Kommentar Abzug der US-Truppen aus Irak: Desaströse Bilanz im Irak
Der Irakkrieg war ein schwerer Bruch des Völkerrechts. Dennoch klingen die Berichte vieler US-Medien jetzt wie Heldengesänge. Dabei gibt es zu Stolz keinen Anlass.
W ie Heldengesänge klingen die Berichte vieler US-Medien über den Abzug der letzten amerikanischen Kampfbrigade aus Irak. In einer am Donnerstag von fast allen US-Zeitungen gedruckten Reportage der Nachrichtenagentur AP vom irakisch-kuwaitischen Grenzübergang Cabari erklärt ein 25-jähriger Unteroffizier: "Dass ich damals im März 2003 mit der ersten Welle kam und jetzt mit den letzten Kampfeinheiten wieder gehe, darauf werde ich mein Leben lang stolz sein."
Doch zu Stolz gibt es nicht den geringsten Anlass. Der anglo-amerikanische Irakkrieg und die nachfolgende Besatzung des Landes waren ein schwerer Bruch des Völkerrechts. Sämtliche Vorabbegründungen der Regierungen Bush und Blair für diesen Krieg waren von Anfang an gelogen. Als nachträglicher Rechtfertigungsversuch blieb der Sturz von Saddam Hussein, eines Diktators, den der Westen und die Sowjetunion ab Ende der 70er Jahre überhaupt erst stark und für den Krieg gegen das islamische Revolutionsregime im Nachbarland Iran mit konventionellen und Massenvernichtungswaffen aufgerüstet hatten.
Doch zu welchem Preis erfolgte der Sturz Saddams? In unmittelbarer Folge von Krieg und anderen Gewalttaten starben seit dem März 2003 über 100.000 Zivilisten. Rechnet man die Folgen der Zerstörung lebenswichtiger Infrastruktur wie etwa der Wasserversorgung hinzu, kamen knapp 800.000 irakische Zivilisten ums Leben. Die Stadt Falludscha und andere von den US-Streitkräften massiv beschossene "Widerstandsnester" wurden auf Jahrzehnte mit Uranmunition verseucht. Die Krebsraten in Falludscha sind bereits dramatisch angestiegen.
Andreas Zumach ist UNO-Korrespondent der taz mit Sitz in Genf. Zuletzt veröffentlichte er: "Die kommenden Kriege - Präventivkrieg als Dauerzustand?" bei Kiepenheuer und Witsch.
Im Irak ließen 4.419 US-Soldaten ihr Leben, zehntausende kehrten verwundet oder mit schweren Traumata nach Hause zurück. Im Budget des Pentagons wurden seit 2003 über 740 Milliarden US-Dollar für den Krieg und die Besatzung im Irak bereitgestellt. Experten wie Nobelpreisträger Joseph Stieglitz beziffern die tatsächlichen Kosten für die US-Volkswirtschaft auf bis zu drei Billionen Dollar. Doch trotz dieser riesigen Kosten und Opfer ist der Irak weder nachhaltig befriedet noch politisch stabilisiert.
Desaströser könnte die Bilanz eines Kriegs kaum ausfallen. Es muss einem angst und bange werden für die Menschen in Afghanistan, das derzeit mit denselben Methoden befriedet und stabilisiert werden soll.
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