piwik no script img

Kommentar Abriss eines BaudenkmalsStatus eines Feigenblatts

Lena Kaiser
Kommentar von Lena Kaiser

Wenn in Hamburg im Zweifelsfall sowieso die Wirtschaft Vorfahrt hat, kann sich die Stadt den Denkmalschutz auch gleich schenken.

E s ist schon bezeichnend, dass gerade der Hamburger SPD-Senat so mir nichts dir nichts grünes Licht für den Abriss eines der wichtigsten Baudenkmäler der Arbeiterbewegung aus der Weimarer Republik in der Stadt gibt.

Am Streit um die Gebäude der Konsumgenossenschaft auf der Peute zeigt sich, welchen Status der Denkmalschutz in Hamburg hat: den eines Feigenblatts. Denn im Zweifelsfall hat die Wirtschaft nun mal Vorfahrt.

Wenn regierende Parteien historische Zeugnisse nach stadtentwicklungsstrategischen Gutdünken oder für die hafenwirtschaftliche Konjunktur plattmachen können, kann die Stadt sich den Denkmalschutz eigentlich auch gleich in die Haare schmieren. Es wird sich zeigen, ob die Novelle des Denkmalschutzgesetzes irgendetwas daran ändert.

Denn der Senat hat das neue Denkmalschutzgesetz gegen den Willen der eigenen Stadtentwicklungsfraktion durchgesetzt. Denn die wollte das vereinfachte Gesetz nicht, das nicht mehr zwischen „erkannten“ und „geschützten“ Denkmälern unterscheidet – und das in zwölf Bundesländern längst gang und gäbe ist.

Der Senat argumentiert, dass der Abriss des Industriedenkmals für schnöde Lagerflächen der Hafenwirtschaft im öffentlichen Interesse sei. Die Regierenden wären wohl keine Regierenden, wenn sie nicht so lässig auf die Arbeiterbewegung pfeifen würden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Lena Kaiser
Transformatorin und Autorin
studierte Politikwissenschaft, Philosophie und Ethnologie in Potsdam, Berlin und Mexiko-Stadt und schreibt seit 2009 für die taz. Sie volontierte bei der taz in Hamburg, war dort anschließend Redakteurin, Chefin von Dienst und ab Juli 2017 Redaktionsleiterin. 2019 wechselte sie in die Produktentwicklung der taz und ist verantwortlich für die Digitalisierung der täglichen taz.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!