut in IsraelMoralisch sind wir verpflichtet

Kommentar von Philipp Gessler

Die Bundesrepublik sollte der Forderung nach weiteren Zahlungen an die bedürftigen Holocaust-Überlebenden in Israel nachkommen. Unsere Verantwortung verjährt nicht.

G eld kann nichts wieder gut machen - erst recht nicht, wenn es um den Holocaust geht, den Mord an sechs Millionen Menschen durch Deutsche und in deutschem Namen. Aber Geld kann die Lebensbedingungen der Überlebenden verbessern und ein Zeichen historischer Verantwortung setzen.

Und diese Verantwortung vergeht nicht. Deshalb war es richtig, dass die Entschädigung auch der Zwangsarbeiter selbst 55 Jahre nach dem Krieg noch erfolgte. Auch der Forderung von israelischer Seite nach weiteren Zahlungen an die bedürftigen Holocaust-Überlebenden in Israel sollte die Bundesrepublik nachkommen.

Sicherlich, etwa 60 Milliarden Euro haben die Deutschen seit 1952 schon an "Wiedergutmachung" gezahlt. Eine beträchtliche Summe. Viele der 250.000 Überlebenden in Israel aber erhielten - wegen bürokratisch enger Regeln und des späten Falls des Eisernen Vorhangs - nichts oder fast nichts. Etwa 90.000 Überlebende in Israel sind bitterarm; 10.000 erhalten von deutscher Seite nicht einmal die generell gezahlte Zusatzrente (die nur 270 Euro beträgt). Zumindest diesen Gruppen wäre mit zusätzlichem Geld zu helfen, auch wenn rechtlich dazu keine Pflicht besteht.

Die dafür nötigen Summen sind überschaubar - und der deutschen Öffentlichkeit mit etwas Engagement auch plausibel zu machen. Natürlich wird es schwerer, dies den heutigen Deutschen zu erklären, denn persönliche Schuld am Holocaust trägt aus Altersgründen so gut wie niemand mehr. Dass aber so viele Holocaust-Überlebende heute in Altersarmut leben, liegt nicht zuletzt an der Judenverfolgung - und das müsste zu vermitteln sein.

Die Position von Finanzminister Steinbrück, wonach die Ansprüche völkerrechtlich gesehen seit 1952 mit dem "Luxemburger Abkommen" abschließend geregelt wurden, ist gleichwohl nachvollziehbar. Moralisch aber trägt sie nicht. Deshalb wäre eine humanitäre Geste Deutschlands ohne weitere Rechtsansprüche angesagt. Sie sollte großzügig sein und nach diskreten Verhandlungen erfolgen - damit auf dem offenen politischen Parkett kein entwürdigendes Geschacher um ein wenig Hilfe für die letzten Überlebenden einsetzt.

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10 Kommentare

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  • A
    Alster

    Durch verkommenen Kapitalismus entstehen Kriege.

    Warum zahlt das Kapital denn nicht nachher die

    Rechnung. Deutschland hat genug verarmte Rentner.

    Dem Kapitalismus ist ja auch das Hemd näher als

    die Jacke. Warum soll der deutsche Kleinbürger verzichten um die Schandtaten des Kapitals zu

    begleichen. Ist Hitler nicht durch das Kapital an

    die Macht gekommen und ist er nicht so lange von

    diesem unterstützt worden bis alles in Scherben

    ging. Trugen die Börsenspekulanten, die

    heute wieder rumgrasen wie eh,( und heute wieder

    nichts gegen die Anfänge gemacht wird) nicht die

    große Schuld mit daran? Man hat nichts gelernt

    nur die Selbstbereicherung steckt im Blut wie eh

    und je.- Soll die Welt noch gerettet werden muss

    die Habgier bestraft werden.

  • IN
    Irene Nickel

    Die jüngeren Deutschen sind an den Nazi-Verbrechen nicht schuld - aber sie sind die Erben von Deutschen, die sich schuldig gemacht haben. Die Schuld ist nicht erblich - wohl aber die "Schulden", die Verpflichtungen zur Wiedergutmachung. Wir sind die Erben - nicht nur die Erben unserer persönlichen Eltern und Großeltern, sondern auch die Erben von ganzen Generationen von Deutschen, die zuerst Juden ermordet und ihr eigenes Land der Zerstörung preisgegeben haben, die danach aber auch viel wieder aufgebaut haben und mit ihrer Arbeit dafür gesorgt haben, dass wir in einem reichen Land leben können. Von den Vorteilen diese Erbes profitieren wir gern - da haben wir kein moralisches Recht, die Übernahme von Verpflichtungen zu verweigern, die zu demselben Erbe gehören. Ob es sich um Rechtsansprüche handelt oder "nur" um moralische Verpflichtungen - wir sollten in Armut geratene Überlebende des Holocaust finanziell unterstützen.

  • S
    samida

    Was kostet eigentlich die Mauer...? Und was kosten die Siedlungen in der West Bank...? Was kostet die Besatzung? Wenn diese gigantische Geldverschwendung aufhörte, wäre sicher genug Geld da, um Altersarmut in Israel zu verhindern. Und dann hätte ich auch nichts dagegen, dass Deutschland trotzdem noch was drauflegt.

  • TC
    Tomas Capdevila

    @ Bukovic:

     

    Weil die Bundesrepublik Deutschland Rechtsnachfolgerin des Dritten Reichs ist. Nicht nur das Erbe freudig verprassen, auch den Schulden (nicht nur finanzieller Art) aus diesem Erbe muss Rechnung getragen werden.

     

    - Tomas

  • FW
    Fritz Wilke

    Sicher sollten wir das in Ordnung bringen. Allerdings möchte ich um der Wahrheit willen hier klar stellen, dass die Verantwortung für die Unterlassungen der Vergangenheit, d.h. die beschämende Armut der Holocaust-Überlebenden, einzig und allein bei den Israelis und der JCC liegt und dass (die Einzelheiten der Ausrechnung lasse ich weg) die Summe von 3,5 Milliarden DM aus 1952, vernünftig angelegt und verzinst, völlig ausgereicht hätte, um die israelischen Ausgaben von 3,5 Milliarden Dollar zu decken.

  • T
    tengel

    Ich sehe nicht ein warum Deutschland die Rente fuer arme israelische Staatsbuerger zahlen sollte. Es gibt genug Rentner hier die der Hilfe beduerfen, Stichwort : Altersarmut in Deutschland.

    Nur weil diese Rentner Holocaut-Ueberlebende sind? Die Wiedergutmachungszahlungen wurden bereits an den Staat Israel geleistet,wenn dieser das Geld verschleudert hat,kann die heutige deutsche Generation doch nichts dafuer! Ich frage mich ob es den Rentnern in Israel ueberhaupt gefaellt immer wieder als "moralische Keule" fuer Bergehrlichkeiten gegen Deutschland herhalten zu muessen? Ich finde es sehr schade das dieser Vorstoss aus Israel gerade aus der politischen Ebene erfolgte, das zeigt mir das dort immer noch alte Denkweisen gepflegt werden.

  • V
    Volker

    Wir haben Geld für jeden Scheiß. Da steht Deutschland die Unterstützung der letzten KZ-Überleben gut zu Gesicht. Ich gehöre auch (jg. 57) zu den Nachgeborenen, finde aber wir können unsere Geschichte nicht allein über Fußballweltmeisterschaften definieren. Ob es nun moralisch ist, auch bei dunklen Punkten der Vergangenheit nicht gleich alterbedingt die Card blanche zu ziehen, oder einfach nur anständig? Wir sollten dieses Geld zahlen.

  • TM
    Th. Müller

    Ist der Status als Holocaust-Opfer eigentlich erblich, etwa so, wie der als Heimatvertriebener?

  • G
    guest

    Ist ja nicht so, dass das die letzte Forderung wäre. Die Ansprüche steigen mit den erhaltenen Zahlungen. Es wird auch über Opfer der zweiten Generation verhandelt - die den Holocaust nicht mehr selbst erlebt haben, aber dadurch traumatisiert wurden.

  • B
    Bukovic

    Warum soll dann eine moralische Pflicht bestehen, Geld zu geben, wenn kaum einer der heute lebenden Deutschen persönliche Schuld auf sich geladen hat???

    Falls der deutsche Staat wirklich Geld übrig haben sollte, wäre das doch wesentlich besser im Kampf gegen Aids, den Klimawandel oder Rechts angelegt.

     

    Ha ha ha.