Kolumnen Nullen und Einsen: Ja, leck mich fett!
Alle schreiben über Facebooks „Datenleck“. Aber kaum jemand macht sich Gedanken, ob die Metapher passt. Fürs Digitale fehlen uns oft die Worte.
D as „größte Facebook-Datenleck aller Zeiten“ sorgte diese Woche für Aufregung in Medien und Internet. „Soll ich mein Facebook-Profil jetzt löschen?“, fragte die Bild auf ihrer Seite eins, auf Twitter machte das wütende Hashtag #deletefacebook die Runde. Bekannt geworden war, dass Daten von 50 Millionen Nutzerprofilen an die PR-Firma „Cambridge Analytica“ gelangt waren, die diese mutmaßlich im US-Wahlkampf verwendet hat.
Es war nun nicht das erste „Datenleck“ der jüngeren Geschichte. Um nur einige zu nennen: „Notruf 112 mit fatalem Datenleck“ (heise.de, 16. 3. 18) / „Schwerwiegendes Datenleck legt Zehntausende Schuldnerdaten offen“ (SZ, 27. 12. 17) / „Datenleck in der Fritzbox entdeckt“ (PC Welt, 6.7.17) / „Datenleck enthüllt Offshore-Deals reicher Putin-Freunde“ (Spiegel online, 3. 4. 16)
Der Leck-Begriff passt sich dabei ein in eine ganze Reihe von aquatischen Metaphern in der Internetberichterstattung: Daten fließen im Datenstrom, vom Datenabfluss den weiten Weg bis ins Datenmeer, an dessen Ufern wir schließlich durch die Datenfluten des Internets surfen.
Die Sinnhaftigkeit dieser Metaphern wird im Hamsterrad der Schlagzeilenproduktion, wie bei allen Metaphern, kaum noch überprüft. Okay: Meist gibt es eine undichte Stelle im System, durch die Daten ungewollt nach außen geraten. Soweit haut es hin.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Aber anders als beim klassischen Leck in der Kohlenstoffwelt tröpfeln oder rieseln hier nicht kontinuierlich Einzeldaten nach draußen und liegen dort dann herrenlos herum. Daten werden schon gezielt abgegriffen und meist auch im Paket. Oder „geklaut“, was ja auch wieder Quatsch ist, weil sie ja niemandem weggenommen werden.
Aber egal. Das Datenleck ist jetzt da, genau wie die Datenautobahn oder die Datenkrake. Sie alle werden genutzt und nicht weiter hinterfragt. Und sie zeigen, dass wir uns immer noch schwer tun mit der Fassbarkeit des Virtuellen. Die Generation, die dabei irgendwann nicht mehr auf Begriffe aus der Fest- und Flüssigstoffwelt zurückgreifen muss, die wird sich als erste wirklich digital native nennen dürfen.
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