Kolumne Wutbürger: Navy Sweats, übernehmen sie!
Ein neues Deo verspricht Hilfe beim Stressschweiß. Aber was ist mit dem Hitzeschweiß, dem Pfefferschweiß und anderen Unterarten?
S eit einigen Tagen herrscht unter meinen Achseln ein heilloses Durcheinander. Um das zu erklären, muss ich etwas ausholen.
Ich war vorbeigefahren an einem Plakat, das für ein neues Deo warb: „Stress Protect“ von Nivea. Das Ding muss ein Wunder sein, denn es ist in der Lage, zwischen Stressschweiß und normalem Schweiß zu unterscheiden. Vor meinem geistigen Auge erschien sofort eine Eliteeinheit, die sich im Schatten der Dunkelheit an kaum sichtbaren Stahlschnüren von meinen Achselhaaren abseilt mit dem Auftrag, Stressschweiß-Sekret bis zum letzten Tropfen auszuschalten. Sir! Die Navy Sweats sind bereit zum Einsatz, Sir!
Ich bin ab Werk mit einer sehr empfindlichen Nase ausgestattet. Entgegen ihrem Versprechen bekämpfen Deodorants in der Regel nicht die Ursachen schlechten Körpergeruchs, sie ersetzen nur natürlichen Gestank gegen synthetischen. Aber eines, das in der Lage ist, verschiedene Geruchsgattungen zu identifizieren? Das machte mich neugierig.
Der Weg führte ins Internet. Auf der Nivea-Seite gibt es einen Stresstest. Eine attraktive Dame namens Lina, weißer Kittel, blaues Hemd, schwarze Professorinnenbrille, führt einen dreistufigen Test durch. Überprüft werden Reaktions-, Koordinations- und Konzentrationsfähigkeit. Am Ende verkündet sie den Stressresistenz-Faktor. Ich kam auf 36 Prozent. Anders formuliert: Bei mir ist die Eliteeinheit richtig aufgehoben – unter den Achseln des Bösen.
Mit der TV-Debatte am Sonntag beginnt die heiße Phase des Wahlkampfs zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück. Ulrich Schulte und Anja Maier stellen ein Paar vor, das ungleicher nicht sein könnte. Den Kandidaten-Check lesen Sie in der taz.am wochenende vom 31. August/1. September 2013. Darin außerdem: Was ist konservativ? Auf der Suche nach einer politischen Strömung, die zum Rinnsal geworden ist. Und: Soll man anonyme Kommentare im Netz verbieten? Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.
Ich ließ das Apothekendeo, das ich normalerweise verwende, links liegen und marschierte in den nächsten Drogeriemarkt. Seitdem stinke ich wie ein zwei Jahre alter Laufschuh. Der Stressschweiß wird jetzt zwar erfolgreich bekämpft. Nicht aber der Hitzeschweiß, der Cayennepfeffer-Schweiß und der Schweiß, der aus dem Ärger resultiert, dass ich allein der bezaubernden Lina wegen ein Deo gekauft habe, das auch nicht mehr kann als die anderen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Scholz fordert mehr Kompetenzen für Behörden