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Kommentar AbschiebungParanoides Europa

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Die Mit ihrer neuen "Rückführungsrichtlinie" vereinheitlicht die EU das rauswerfen illegaler Ausländer. Die Festung Europa steht - und damit fällt die Gültigkeit der Menschenrechte.

S ie sind aus den Schlagzeilen verschwunden, nicht aber aus der Realität. Der Sommer 2008 ist wieder ein Sommer voller Leichen an Europas Außengrenzen, auf dem Weg von Afrika nach Europa über Atlantik und Mittelmeer. Dass diese Katastrophen kaum noch wahrgenommen werden, weil die Wanderung der Armen zur Saison gehört wie der Flug der Zugvögel, ändert nichts an ihrer Dramatik.

Bild: taz

Dominic Johnson ist Auslandsredakteur der taz mit Schwerpunkt Afrika.

Die Europäische Union vereinheitlicht nun mit der neuen "Rückführungsrichtlinie" die Regeln für das Rauswerfen illegaler Ausländer, nach einem bewährten, verlogenen Motto: europäische Harmonisierung gleich Fortschritt, unabhängig vom Inhalt. Sicher: Die Lebensplanung für einen Afrikaner vereinfacht sich erheblich, wenn er sich nach seiner Abschiebung aus beispielsweise Frankreich keine Gedanken mehr zu machen braucht, ob er vielleicht nach Spanien oder Italien könnte, weil in Zukunft ein europaweites Wiedereinreiseverbot für ihn gilt. Und mit dem Satz "Mitgliedsstaaten sollen jedem Bürger eines Drittlandes, der sich illegal auf ihrem Territorium aufhält, einen Rückkehrbescheid ausstellen" entfällt für europäische Regierungen das lästige Nachdenken darüber, ob sie ihre Illegalen nicht einfach in Ruhe lassen könnten. Das geht in Zukunft nicht mehr.

Die Festung Europa steht. Da kann man noch so sehr darauf hinweisen, dass eine vernünftige Migrationspolitik klare Regeln zur Ein- und Ausreise braucht. Das Recht auf Freizügigkeit gehört ab sofort nicht mehr zu den von Europa anerkannten Menschenrechten. Die gerne von den Lobsängern europäischer Kultur vertretene universelle Gültigkeit der Menschenrechte hat Europa selbst aufgehoben.

Bleibt noch die Hoffnung, dass das Europaparlament die neue Richtlinie ablehnt, und dass ihre Übertragung in nationales Recht lange genug dauert, um ein paar Menschenleben zu retten. Aber mit dem französischen Scharfmacher Nicolas Sarkozy als nächstem EU-Ratspräsidenten und einem Siegeszug der Rechten in immer mehr europäischen Ländern sollten sich Außereuropäer in Zukunft sehr genau überlegen, ob nicht andere Weltregionen eine bessere Zukunft bieten als dieses paranoide Europa.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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7 Kommentare

 / 
  • L
    Leòn

    Die verabschiedeten Richtlinien sind deshalb inhuman,

    weil die Haftbedingungen nicht vereinheitlicht sind.

    Bei einer 'Abschiebe-Haft' von bis zu 18 Monaten wird den Inhaftierten nichts anderes als ein umzäuntes Milleu des "survival of the fittest" zugemutet.

    Und dies obwohl sie nichts anderes in Anspruch nehmen als das Menschenrecht der BEWEGUNGSFREIHEIT!

    Möglicherweise treiben solche Vorgehensweise "ehrliche" Flüchtlinge innerhalb der Lager in die Hände der organisiserten Kriminalität.

     

    Die 5 Jahre Einreisesperre übertreffen oben genannte Regelung an Bösartigkeit um ein Vielfaches.

    Bürgerkriege halten sich nicht an die Bestimmungen der EU, d. h. Flüchtlinge suchen dann Schutz und Zuflucht innerhalb der EU, wenn das politische Klima in ihrer Heimat für sie gefährlich wird.

    Ist einer dieser Flüchtlinge vorher mit den 5 Jahren Einreiseverbot belegt worden, bleibt ihm nichts anderes übrig als auf seine Henker zu warten.

     

    Treffen diese Entscheidungen wirklich die klügsten Köpfe, oder die die sich als Viehhirten für Menschen begreifen?

  • PM
    Pas Materski

    es geht dabei doch nur um kohle.

    dem reisen als solches werden einfach hürden vorgesetzt, die den richtigen verbrechern kein Hinderniss darstelle.

    z.B.: Als korrupter staatsangestellter eines afrikanischen landes, was soll schon sein.

    oder mal bei interpol vorbeischauen, soll mal keiner glauben die könnten nicht Überall sein.

    Und reisende einfach absaufen zu lassen, dafür wird sich jemand verantworten müssen.

  • S
    Shrike

    Freizügigkeit in EUropa gibt es schon.

    Jedoch können wir Europäer selbstverständlich über unsere Grenzen verfügen.

     

    Im Falle der illegalen Zuwanderung aus Afrika wäre das beste, was man tun könnte, eine Verbeserung der Lage in Afrika zu erzielen, jedoch versucht man dies schon seit Jahrzehnten mit lediglich durchwachsenen Ergebnissen.

     

    Die Staaten Afrikas sind schon länger unabhängig.

    Obwohl man sich bezüglich der Weltmärkte keinen Illusionen über Fairnis und Förderung der armen Staaten hingeben sollte: Dies gehört (leider) zur Realität.

    Für etliche afrikanische Staaten war die Ausgangslage angesichts der Rohstoffe und Fruchtbarkeit ihres Landes jedoch gar nicht so schlecht, dennoch ziehen jetzt China und Indien meilenweit an ihnen vorbei.

    Korruption, Bürgerkriege, alles schon zigmal diskutiert.

    Und es wurden ja sehr wohl zum einen beträchtliche Summen an Afrika gespendet und verliehen, ebenso haben etliche Staaten mit dem Verkauf der Rohstoffe beträchtliche Gewinne erzielt.

    Dennoch geht zu wenig voran, zu wenig kommt bei den Leuten an, während die Bevölkerung immer noch wächst.

     

    Was könnte Europa noch tun ?

    Einiges zwar, etwa Schuldenerlässe und Wissens-Transfer, jedoch wäre es falsch, weiterhin zu behaupten, was viele Linke immer noch standhaft herunterleiern, dass nämlich der böse Westen an allem schuld sei.

    Wozu sind diese Staaten in Afrika denn unabhängig ?

    Um weiterhin alles Schuld für Probleme bei den Weißen zu suchen ?

    Viele in Afrika sehen es ähnlich wie die Linken in Europa, aber dies ist zumindest teilweise Selbstbetrug.

     

    Und eine totale Freizügigkeit zu fordern, wie es die taz zu tun scheint ist schlicht nicht realistisch.

     

    Wie viele sollen wir denn aufnehmen ?

    Wenn man damit anfinge, in großem Stil die illegalen Zuwanderer hereinzulassen, würde dies nur noch mehr anziehen, angesichts der Geburtenraten vieler afrikanischer Staaten würde es zum ganz normalen Modell afrikanischer Lebensplanung werden, ein, zwei oder mehr Kinder nach Europa zu entsenden.

    Gerade die besser Ausgebildeten würden jedoch kaum zurückkommen.

     

    So löst man keine Probleme, man schafft aber jede Menge neue.

    Man hätte dann ein Outsourcing von Problemen nach Europa, jedoch keine Garantie für nachhaltige Verbesserungen in Afrika.

    Von Vollbeschäftigung sind wir ohnehin weit entfernt, auch jetzt, die nächste Rezession kommt sicher.

    Und die Menschen in Europa werden kaum begeistert sein, warum auch ?

    Mein Vorredner U. Kolossos hat schon recht, wenn er zum einen auf die Probleme unkontrollierter Einwanderung hinweist und zum anderen auf das selbstverständliche Recht der Europäer, "Nein." zu sagen.

     

    Schon jetzt haben wir ja in der Tat große Probleme in GB, F, D, DK, NL und danderen Einwanderungsländern.

     

    Die Linke ist töricht, wenn sie glaubt, dass Europa noch viel mehr Masseneinwanderung einfach so wegsteckt.

    Dies ist Wunschdenken, es läuft eben nicht so einfach, siehe die bereits erwähnten Ghettos und Konflikte.

    An dieser Stelle muss Realitätsinn über Wunschträume siegen.

  • J
    jonas

    @ K.D. Neumann

    Hut ab für soviel Ignoranz!

     

    Dass die meisten "Probleme" wie du die blutigen Konflikte und die ungeheure Armut nennst die weite Gebiete Afrikas quasi unbewohnbar machen zum großenteil keine hausgemachten sind spielt wohl keine Rolle?

    Das wir an den Kriegen unseren guten Teil verdienen auch nicht?

    Das die WTO einen starken wirtschaftlichen Aufschwung in den meisten Gebieten gekonnt zu verhindern weiss auch nicht?

    Das europäische Konzerne die Rohstoffe vieler Länder ausbeuten, und die bevölkerung in Armut stürzen dann wohl auch nicht.

     

    Unsere Verantwortung der Dritten Welt gegenüber ist nicht zu leugnen.

  • UK
    U. Kolossos

    Abgesehen von selbstverständlich indiskutablen Mängeln bei der Wahrung der Menschenrechte und der Würde der "Abgeschobenen",

    muss man unterscheiden zwischen deontologischem Gutmenschentum und teleologischem. Natürlich wäre es am schönsten, wenn sich jeder freizügig in der Welt bewegen könnte. Aber wozu führt diese Liberalität, die auch der Autor hier preist? Es bedarf nur eines kurzen Blickes auf europäische Städte mit hohem Ausländeranteil: wenn der Staat zwar freizügig einwandern lässt, aber die Einwanderer dann nicht gezielt fördert, kommt es zu Ghettos, Armut, Kriminalität. Wohngegenden werden nachts oder auch am Tage gefährlich.

    Man denke zudem auch an die Zahl der Einwanderungswilligen; der Staat würde nie die Gelder mobilisieren (können), um den "Neuen" eine würdige Lebensführung zu garantieren, es würden Slums wachsen. Das gilt es zu verhindern!

    Denn der Staat muss die Sicherheit seiner Bürger garantieren.

    Genausowenig kann man sagen: "Bleibt alle daheim!", wie es die eingängige Stammtischlogik ist. Wenn Du daheim nichts mehr zu Fressen kriegst, bist Du durchaus bereit, Dein Leben zu riskieren.

    Die Toten an der EU-Mittelmeergrenze werden wohl ungeachtet jeder Einwanderungspolitik immer steigen, solange dort Wasser ist, wird es auch Arme geben, die es überqueren wollen.

    Ohne sich in Gutmenschenrhethorik verzetteln zu müssen, ist es doch zweifelsfrei, dass ein Staat zuerst an die eigene Bevölkerung denken muss. Dazu wurde er geschaffen, und es ist nicht verwerflich. Kein Staat ist moralisch zu Favelas verpflichtet, auch wenn durch diese Entscheidung indirekt Menschenleben verloren gehen. Das klingt zynisch, ist aber nur Realismus, der zunehmend notwendig wird, zu einer Zeit, da die PC viele Dinge hinter einfachen Wahrheiten verbirgt.

  • A
    anke

    Angenommen, Andreas Zumach hätte Recht und das restriktive Verhalten der Militärjunta von Myanmar wäre kein Ausdruck von Stärke, sondern ein Beleg für ihre (gefühlte oder tatsächliche) Schwäche, Unsicherheit und Isolation – was könnte man daraus ableiten?

     

    Man könnte daraus ableiten, dass jemand, der den Zutritt zu einem bestimmten Territorium verwehrt, obwohl er damit wissentlich Menschenleben gefährdet, sich womöglich auch dann nicht besonders stark fühlt, wenn er Europäer ist und Zivilist.

     

    "R2P" spricht die UNO und will damit gesagt haben: "Verantwortung zum Schutz" (Schreibt man 2 nicht two?). "Das Boot ist voll!", kreischt man schon seit Jahrzehnten auf den Wahlkampffeten der CDU/CSU und an ihren Biertischen. Die anwesenden SPD-Mitglieder widersprechen nie. Und trotz des großen "C" und des ebenso großen "S" in den Parteinamen heißt das in dem Zusammenhang nie: "Frauen und Kinder zuerst!" Es heißt immer: "Deutsche zuerst!"

     

    Ich fürchte, da möchten sich in erster Linie große, starke, mutige Männer schützen (lassen), die höchst offiziell ganz, ganz viel Verantwortung tragen. Und zwar vor ihrer eigenen Unfähigkeit. Koste es, was es wolle. Ist ja auch wirklich nicht immer ganz leicht, die Risiken zu managen, denen man sich als Retter so aussetzt...

     

    Da ist es womöglich wirklich besser, man lässt den einen oder anderen verrecken. Und zwar streng hierarchisch. Erst die Fremden und dann den Rest. Wenn man erst mal so weit ist, nehme ich an, ist alles andere leicht. Dann nämlich ist es nicht nur völlig Wurscht, welche Sprache einer spricht. Es ist auch egal, ob die Leute ersaufen, verhungern oder an Durchfall sterben.

     

    Ärgerlich nur, dass die Ausreden dieser Typen so schlecht getarnt sind. Myanmar, scheint es, ist überall. Gibt es denn gar keine Möglichkeit, die Feiglinge und Versager endlich los zu werden? Ich meine: Keine andere, als genau die Art von Gewalt, die sie zu Feiglingen und Versagern gemacht hat?

  • K
    K.D.Neumann

    Halloooo,

    wir haben auch so genug Probleme in "Europa". Ich frage mich was diese ganzen Menschen anderer Kulturen hier wollen. Liegt es an den ARGEN?

    Die Illegalen machen reguläre Arbeit kaputt und drücken die Löhne nach unten, dass hält keine Volkswirtschaft aus. Die Menschen sollen zu hause bleiben und etwas für ihr Land tun, statt wegzulaufen und ihre Probleme anderen aufzuhalsen!