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Kolumne Wir retten die WeltEine unglaubliche Erfolgsbilanz

Bernhard Pötter
Kolumne
von Bernhard Pötter

Atomausstieg, Energiewende, happy Biohühner: Ohne uns gäbe es das alles nicht. Eine größenwahnsinnige Bilanz von 25 Jahren ÖWi-Redaktion.

Das hat schon mal geklappt: Atomkraft? Nein Danke! Foto: reuters

L etzte Woche schrieb ich diese Kolumne mit dem Tenor: Wer die Welt retten will, muss Grün wählen. Die Ökopartei wackelte da in den Umfragen bei 6 Prozent herum. Am Wahlabend bekam sie knapp 9 Prozent der WählerInnenstimmen.

So einfach geht das bei uns mit der Weltrettung. Seit 25 Jahren.

So lange gibt es jetzt das taz-Ressort Wirtschaft und Umwelt. Wir „Öwis“ arbeiten daran, den Weltuntergang immer noch ein bisschen hinauszuschieben. Im konkreten Fall sah das so aus: Die 300.000 LeserInnen, die die taz täglich hat, waren alle von meinem Artikel spontan überzeugt. Jeder überzeugte fünf weitere Wahlberechtigte und – zack – am Sonntag wählten 1,4 Millionen Menschen mehr die Partei für Kohleausstieg, Ökolandbau und Elektromobil. Wieder einen kleinen Schritt weg vom Abgrund.

Der Titel dieser Kolumne ist kein Zufall. „Wir retten die Welt“ steht mit veganer Farbe auf der handgeschnitzten Eingangstür aus fair zertifiziertem Bioholz zu unseren Redaktionsräumen. Jeden Morgen versammelt sich hier die Öwi-Redaktion to make the planet great again.

Und das sehr erfolgreich. Kollege Malte Kreutzfeldt schreibt seit Jahren gegen den nuklearen Irrsinn. Jetzt wird ein AKW nach dem anderen ausgeknipst. Beate Willms berichtet über Wildnis und Natur, und schon kommt der Wolf zurück. Richard Rother kämpft schon immer für eine bessere Verkehrspolitik. Endlich rauscht der ICE von Berlin nach München in vier Stunden.

Gerade erst vor vier Wochen ist der jüngste Nachwuchs-Öwi geboren worden, der in 20 Jahren die Weltformel finden wird

Damit nicht genug. Kai Schöneberg schreibt gegen das Freihandelsabkommen TTIP. Jetzt ist die Bestie klinisch tot. Eva Oer recherchiert zur Entwicklungspolitik. Im vergangenen Jahr gab Deutschland endlich die versprochenen 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung für Hilfe an arme Staaten aus. Svenja Bergt schreibt über Digitalisierung und Datenschutz. Und siehe: Die EU-Kommission legt sich inzwischen schwer mit der Datenkrake Google an. Und: Seit 2008, als Jost Maurin unser Redakteur für Landwirtschaft wurde, haben sich die Bioäcker in Deutschland um sagenhafte 38 Prozent vergrößert.

Die Öwi-Erfolgsbilanz ist noch viel länger. Ulrike Herrmann seziert hier seit Jahren den Kapitalismus, das System ist mittlerweile praktisch erledigt. Ingo Arzt geißelt die Finanzpolitik und Lehman Bro­thers rauschte in die Pleite. Heike Holdinghausen ist unsere Expertin für Umweltgifte, und die EU ist prompt eingeknickt und hat die Chemikalienrichtlinie REACH erlassen. Und dann sind da noch die Tausenden von freien Mitarbeitern, PraktikantInnen, freien AutorInnen und Leserbriefschreibenden, ohne die es weder Energiewende, Tierbefreiung, Fahrradboom, grünes Wachstum noch den Triumph der Nachhaltigkeit gäbe.

Unbeirrt arbeiten wir immer weiter an einer besseren Zukunft. Auch deshalb sind wir eines der reproduktivsten Ressorts der tageszeitung. Gerade erst vor vier Wochen ist der jüngste Nachwuchs-Öwi geboren worden, der in 20 Jahren die Weltformel finden wird, um das Klimagas CO2 aus der Luft zu filtern und unschädlich zu machen.

Erfolg auf ganzer Linie also. Nur meine persönliche Bilanz ist düster. Zwar berichte ich über den Klimawandel, bin 2015 zur UN-Konferenz COP21 gefahren und mit dem Pariser Abkommen zum Klimaschutz nach Hause gekommen. Aber zweimal habe ich jeweils für ein halbes Jahr unser Superressort als kommissarischer Leiter geführt. Beim ersten Mal brach die Rinderseuche BSE über Europa hinein. Beim zweiten Mal flogen in Fukushima die Atomkraftwerke in die Luft. Für die Rettung der Welt ist es eindeutig besser, wenn ich mich zurückhalte.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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6 Kommentare

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  • Tja, fehlt noch u.a. die Einsicht, dass auch "Bio-Hühner" nicht happy über ihren eigenen Tod sind ... und Menschen aus ethischen Gründen darüber auch nicht sein sollten...

    Naja, und Elektromobile? Es gibt über 44 Millionen Autos in Deutschland. Die sollen nun alle durch neue Elektroautos ersetzt werden? Einfluss auf den Klimawandel und Ressourcenendlichkeit werden nicht mitgedacht. Das nenne ich grünen Wahnsinn...

  • 2G
    21272 (Profil gelöscht)

    Der letzte Satz im Artikel ist der beste. Ohne Energiewende und Atomausstieg waere unser Lebensstandard hoeher. Von "Erfolg" weit und breit nichts zu sehen.

  • Da wird aber selbst beweiräuchert, sagen wir es mal so. Der Atomausstieg fördert die globale Erwärmung. Der Kohleausstieg verhindert das E-M9obil und der Öko-Landbau verschlimmert das Hunger Problem. Aber wenn man die Realität nicht gelten lässt, könnte die Welt viel schöner sein

    • @Bernhard Hellweg:

      Die Realität ist ja nicht etwas, das man alternativlos hinnehmen muss, man könnte sie durchaus auch sinnvoll verändern... dazu müsste man dann allerdings die Handbremse bei der Energiewende lösen, die industrielle Massentierhaltung abschaffen usw.

      • @Grisch:

        Mit Realität meine ich physische Gesetze, Strom ist nun mal schwer und auch nur begrenzt speicherbar. Auch das Verbraucher Verhalten ist Realität, wir essen in Deutschland rund 45 Millionen Schweine auf, wie will man die haben, wenn nicht in Massen? OK wir könnten das Fleisch importieren. .Das mal so als Beispiele

  • 9G
    970 (Profil gelöscht)

    Kohleausstieg und Elektromobil = Widerspruch.