Kommentar Afrika-Cup: Riskantes Spiel
Dass es ausgerechnet in Afrika, das positive Nachrichten noch nötiger braucht als andere Kontinente, zu so einem Zwischenfall kommt – das ist die eigentliche Tragödie.
S o dicke Schlagzeilen hat der Afrika-Cup noch nie produziert. Schon bevor dort der erste Anpfiff ertönte, schaute die Welt nach Angola. Doch wie so oft sind es Blicke des Entsetzens. Dabei sollte 2010 mit der Fußballweltmeisterschaft im Sommer doch das große Jahr für den afrikanische Kontinent werden!
Keine zehn Tage ist das Jahr nun alt, und die ersten Hoffnungen haben sich schon zerschlagen. Denn auch wenn der Anschlag auf Togos Fußballspieler einen politischen Hintergrund hatte, der Eindruck bleibt doch: Auch dem Sport gelingt es nicht, von den furchtbaren Konflikten abzulenken, die überall in Afrika schwelen.
Sicher war es fahrlässig, bei einem solchen Turnier Spiele in Angolas unsichere Exklave Cabina zu verlegen. Noch fahrlässiger ist es, am Spielort festzuhalten, obwohl weitere Anschläge angekündigt sind. Vielleicht war es sogar ganz falsch, das Turnier überhaupt an Angola zu vergeben, wo bis vor acht Jahren ein Bürgerkrieg tobte. Allerdings: Angola ist reich an Öl, hier lässt sich viel Geld verdienen. Warum sollen ausgerechnet Afrikaner freiwillig auf diese Möglichkeit verzichten?
Cabinda, der Ort des Überfalls, bekam vor allem deshalb den Zuschlag als Spielort, weil es hier besonders viel Öl gibt. Sicherheitsfragen werden da schnell zweitrangig. Diese Logik spielt bei solchen Anlässen allerdings immer eine Rolle, andere Sportverbände vergeben ihre Wettbewerbe nach vergleichbaren Kriterien. Dass es nun ausgerechnet in Afrika, das positive Nachrichten noch nötiger braucht als andere Kontinente, zu so einem Zwischenfall kommt - das ist die eigentliche Tragödie.
Mit der kommenden Fußball-WM in Südafrika hat der Zwischenfall ansonsten wenig zu tun. Anders als manche Medien suggerieren, besteht kaum die Gefahr, dass der Tourbus von Lukas Podolski in einen bewaffneten Hinterhalt geraten könnte. Das Problem dort ist die Kriminalität, nicht ein schwelender Bürgerkrieg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Nach Diphtherie-Fall in Berlin
Das Problem der „Anthroposophischen Medizin“
Felix Banaszak über das Linkssein
„Für solche plumpen Spiele fehlt mir die Langeweile“
Geschlechtsidentität im Gesetz
Esoterische Vorstellung
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod