Kolumne press-schlag: Planungssicherheit statt Nervenkitzel

Nach geschaffter Qualifikation erklärt sich die DFB-Auswahl zum EM-Favoriten. Und die Iren stimmen begeistert zu.

Jetzt müsse nächstes Jahr auch der Titel als Europameister her, forderte der Manager der deutschen Fußballnationalelf, Oliver Bierhoff: "Nach einer solchen WM müssen wir diesen Anspruch einfach haben." Damit es nicht schief geht, sind alle Spieler, die zum erweiterten Kreis der Mannschaft gehören, mit einem Arbeitsbuch ausgerüstet worden. Es enthält einen Ratgeber und eine DVD, auf denen ihnen empfohlen wird, wie sie ihre Schwächen bis zum Turnierbeginn in Österreich und der Schweiz abstellen können.

Und Schwächen gibt es in der Tat. Zwar ist das Team von Bundestrainer Joachim Löw das erste, das sich für die Europameisterschaft qualifiziert hat, aber man hatte wie immer Dusel bei der Auslosung der Gruppen. Der einzig ernst zu nehmende Konkurrent ist Tschechien, die anderen Gruppengegner gehören eher in die dritte und vierte Reihe der europäischen Fußballnationen. Und die letzten beiden Auswärtsspiele haben gezeigt, dass Deutschland allzu viele Verletzte nicht so leicht verkraften kann. Gegen die biederen Waliser gab es zwar einen Pflichtsieg, doch am Samstag stand man gegen die fleißigen, aber spielerisch minderbemittelten Iren am Rand einer Niederlage.

Die Süddeutsche Zeitung, die in Ermangelung geografischer Grundkenntnisse das Spiel gegen Irland ins walisische Cardiff verlegte, stellte denn auch fest, dass es für Jubelstürme keinen Anlass gebe: "Die Partie in Cardiff wird im Dezember wohl nicht den Sprung in die Jahresrückblicke der TV-Sender schaffen", hieß es gestern auf der Website.

Löw war dennoch zufrieden, und das darf er auch sein, nachdem das Qualifikationsziel bereits drei Runden vor Schluss erreicht ist. Die Iren seien "ziemlich aufsässig" gewesen, meinte er, aber nun habe man Planungssicherheit: "Es ist gut, nicht wieder dem Nervenkitzel ausgesetzt zu sein, das letzte Spiel unbedingt gewinnen zu müssen." Jetzt könne man ein paar Freundschaftsspiele zur Vorbereitung organisieren und das Quartier für die EM festmachen, das, wie gemunkelt wird, in Ascona im Tessin liegen wird.

"Keiner darf nachlassen", meinte Löw am Samstag. Nach der Weltmeisterschaft im vorigen Jahr seien viele Spieler verletzt gewesen, sodass junge Leute nachrückten und ihre Chance nutzten. Dadurch sei der Konkurrenzkampf größer geworden. "Auf allen Positionen herrscht ein Wettbewerb, wenn die angeschlagenen Spieler wieder gesund sind", freute sich Löw. Diesen Wettbewerb will er verstärken, indem er in den restlichen Qualifikationsspielen weiteren neuen Spielern eine Chance gibt.

In Irland gilt das deutsche Team als Favorit für die Europameisterschaft. Auch ohne die verletzten Spieler treten die Deutschen wie ein "bewegliches Puzzlespiel" auf, schrieb der Sportjournalist Paul Kelly. Sein Kollege Kevin Palmer fügte hinzu, Löw habe "jeden Zweifel an seinen Fähigkeiten zerstreut, diese stolze Fußballnation zu führen". Lediglich der Journalist Billy George ist ein wenig skeptisch. "Irland muss die Beständigkeit der Deutschen bewundern und sicher auch beneiden", schrieb er. "Ja, man muss einräumen, das die Deutschen gut sind. Sehr gut sogar. Aber nicht unbesiegbar."

RALF SOTSCHECK

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.