piwik no script img

Kommentar Afghanistan-PolitikKurswechsel in der US-Außenpolitik

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Obama will neue Initiativen für die Afghanistan-Politik ergreifen. Das ist eine Chance, aber auch ein Risiko.

I st die Obama-Administration tatsächlich bereit zu einer Korrektur der verfehlten und kontraproduktiven Politik der USA in Afghanistan und Pakistan, gegenüber Iran sowie mit Blick auf den israelisch-palästinensischen Konflikt? Und stehen wir vor einer neuen Phase der Kooperation zwischen Washington und Moskau bei der bilateralen wie multilateralen Rüstungskontrolle und Abrüstung?

Bild: kristin fleury

Andreas Zumach ist UN-Korrespondent der taz in Genf.

Entsprechende Hoffnungen haben jüngste Äußerungen des US-Präsidenten zu Afghanistan erweckt ebenso wie der Verlauf der ersten Nahost-und Europareise seiner Außenministerin Clinton. All die genannten Problemfelder und Konflikte sind miteinander verknüpft. Wenn nicht substanziell in der Sache, wie zum Beispiel Israel/Palästina und Iran, dann doch zumindest, weil Washington und Moskau mit ihren jeweiligen Vorteilen die andere Seite zu Konzessionen bewegen können. Verstärkte Unterstützung Russlands für USA und Nato in Afghanistan gegen Verzicht der Nato auf Aufnahme von Georgien und der Ukraine könnte etwa eines dieser Gegengeschäfte sein.

In der Verknüpfung der Problemfelder liegt eine Chance, aber auch ein Risiko. Denn die innenpolitischen Dynamiken der wichtigsten Konfliktländer enthalten ein erhebliches Störpotenzial. Irans Präsident Ahmadinedschad könnte die neuen Avancen aus Washington zurückweisen, wenn er glaubt, nur als Hardliner im Streit über das Atomprogramm und im Konflikt mit den USA habe er die Chance auf eine Wiederwahl im August. Ähnlich könnte sein Amtskollege Karsai in Kabul kalkulieren und deshalb die vorsichtigen Versuche Obamas zur Korrektur der US-Afghanistanpolitik torpedieren. Kommt hinzu, daß die von Obama in Aussicht gestellten Gespräche mit den "moderaten Taliban" nichts bewirken, wenn die USA zugleich 30.000 neue Soldaten nach Afghanistan senden und den Krieg eskalieren. Auch der wahrscheinliche künftige Regierungschef Israels, Benjamin Netanjahu, könnte die besten Absichten in Washington und Moskau mit der weiteren Ablehnung eines Staates für die Palästinenser zum Scheitern verurteilen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.

1 Kommentar

 / 
  • KD
    Kenner der Szene

    und genau da liegt der systemische fehler vom herrn obama. er würde am liebsten mit seinem kuschelkurs alle streithähne zu mehr harmornie in der weltgemeinschaft bewegen, aber diese vorgehensweise ist mehr als naiv! wer sagt, dass ein iran die usa braucht. sie sind auch 30 jahre lang ohne die usa weitergekommen. das ganze neue system funktioniert dann, wenn alle an einem stran ziehen. aber seien wir doch realsitisch, wir kennen doch die streithähnen und die historie. mit einem ahmadinejad, netanjahu auf der anderen seite, mit einem putin-russland und sog. moderaten taliban (keiner weiss, wer und was in gottesnamen diese sind)wird dieses zu durchsichtiges konzept nicht aufgehen!

    zu einfach, zu durchsichtig und wenig attraktiv für alle. die win-win situation und derern darstellung und vermittlung bleibt hier auf der strecke.